In der nordeuropäischen Geschichtsforschung spielen digitale Ressourcen und Arbeitsmethoden eine zentrale Rolle. Die Region umfasst die Länder Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Island, Färöer und Grönland. Alle Länder zeichnen sich durch eine große Offenheit gegenüber der digitalen Welt aus, so dass für die Forschung umfangreiche Materialien digital erreichbar sind und einsetzbar gemacht werden. Digitale Arbeitsmethoden gehören in diesen Ländern meist zum Standardwerkzeug auch in der Geschichtswissenschaft. Insbesondere bei den wichtigen nationalen Informationsanbietern wie den Nationalbibliotheken, Nationalarchiven und im Bereich der Museen hat sich die Digitalisierung eigener Bestände, die Veröffentlichung von Forschungsliteratur in frei zugänglichen Onlinemedien (Open Access) und der Umgang mit Forschungsdaten als wichtiges Arbeitsfeld etabliert.
Der Beginn des umfassenden digitalen Wandels reicht bis in die frühen 1970er-Jahre zurück. Interdisziplinär interessante, zunächst sprach- oder sozialwissenschaftlich ausgerichtete Projekte bildeten die Grundlage für die bis heute rasant fortschreitende Entwicklung.
Exemplarisch für diese Entwicklung in den nordischen Ländern ist das Beispiel des schwedischen Portals Språkbanken. Dieses wurde 1975 als eigene Abteilung der Universität Göteborg eingerichtet und konnte bereits zu dieser Zeit auf erste Digitalisate langer Texte aus den 1960er-Jahren aufbauen. Der Auftrag ging von Anfang an über die reine Digitalisierung hinaus und beinhaltete auch die Entwicklung von digitalem Werkzeug, um die Ressourcen sinnvoll auswerten zu können. Mittlerweile handelt es sich bei Språkbanken um eine im In- und Ausland anerkannte Einrichtung, die im Rahmen des internationalen CLARIN-Netzwerks die nationale Federführung für Schweden übernommen hat.
Für die historische Forschung zur nordeuropäischen Geschichte standen zunächst umfassende Digitalisierungsprojekte der großen Informationsanbieter im Zentrum – allen voran das der norwegischen Nationalbibliothek mit ihrem umfassenden Digitalisierungsprogramm für ihren gesamten Printbestand. In den vergangenen Jahren manifestierte sich in allen Ländern das Bedürfnis, das gesamte kulturelle Erbe in digitaler Form national und international zugänglich zu machen. Neben umfänglichen Digitalisierungsmaßnahmen haben sich viele Projekte das Ziel gesetzt, möglichst viele Quellen aus der Zivilgesellschaft einzusammeln und auch bewerten zu lassen.
Die Ergebnisse der umfänglichen Digitalisierungsmaßnahmen werden insbesondere in den Portalen der unterschiedlichen Institutionen zugänglich gemacht. Die rege Beteiligung nordeuropäischer Institutionen in verschiedenen Bereichen der Europeana zeigt das große Interesse, international wahrgenommen zu werden.
Um die Digitalisierung des gesamten kulturellen Erbes zentral voranzutreiben sind zahlreiche Kooperationen zwischen Bibliotheken, Archiven, Museen und Denkmalschutzbehörden entstanden, deren Ergebnisse in umfassenden Portalen sichtbar werden. Ein wichtiges Beispiel war lange Zeit das dänische Portal KulturPerler, das digitale Daten aller dänischen Kultur-Institutionen gebündelt hat. Dieses institutionenübergreifende Portal ist mittlerweile vom Netz genommen worden, die meisten der dort früher nachgewiesenen Quellen werden aber über die Seiten der dänischen Nationalbibliothek unter E-ressourcer weiterhin angeboten.
Nichtsdestotrotz gibt es bislang in keinem der Länder eine einheitliche Informationsstruktur, was aufgrund der Vielzahl von Institutionen, die für das kulturelle Erbe verantwortlich zeichnen, nicht verwundert.
Bei der umfassenden Digitalisierung setzt jedes Land seine eigenen Schwerpunkte. Die norwegische Nationalbibliothek hat in ihrer Netbibliotek einem Portal hohe Priorität eingeräumt, dass in Teilen nur norwegischen Staatsbürgern und ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit Sondergenehmigung zugänglich ist und unter anderem die gesamte Romanliteratur bis in die Gegenwart umfasst.[7] Daneben wird der Ansatz, den gesamten Bestand zu digitalisieren mit großem Mitteleinsatz und unter Einbeziehung der Verlage zur Klärung der urheberrechtlichen Situation umgesetzt. In der schwedischen Nationalbibliothek wurde der Fokus stark auf Tageszeitungen und Amtsmitteilungen gelegt. Für isländische Bibliotheken stand die Digitalisierung mittelalterlicher Quellen wie der Sagaliteratur im Mittelpunkt, aber es gibt auch zahlreiche kleinere Digitalisierungsprojekte unter dem Dach der Nationalbibliothek. In Dänemark wurde neben demographischen Datenbanken und Zeitungen auch auf andere Medien wie Radiosendungen oder Bildmaterial fokussiert.
In allen nordeuropäischen Ländern ist dieser Prozess noch nicht abgeschlossen, trotzdem können Historikerinnen und Historiker, deren Fragestellungen Nordeuropa berühren, auf umfassende digitale Ressourcen zurückgreifen und in einigen Teilbereichen auch von umfänglichen Recherchetools profitieren. Hinzu kommt, dass in fast allen Ländern zumindest die Nationalbibliotheken, oft aber auch Universitätsbibliotheken ein umfassendes Digitisation on demand-Angebot in ihren Service integriert haben, so dass zumindest urheberrechtsfreie Druckwerke in großem Umfang auf Wunsch der Nutzer digitalisiert wurden und werden.
Die wichtigsten Informationsdienstleister in den Ländern sind die Nationalbibliotheken, die nationalen Archive und die großen Museen in Kopenhagen, Stockholm, Helsinki, Oslo, Reykjavík, Tórshavn und Nuuk. Daneben kommt in Dänemark der Staatsbibliothek in Aarhus mit ihrem Portal Mediestream, dessen Inhalte allerdings nicht alle frei zugänglich sind, große Bedeutung zu. In Norwegen und Schweden sind zusätzlich die Universitätsbibliotheken und größeren Regionalbibliotheken (Fylkesbiblioteker) mit ihren jeweiligen Regionalsammlungen im Bereich der digitalen Bibliothek zu nennen. Neben ihren Katalogen, die in vielen Fällen mit Hilfe eines Discoverysystems direkten Zugriff auf zahlreiche online vorgehaltene Volltexte anbieten, zeichnen sich alle Institutionen durch eine hohe Affinität zu sozialen Medien aus. Sie verbreiten ihre Informationsdienstleistungen über Blogs, Facebook, besondere Abschnitte von Wikipedia, Twitter und bedienen Bildkanäle wie das schwedische Flickr umfassend mit ihrem digitalen Angebot. Zusätzlich nutzen viele der genannten Institutionen Crowdsourcing-Methoden, um interessantes Quellenmaterial auch aus privaten Beständen zu archivieren und für die Forschung zugänglich zu machen. Besondere Ereignisse wie nationale Jubiläen – beispielsweise der „Kieler Friede“ von 1814 für Norwegen (1814 Bibliography) und das Jahr 1864 für Dänemark (1864) – bilden oft den Ausgangspunkt für umfangreiche thematische Materialsammlungen, die dann über die eigenen Portale erschlossen und angeboten werden.
Diese Art, Quellen zu sammeln und zugänglich zu machen, ist die Folge einer für die nordeuropäischen Länder typischen engen Verzahnung von wissenschaftlicher Forschung und der Geschichtsforschung ohne fachwissenschaftlichen Hintergrund. Das so orientierte Crowdsourcing setzt die traditionell enge Zusammenarbeit fort, die sich früher in der Ausrichtung zahlreicher lokaler Jahrbücher manifestierte, deren Aufsätze sowohl von nicht-akademischen als auch akademisch ausgebildeten Historikerinnen und Historiker verfasst werden.
Digitale Geisteswissenschaften und der Umgang mit Forschungsdaten haben in allen nordeuropäischen Ländern eine rasante Entwicklung genommen. Diese Entwicklung wurde in den meisten Ländern zunächst durch universitäre Projekte angestoßen und durch den Aufbau institutioneller Repositorien begleitet. Mittlerweile wird und wurde in allen Ländern eine nationale Strategie insbesondere im Umgang mit Forschungsdaten entwickelt. Gleichzeitig wurde und wird in großem Umfang die Anbindung an internationale Arbeitsmethoden („FAIR-Prinzipien“) sowie Repositorien gesucht.
In Norwegen reichen die Wurzeln des zentralisierten Umgangs mit digitalen Daten aus der Forschung ähnlich wie in Schweden weit zurück und manifestierten sich bereits 1972 in der Gründung des Norsk Samfunnsvitenskapelig Datatjenst (NSD), dem Norwegischen Datenservice der Gesellschaftswissenschaften. Die wachsende Bedeutung wissenschaftlicher Projekte aus den digitalen Geisteswissenschaften führte im Laufe der letzten Jahre zum Aufbau unterschiedlicher Strukturen an den Universitäten. Mit der Gründung der Behörde SIKT, die dem Bildungsministerium unterstellt ist, wurde 2022 ein übergeordneter Dienstleister geschaffen, der unter anderem im Bereich des Forschungsdatenmanagements Unterstützung beim Aufbau einheitlicher Strukturen anbieten soll. Diese Entwicklung steht derzeit noch am Anfang, so dass die meisten Quellen, die bisher auf der entsprechenden Plattform genutzt werden können, vorwiegend staatlichen Verwaltungsdatenbanken entstammen.
In Schweden wird die Entwicklung einer einheitlichen Struktur zum Umgang mit Forschungsergebnissen, aber auch für die Umsetzung von Projekten in den digitalen Geisteswissenschaften, durch einen Zusammenschluss der Universitäten getragen. Im dazugehörigen Katalog sind Metadaten aus den einzelnen Projekten abrufbar.
Auch in Dänemark basiert die nationale Zusammenarbeit im Bereich der digitalen Geisteswissenschaften auf einem Zusammenschluss der dänischen Universitäten. Eng verknüpft mit dem Netzwerk der „Research software engineers“ Danish RSE gibt es mit dem DIGHUMLAB eine übergeordnete Struktur, welche die Aktivitäten im Bereich der digitalen Geisteswissenschaften bündelt. Die Forschungsdaten selbst müssen allerdings derzeit noch bei den jeweils fachspezifischen Repositorien einzeln abgerufen werden.
In Finnland wird mit Linked Open Data Infrastructure for Digital Humanities in Finland (LODI4DH) eine nationale Infrastruktur zum Umgang mit geisteswissenschaftlichen Forschungsdaten aufgebaut, die stark durch zumeist auch international vernetzte Projekte und ihre Bedarfe vorangetrieben wird. Federführend sind in diesen Projekten neben den Universitäten auch Bibliotheken, Museen und Archive.
Die isländische Regierung hat dem Land mit einer „Roadmap to Icelandic infrastructure“ im August 2021 einen klaren Fahrplan zu einer einheitlichen nationalen Infrastruktur gegeben. Mit dem Centre for Digital Humanities and Arts (CDHA, MSHL), das an der Universität von Reykjavík angesiedelt ist, gibt es eine zentrale Anlaufstelle für die digitalen Geisteswissenschaften, die sich neben der universitären Forschung auch an Museen, Bibliotheken und andere öffentliche Institute richtet.
Für die digitalen Geisteswissenschaften ist neben der generellen Anbindung an internationale Entwicklungen bereits 2015 eine dezidiert nordeuropäische Kooperation zu den Themen Forschung, Ausbildung und Kommunikation zu Digital Humanities entstanden. Die Kooperation wurde 2022 zur nordeuropäisch-baltischen Zusammenarbeit „Digital Humanities in the Nordic Baltic Countries“ (DHNB) ausgebaut. Auf der Projektseite der DHNB findet sich eine Zusammenstellung bisheriger DH-Projekte aus den Teilnehmerländern, die teilweise auch die in den nächsten Abschnitten dieses Guides zusammengestellten Ressourcen zur digitalen Geschichtswissenschaft umfasst. Ein Fenster auf die Twitter-Präsenz der Vereinigung, indem insbesondere aktuelle Workshops und Konferenzen nachgewiesen sind, bietet einen guten Überblick über die Aktivitäten in den einzelnen Ländern.
Für die deutsche Nordeuropaforschung bietet der Fachinformationsdienst Nordeuropa (FID Nordeuropa) an der Universitätsbibliothek Kiel Beratung und Unterstützung für digitalen Forschungsprojekte mit Bezug zu Nordeuropa und im Umgang mit entsprechenden Forschungsdaten an. Im Nordeuropablog wurde durch das „Nordeuropaforum“ zusätzlich eine Artikelserie zu den digitalen Geisteswissenschaften in der Nordeuropaforschung in Deutschland veröffentlicht. Der FID Nordeuropa ist außerdem Participant im Konsortium zum Aufbau nationaler Forschungsdateninfrastrukturen für die Geschichtswissenschaften NFDI4Memory.
In Deutschland ist die Nordeuropaforschung im Bereich der Geschichte mit einem jeweils eigenen Lehrstuhl an der Universität Universität Greifswald und der Universität Kiel vertreten. Beide Lehrstühle arbeiten epochenübergreifend und sind in zahlreiche Forschungsprojekte eingebunden. Während in Kiel etwas stärker die skandinavischen Länder im Mittelpunkt stehen, fokussiert die Forschung in Greifswald mehr den Ostseeraum.
Daneben gibt es zahlreiche Lehrstühle für Skandinavistik, von denen insbesondere das Nordeuropainstitut an der Humboldt-Universität Berlin, das Institut für Skandinavistik und Fennnistik in Köln und das Skandinavische Seminar in Göttingen einen starken kulturwissenschaftlichen Schwerpunkt haben.
In der deutschen Informationslandschaft sind für Nordeuropa zwei Bibliotheken besonders hervorzuheben: Zum einen wurden an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, die auf eine Sammeltradition finno-ugrischer wissenschaftlicher Literatur seit dem 18. Jahrhundert zurückblicken kann, von 1951 bis 2015 die Sondersammelgebiete (SSGs) Finnland und Finno-Ugristik betreut, die seit 2017 als FID Finnisch-ugrische/uralische Sprachen, Literaturen und Kulturen weitergeführt werden. Für Skandinavien hat die Universitätsbibliothek Kiel basierend auf ihrem traditionellen Sammelschwerpunkt wissenschaftlicher Literatur aus und über Skandinavien ein umfassendes Angebot für die geisteswissenschaftliche Forschung aufgebaut. Auch hier reicht die Sammeltradition bis ins 18. Jahrhundert zurück. Die Bibliothek ist seit 1920 durchgängig mit einem nationalen Sammelauftrag zunächst für den Kulturkreis Skandinavien und von 1949 bis 2015 mit dem Sondersammelgebiet Skandinavien betraut. Seit 2016 ist hier der oben bereits erwähnte FID Nordeuropa angesiedelt.
Beide Bibliotheken pflegen neben ihren umfangreichen Printbeständen seit 2008 die Virtuelle Fachbibliothek Nordeuropa, die umfassende Recherchemöglichkeiten zum gesamten nordeuropäischen Raum und umfängliche Fachinformationen bietet. In dem Portal ist seit dem Relaunch im Mai 2020 eine indexbasierte Suche über geisteswissenschaftliche Bestände aller nordeuropäischen Nationalbibliotheken sowie deutscher Nordeuropabibliotheken integriert. Daneben umfasst die vifanord seit diesem Zeitpunkt einen eigenen Servicebereich für die Nordeuropaforschung und entwickelt sich zusätzlich zu einem umfassenden Kommunikationsportal für die Wissenschaft.
Im Servicebereich wird neben dem Kongresskalender das Serviceportfolio des FID Nordeuropa, das von der Lizenzierung forschungsrelevanter Literatur über passgenaue Services für wissenschaftliche Forschungsprojekte („Digital Humanities“ und „Forschungsdatenmanagement“) bis zu Digitalisierungsangeboten auch für Literatur aus den nordeuropäischen Ländern reicht, übersichtlich abgebildet. Im Open-Access-Repositorium NordDok können Nordeuropawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler seit kurzem ihre Texte elektronisch publizieren.
Die Kommunikationsfunktion des Portals manifestiert sich bisher vor allem im Blogbereich. Beteiligte sich der Fachinformationsdienst Nordeuropa bis 2018 am Nordic History Blog des Nordeuropainstituts an der Humboldt Universität zu Berlin, bietet er mittlerweile mit der vifanord die Infrastruktur für verschiedene wissenschaftliche Blogs und eine Podcast-Serie. Im Podcast werden wissenschaftliche Diskurse geführt und Diskussionen aus Nordeuropa vorgestellt. In den durch den FID Nordeuropa gepflegten „Fundstücken“ werden in der Rubrik „Webressourcen aus Nordeuropa – Geschichte, Politik“ regelmäßig Neuigkeiten aus der nordeuropäischen Informationswelt berichtet.
Sowohl der FID Nordeuropa als auch der FID Finnisch-ugrische/uralische Sprachen, Literaturen und Kulturen fungieren als zentrale Ansprechpartner für Recherchefragen, Anschaffungs- oder Digitalisierungsvorschläge und stehen als Kooperationspartner für wissenschaftliche Projekte zur Verfügung.
Ein wichtiger Akteur im Bereich der Nordeuropaforschung ist der Fachverband Skandinavistik. Zwar sind in diesem Fachverband vorwiegend Philologinnen und Philologen organisiert, viele von ihnen fühlen sich jedoch ausdrücklich der Kulturwissenschaft verpflichtet. Vor diesem Hintergrund hat der Fachverband einen dezidiert interdisziplinären Ansatz, der sich auch bei der Themenauswahl der alle zwei Jahre stattfindenden Tagung der deutschsprachigen Skandinavistik widerspiegelt. Die Fachverbandsseite gibt einen Überblick über philologische, kulturwissenschaftliche und historische Forschungsprojekte und Veröffentlichungen und bietet zusätzlich einen Überblick über alle Lehrstühle für Nordistik/Skandinavistik im Bereich der deutschsprachigen Länder.
In Nordeuropa ist die Geschichtswissenschaft der einzelnen Länder jeweils an den dort beheimateten Universitäten mit eigenen Institutionen vertreten. Diese Institutionen arbeiten zu überregionalen nordeuropäischen Themen teilweise eng zusammen. Eine den ganzen Norden umfassende Zusammenarbeit manifestiert sich jedoch in keinem der permanent gepflegten Portale. Dennoch treffen sich Nordeuropahistorikerinnen und -historiker aus den nordeuropäischen Ländern alle vier Jahre zum „Nordisk Historikermöte“, das abwechselnd durch die nationalen Historikerverbände ausgerichtet wird. Das letzte – 30. Historikermöte – fand 2022 in Göteborg statt. Ein Blick in das Programm gibt in der Regel einen guten Überblick über die aktuelle Forschung in den nordeuropäischen Ländern.
Analog zu diesem Treffen führen auch die Fachverbände in den einzelnen Ländern in regelmäßigen Abständen nationale Historikertage durch, die sich neben der Wissenschaft auch an Geschichtslehrerinnen und -lehrer sowie Lokalhistorikerinnen und -historiker wenden. Die Fachverbände pflegen in den meisten Ländern umfangreiche Fachportale, auf denen sich weitergehende Informationen und häufig umfangreiche Rezensionen neu erschienener historischer Werke finden:
Fachliche Informationen des dänischen Historikerverbandes, die neben Forschungsberichten und Rezensionen auch einige kleinere Themenportale umfassen, werden seit einigen Jahren im Portal Historie Online veröffentlicht.
Der norwegische Fachverband Geschichte Den norske historiske forening veröffentlicht in seinem Portal weniger Inhalte, bietet aber mit zahlreichen Verweisen auf andere wichtige Historikervereinigungen in Norwegen einen guten Ausgangspunkt, um einen Überblick über die norwegische Geschichtsforschung zu bekommen.
Ähnlich wie in Dänemark präsentiert auch der schwedische Historikerverband Svenska Historiska foreningen seine Informationen auf der Website der bedeutendsten schwedischen historischen Zeitschrift, der Svenska Historisk Tidsskrift.
Der isländische Historikerverband Sagnfræðingafélag Ìslands präsentiert auf seinen Seiten in erster Linie Informationen zur Vereinstätigkeit des Verbandes. Integriert in die Seite ist zudem eine fachwissenschaftliche Mailingliste, über die Terminankündigungen und Ausschreibungen angekündigt und wissenschaftliche Diskussionen geführt werden.
Die Seiten des finnischen Historikerverbandes Suomen Historiallinnen Seura bilden in erster Linie die Verbandsarbeit und -zuständigkeit ab. Unter der Rubrik „Linkit“ finden sich zusätzlich zahlreiche interessante Hinweise auf Fachliteratur, relevante Blogs und fachlich interessante Verbände und Vereinigungen.
Da in allen nordeuropäischen Ländern umfangreiche digitale Ressourcen zur Verfügung stehen, aber nur sehr wenige die gesamte Region umfassende Angebote für Historikerinnen und Historiker vorhanden sind, werden im folgenden Abschnitt exemplarisch die wichtigsten Ressourcen aus einzelnen Ländern aufgeführt. Je nach aktueller Situation sind nicht in jedem Abschnitt Angebote aus allen betroffenen Ländern nachgewiesen.
Für umfassende Recherchen zum gesamten nordeuropäischen Raum ist die bereits vorgestellte vifanord das einzige übergreifende Angebot. Daneben gibt es keine weiteren Portale, die einen Einstieg in die Informationslandschaft aller nordeuropäischen Länder gemeinsam bieten.
Allein die offizielle Zusammenarbeit der Parlamente der nordischen Länder Forening Norden bietet in ihrem Portal einen tieferen Einblick in die politische Zusammenarbeit im Norden, aber auch die politischen Verhältnisse in den einzelnen Ländern. Für die wissenschaftliche Zusammenarbeit wurde hier mit NordForsk ein Portal eingerichtet, in dem vor allem Finanzierungsmöglichkeiten für internationale Forschungsprojekte veröffentlicht werden.
Auf nationaler Ebene hingegen gibt es mehrere übergreifende Portale, die den Anspruch haben, das kulturelle Erbe der Länder zu bündeln, die gleichzeitig zusätzliche Funktionen wie die Einbindung sozialer Medien anbieten.
Einen Einstieg in die digitalen Zeugnisse des kulturellen Erbes Dänemarks bietet das übergreifende Portal Danskkulturarv. Dieses Portal wird unter Federführung der wichtigsten Museen, Archive und Bibliotheken aufgebaut und bietet neben digitalisierten Büchern auch Zugriff auf Bilder, Videos und Audiodateien. Auch hier sind zahlreiche soziale Medien in das Portal integriert.
In Schweden bietet das vom Nationalarchiv in Stockholm betriebene Kulturerbe-Portal Kulturarvet einen guten Überblick über die entsprechenden digitalisierten Quellen. Zusätzlich ist dieses Portal ein guter Ausgangspunkt, um weitere Suchportale zu finden.
In Norwegen kann man zahlreiche zentralisierte Angebote nutzen, die durch lokale Portale in breitem Umfang ergänzt werden. Stellvertretend sei hier das Portal des norwegischen Kulturrats Norges Dokumentarv erwähnt, das für sich den Anspruch erhebt, die wichtigsten Dokumente zur Geschichte Norwegens gesammelt zugänglich zu machen. Dort werden umfassende thematische Einstiege, zu wichtigen historische Ereignissen bereitgestellt, aber auch Termine für kulturelle Veranstaltungen veröffentlicht.
Aus dem Bereich der deutschsprachigen Skandinavistik gibt es zwei übergeordnete Bibliographien, die sich vorrangig an Studierende in den ersten Semestern richten. Beide Studienbibliographien kommen vom nordischen Institut der Universität Köln und sind trotz der philologischen Grundausrichtung interdisziplinär angelegt.
Zunächst ist die Studienbibliographie zur neueren skandinavistischen und fennistischen Literaturwissenschaft zu nennen, die als Onlineversion oder als Download zur Verfügung steht. Neben generell einführenden Werken in die Literaturwissenschaft enthält auch diese Bibliographie, nach Ländern und Gattungen untergliedert, umfassende Hinweise auf kulturwissenschaftlich einschlägige Literatur.
Neben dieser auf die neuere Philologie zugeschnittenen Bibliographie wurde in den letzten Jahren eine ähnliche Bibliographie zur Altnordistik gedruckt und online veröffentlicht. Beide Bibliographien sind in Zusammenarbeit mit Skandinavistinnen und Skandinavisten aus ganz Deutschland entstanden.
Die nordeuropäischen Nationalbibliotheken haben lange Zeit traditionell die Pflege historischer Bibliographien ihrer Länder übernommen. Mittlerweile zeichnet sich die Tendenz ab, diese bibliographische Arbeit nicht mehr in eigenen Abteilungen fortzuführen, sondern bibliographische Inhalte und Elemente in Kataloge zu integrieren. In einigen der hier vorgestellten Fälle handelt es sich folglich um bereits abgeschlossene Online-Bibliographien, die aber dennoch für die Recherche substantielle Informationen enthalten. Historische Fachliteratur, die bisher gesammelt in einer Fachbibliographie erfasst war, muss in diesen Fällen nun mittels einer Katalogsuche recherchiert werden. Einige Nationalbibliotheken bieten dafür Teildatenbanken oder spezielle Sucheinstiege mit erweiterten Suchmöglichkeiten an.
Die norwegische historische Online-Bibliographie wird von der Nationalbibliothek herausgegeben und umfasst den Zeitraum von 1980–1997. Sie bildet die Fortsetzung der früheren Printausgabe. Sie fungiert als Teildatenbank der Nationalbibliothek, die nach Autorinnen und Autoren, systematisch oder thematisch durchsucht werden kann. Diese Bibliographie wurde 1998 abgeschlossen und muss seitdem durch eine gezielte Suche im norwegischen Verbundkatalog oria ersetzt werden.
Daneben ist die Nationalbibliothek, gemeinsam mit BIBSYS, verantwortlich für eine Bibliographie zur Geschichte der samischen Minderheit, der Samisk bibliografi, die Dokumente seit 1945 verzeichnet. In ähnlicher Weise bietet die Nationalbibliothek zu verschiedenen Themengebieten Spezialbibliographien an, so zum Beispiel zur Lokalgeschichte, die wiederum auf weiterführende thematische Bibliographien verweisen. In Norwegen sind bei den regionalen Bibliotheken wie beispielsweise bei der Finnmark Fylkesbibliotek viele lokale Angebote zu finden, die sich auf einzelne Landesteile beziehen und somit bibliographisch wertvolle Hinweise zur Regionalforschung geben.
Auch die schwedische historische Bibliographie wurde durch eine spezielle Suchanfrage im nationalen Katalog LIBRIS ersetzt und ist als Teildatenbank mit einem eigenen Sucheinstieg versehen. LIBRIS bietet für alle thematischen Teildatenbanken eine Überblicksseite, von der die Teildatenbanken nach einem Klick auf „til sökformular“ nach inhaltlichen und formalen Kriterien abgefragt werden können. Auf dieser Seite befinden sich neben der in mehreren zeitlichen Abschnitten unterteilten historischen Bibliographie auch regionale Bibliographien sowie eine Bibliographie zur Geschichte und Kultur der samischen Minderheit.
Vom Polarforschungssekretariat wird außerdem eine besondere Bibliographie zur Polarforschung herausgegeben. Die Svensk Polarbibliografi liegt ab 1997 als Datenbank vor und ist in Diva eingebunden.
Die historische Bibliographie für Dänemark wurde in der Dänischen Nationalbibliothek noch lange als klassische historische Bibliographie gepflegt, ist momentan aber oft nicht abrufbar. Aus einer entsprechenden Suche im Katalog der Nationalbibliothek kommt man sowohl auf den eingescannten Printteil der Bibliographie bis 1990 als auch auf den neueren Teil, der als eigenständige Datenbank fungiert.
In FENNICA, der finnischen Nationalbibliographie, werden Monographien, Serien, Karten und andere Medien aus dem In- und Ausland, die einen inhaltlichen Bezug zu Finnland haben, erfasst. Eine eigene historische Bibliographie wird nur als Liste auf den Seiten der Fachgesellschaft angeboten.
Relevante Literatur zur Geschichte und Kultur Grönlands findet man in der Datenbank Grönlandica.
In Deutschland bieten die Kataloge der beiden FID Nordeuropa in Kiel und Finnisch-ugrische/uralische Sprachen, Literaturen und Kulturen in Göttingen einen gut gegliederten systematischen Einstieg in die thematische Suche zur Geschichte Nordeuropas.
Beide Katalogausschnitte sind auch in die Metasuche des genannten Portals vifanord integriert, die zusätzlich für den gesamten Bereich umfassende Neuerwerbungslisten anbietet. Der FID Nordeuropa hat zusätzlich innerhalb vom Datenbank-Infosystem (DBIS) eine eigene Sammlung von Skandinavien betreffenden Datenbanken angelegt, die unter dem Kieler Einstieg FID Nordeuropa in DBIS abrufbar ist. Hier finden sich zahlreiche für die historische Forschung relevante Datenbanken, deren Inhalte
kurz zusammengefasst dargestellt wird.
In den einzelnen nordeuropäischen Ländern bieten die Kataloge der Nationalbibliotheken in allen Fällen einen guten Ausgangspunkt für tiefergehende Recherchen. Der Katalog der Königlich Dänischen Nationalbibliothek bietet zahlreiche thematische Sucheinstiege an, die auch Volltexte in das Angebot integrieren. Im Katalog der norwegischen Nationalbibliothek sind ebenso zahlreiche Volltexte verfügbar.
Die Königliche Bibliothek in Schweden hat ihre Sammlungen in unterschiedlicher Weise zugänglich gemacht. Den zentralen Sucheinstieg bietet der nationale Verbundkatalog LIBRIS.
Der Katalog der finnischen Nationalbibliothek war in mehrere Fachkataloge unterteilt, die inzwischen im Discoverysystem Finna.fi gesammelt zugänglich sind. Dieser Sucheinstieg ersetzt die bisherige Suche in Helka, dem gemeinsamen Katalog der Nationalbibliothek und der Universitätsbibliothek Helsinki und auch die Suche im Verbundkatalog aller finnischen Bibliotheken Melinda. Die auf Finnland bezogene Literatur wird seit neuerem in dem genannten Suchausschnitt „Fennica“ angeboten, der seinerseits auch im Suchindex der vifanord integriert ist.
Der Katalog der isländischen Nationalbibliothek ist zugleich der Katalog der Universitätsbibliothek von Reykjavík. Der isländische Verbundkatalog Gegnir umfasst die Kataloge der meisten isländischen Bibliotheken einschließlich der öffentlichen Bibliotheken sowie der Spezial- und Schulbibliotheken und kann nur noch über das Suchsystem Leitir genutzt werden.
Für die Färöerinseln bietet der Katalog der färöischen Nationalbibliothek den wichtigsten Sucheinstieg. Ähnlich ist die Situation in Grönland, wo die Suche für den Katalog auf der Hauptseite der Nationalbibliothek angesiedelt ist.
Neben den bereits vorgestellten Bibliothekskatalogen der nordeuropäischen Nationalbibliotheken gibt es in einigen Ländern Suchmaschinen, die sich dadurch auszeichnen, dass hier auf nationalem Niveau in einer Metasuche gleichzeitig in Bibliothekskatalogen, Archiven und Museen gesucht werden kann.
In Finnland gibt es mit dem Portal Finna ein übergreifendes Portal, in dem die Inhalte der finnischen Archive, Bibliotheken und Museen zentral nachgewiesen werden.
Island bietet mit Leitir ein übergreifendes Suchportal, dessen Kern eine Metasuche über die wichtigsten Bibliothekskataloge, Forschungsarchive und Museen beinhaltet.
Auch die Archive in den nordeuropäischen Ländern sind mit umfangreichen Findmitteln und Portalen im Internet präsent. In den meisten Ländern (Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland und Island) gliedern sich die Archive in nationale und staatliche Regionalarchive auf. Die Bestände sind überwiegend anhand eines gemeinsamen Sucheinstiegs durchsuchbar.
In Dänemark gibt es sechs staatliche Archive, zu denen neben dem Rigsarkiv das Landsarkivet for Fyn, Landsarkivet for Nørrejylland, das Landsarkivet for Sønderjylland, das Dansk Data Arkiv und das Erhvervsarkivet zählen. Diese sechs Archive stellen mit Arkivalieronline in einer eigenen Datenbank insbesondere digitalisierte Kirchenbücher und Volkszählungslisten zur Verfügung. Daneben pflegt das Rigsarkiv in der Datenbank aller staatlichen Archive Daisy, eine weitere Zugriffsmöglichkeit, die online wie ein Findbuch fungiert, Bestellungen von Archivalien in den Lesesaal ermöglicht und für den Fall, dass ein Digitalisat vorliegt, den Text direkt zur Verfügung stellt. Für die Suche in Regional- und Stadtarchiven steht mit Arkiv.dk ein Portal zur Verfügung, in dem mit gezielten Suchanfragen nach Orten und Personen oder auch thematisch nach Archivmaterial recherchiert werden kann. Soweit ein Digitalisat vorliegt, sind die Archivalien auch hier online verfügbar. Einen guten Überblick über alle Regionalarchive bietet der digitale Wegweiser Arkivvejviseren, der über eine Landkarte den direkten Link in die jeweiligen Regionalarchive bietet.
In ähnlicher Weise wird in Schweden der übergreifende Zugriff auf Archivmaterialien auf verschiedenen Wegen und federführend durch das Riksarkiv zur Verfügung gestellt. Im Digitala Forskarsalen wird eine kostenfreie Recherche in Registern, Beständen und Datenbanken des Reichsarchivs ermöglicht. Mit Hilfe der Nationell Arkivdatabas (NAD) werden Informationen über eine große Anzahl von Archiven in Schweden und deren Bestände bereitgestellt. Daneben haben einige schwedische Regionalarchive – oft zusammen mit den entsprechenden Bibliotheken – Portale aufgebaut, die häufig zusätzlich wissenschaftliche Blogs oder anderen soziale Medien integrieren. Ein gutes Beispiel auf nationaler Ebene ist das Portal des schwedischen Zentralamts für Denkmalpflege Riksantikvarieämbete. Unter einzelnen Rubriken wie „Kulturelles Erbe“, „Seminare und Veranstaltungen“, „thematische Links“ und „Tipps und Hilfe“ werden umfassende Informationen zum Kulturerbe veröffentlicht, eine generelle Suche über alle Bereiche ist integriert.
Das norwegische Archivwerk, das aus dem Riksarkiv, den acht staatlichen Regionalarchiven, dem samischen Archiv und dem norwegischen Gesundheitsarchiv besteht, stellt mit Digitalarkivet digitalisierte Dokumente, Fotos und Tonaufnahmen kostenlos zur Verfügung. Auf Arkivportalen kann zusätzlich eine Metasuche über die Kataloge sämtlicher norwegischen Archive realisiert werden. Grundsätzlich bietet die Website des Reichsarchivs einen übersichtlichen Einstieg in die genannten Portale sowie thematisch orientierte Sucheinstiege.
In Finnland steht mit dem Suchportal ASTIA-Access Service of The National Archives des finnischen Archivwerks ein Informationsservice zur Verfügung, der Suchmöglichkeiten für Dokumente bietet und ausführliche Arbeitshilfen auch auf englisch bereitstellt. Insbesondere digitale Bestände können über das Suchportal gefunden und bestellt werden. Zusätzlich sind die Bestände des Nationalarchivs auch in dem oben beschriebenen Suchportal Finna eingebunden.
Die nordeuropäische Museumslandschaft ist in den Ländern weit verzweigt und bietet kein Einstiegsportal mit einer breiten Übersicht über ganz Nordeuropa. In den einzelnen Ländern allerdings sind gerade die großen Nationalmuseen zahlreiche Kooperationen mit Museen aber auch anderen kulturellen Institutionen eingegangen, aus denen umfangreiche Portale hervorgegangen sind, von denen hier die bedeutendsten dänischen, norwegischen und schwedischen Seiten vorgestellt werden.
In Dänemark steht keine übergreifende Museumsübersicht zur Verfügung. Das Nationalmuseum in Kopenhagen übernimmt allerdings zahlreiche nationale Aufgaben auch im Bereich der Wissenschaft und ist damit vielleicht die zentrale Institution, die auch ihre digitalen Sammlungen und Datenbanken zu unterschiedlichen wissenschaftlich relevanten Themen anbietet.
In Schweden kann mit dem Informationssystem Carlotta direkt auf die Kataloge zahlreicher schwedischer Museen und Archive zugegriffen werden. Diese Museen pflegen hier das Metasuchsystem Kringla, das umfangreiches Informationsmaterial der einzelnen Museen bündelt.
Mit der Plattform Digitalt Museum wurde zusätzlich eine gemeinsames norwegisch-schwedisches Museumsportal geschaffen, wobei die norwegischen Seiten mit derzeit 261 von insgesamt 359 Museen wesentlich stärker inhaltlich gepflegt werden. Für Norwegen bietet auch die gemeinsame Seite der Universitätsmuseen, die selbst große Forschungsabteilungen beherbergen, einen Überblick über die zahlreichen Sammlungen.
Zusätzlich kann hier übergreifend in den durch die einzelnen Museen betriebenen Fachdatenbanken gesucht werden.
Auf finnischer Seite ist die ehemalige Übersicht Museo Finna vollständig in die gemeinsame Suche über finnische Bibliotheks-, Archiv- und Museumsbestände Finna überführt worden.
Wie bereits beschrieben, nutzen alle nordeuropäischen Institutionen wie Archive, Bibliotheken und Museen in hohem Maße die Möglichkeit, die Inhalte ihrer Sammlungen über soziale Medien zu verbreiten und zu erweitern.
Allein auf den genannten Seiten der Fachverbände finden sich Übersichten über fachlich relevante Blogs. Im deutschsprachigen Raum entwickelt sich das Nordeuropablog in der vifanord zu einem bekannten Anlaufpunkt auch für wissenschaftliche Diskussionen zur nordeuropäischen Geschichte und Politik.[91] Der wissenschaftliche Diskurs wird insbesondere durch die kürzlich umgesetzte Einbindung des Blogs des Nordeuropaforums. Zeitschrift für Kulturstudien eingebracht, in denen das politische Zeitgeschehen in Nordeuropa kommentiert wird. Im Nordeuropablog wird außerdem vom FID Nordeuropa jährlich einmal eine Liste aktueller wissenschaftlicher Blogs und Podcasts aus den nordeuropäischen Ländern vorgestellt, die sich mit dem Schlagwort „Blog“ abrufen lässt. Die weitaus meisten der hier nachgewiesenen Blogs gehören in den Bereich der Ur- und Frühgeschichte oder der Archäologie, aber auch zahlreiche geschichtswissenschaftliche Blogs, die durch wissenschaftliche Institutionen, Museen oder Archive betrieben werden, sind hier nachgewiesen.
Aus dem einst größeren Angebot an fachlichen Mailinglisten hat allein die ebenfalls durch das Nordeuropainstitut betreute Skantysk-Liste für die Nordeuropaforschung in Deutschland ihre zentrale Bedeutung erhalten.
Auch einschlägige Nachschlagewerke wie Wörterbücher oder bibliographische Werke werden mittlerweile fast ausschließlich online veröffentlicht oder weitergeführt. Ähnliches gilt für spezialisierte Quellensammlungen, die immer öfter zumindest als Digitalisat vorliegen.
Seit einiger Zeit sind die bekannten biographischen Nachschlagewerke aus allen Ländern online verfügbar. Neben der Onlineversion des Schwedischen Biographischen Lexikons steht auch das Norwegische Biographische Lexikon frei im Netz. Gleichermaßen steht das Dänische Biographische Lexikon als freie Datenbank mit Suchfunktionen zur Verfügung; für Finnland ist das Biografisk Leksikon för Finland frei zugänglich.
Ein besonderes Nachschlagewerk pflegt das schwedische Riksantikvariat (schwedisches Zentralamt für Denkmalpflege) mit seinem Portal Kulturminnesøk, das über 115.000 geschützte Gebäude und kulturelle Denkmäler auflistet und beschreibt.
Bei der Herausgabe digitaler Quellen spielen die Nationalbibliotheken und Nationalarchive mit ihren umfassenden Sammlungen die Hauptrolle. Neben den bereits vorgestellten Bibliothekskatalogen und Portalen, die alle den Zugriff auf digital vorhandene oder digitalisierte Quellen ermöglichen, sollen im folgenden Abschnitt einige der interessantesten Portale vorgestellt werden.
Wie beschrieben, werden in den einzelnen Ländern sehr unterschiedliche Medientypen bei den großen Digitalisierungsprojekten vorrangig behandelt. Daneben haben einige Universitätsbibliotheken ihre historischen Bestände digitalisiert und bieten für diese Sammlungen eigene Sucheinstiege an, die im nationalen Verbundkatalog nicht eigens ausgewiesen sind.
Erwähnenswert sind verschiedene Portale, in denen regionale und überregionale Zeitungen der einzelnen Länder digital zur Verfügung gestellt werden, wie die durch die schwedische Nationalbibliothek aufgebaute Sammlung Svenska dagstidningar digitalisierter schwedischer Tageszeitungen. Einen Überblick über digitalisierte Zeitungen in Dänemark und die unterschiedlichen Zugriffsmöglichkeiten gibt die dänische Nationalbibliothek auf ihrer Seite Danske aviser. Nicht alle Zeitungen sind frei zugänglich. Für Finnland bietet die Nationalbibliothek mit Den Historiske Tidningsbibliotek Zeitungen aus dem Zeitraum von 1771–1910 als Digitalisat mit freiem Zugriff an. In Dänemark steht über die Website Digitale Statslige digitale Publikationer ein Überblick zu historischen und aktuellen Dokumenten der staatlichen Verwaltung zur Verfügung. Die Dokumente selbst sind auch im Katalog der Nationalbibliothek nachgewiesen.
Aus dem Bereich der universitären Angebote bietet die Universitätsbibliothek Bergen beispielsweise mit Krigstrykk oder der weiter unten vorgestellten Sammlung Alte Drucke auch eine eigene Datenbank mit digitalisierten Drucken aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, die viele interessante Quellen in digitalisierter Form enthält. Basierend auf ihren historischen Beständen stellt auch die Universitätsbibliothek in Trondheim eine umfangreiche, thematisch geordnete digitale Sammlung zur Verfügung.
Die Nationalbibliotheken aller nordeuropäischen Länder haben sich zum Ziel gesetzt, einschlägige Quellen zur jeweils eigenen Geschichte zu digitalisieren. Für einen Überblick über das Angebot werden im Folgenden nur die Einstiegsseiten zu den wichtigsten nordeuropäischen Sammlungen kurz vorgestellt.
Die größte Sammlung dänischer Handschriften und anderer Dokumente hat die Nationalbibliothek digitalisiert und in ihren digitalen Sammlungen veröffentlicht. Daneben stellt die dänische Sprach- und Literaturgesellschaft mit Diplomatarium Danicum eine Sammlung mittelalterlicher Quellen, die in die dänische Gegenwartssprache übersetzt wurden, in einer textkritischen Ausgabe zur Verfügung.
Die wichtigsten isländischen Mittelalterhandschriften finden sich zum einen bei dem Institut Stofun Árnu Magnússonar zum anderen in der Datenbank Handrít, die gemeinsam von der isländischen Nationalbibliothek, dem genannten Institut und der Universität Kopenhagen (Arnamagnænske Samling) aufgebaut wird.
Den besten Überblick über große retrodigitalisierte Sammlungen der finnischen Nationalbibliothek bietet deren 2022 eingerichtete Website DIGI - Kansalliskirjaston digitoidut aineistot.
Wie eingangs erwähnt, sind einige nordeuropäische Bibliotheken beim europäischen Portal Europeana mit großen Beiträgen beteiligt. Das schwedische Zentralamt für Denkmalpflege Riksantikvarieämbetet präsentiert mit derzeit über vier Millionen Digitalisaten eine der größten Sammlungen auf Europeana. Auch Norwegen steht mit über drei Millionen veröffentlichten digitalisierten Objekten weit oben in der Liste der beitragenden Länder.
Viele Archive und Bibliotheken in Nordeuropa digitalisieren in großem Umfang Bildmaterial. Die entsprechenden Bilddatenbanken können im Portal DBIS recherchiert werden.[114]
Einen besonderen Bereich bilden die digital vorliegenden Kartenwerke aus Nordeuropa. Beispielhaft sei hier der Historisk Atlas aus Dänemark erwähnt. Dieser Atlas bildet für das südliche Dänemark archäologische Funde, Denkmäler, die Geschichte der Höfe, Dörfer, Kirchen und Schiffswracks ab und enthält neben Karten und Videos auch über 15.000 Fotos.
Eine große Anzahl elektronischer Zeitschriften aus Nordeuropa können in der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek (EZB) aufgerufen werden. Dort müssen sie allerdings unter ihrem Titel gesucht werden, weil zurzeit für den Bereich Geschichte noch kein eigener Ausschnitt für Nordeuropa vorhanden ist.
Daneben werden von fast allen Nationalbibliotheken ähnliche Portale für das jeweilige Land betrieben, über die in einigen Fällen auch direkt auf Volltexte zugegriffen werden kann.
In Dänemark werden durch die Nationalbibliothek mehrere Sucheinstiege gepflegt. Hinter dem Sucheinstieg Etidsskrifter verbirgt sich eine alphabetisch und thematisch sortierte Liste der online publizierten dänischen Periodika, teilweise im Volltext.
Laufende norwegische wissenschaftliche E-Zeitschriften lassen sich am besten über die Suche in Beständen der Nationalbibliothek ermitteln.
In Schweden steht mit der Portalseite Söka dagstidninger og tidskrifter auf der Website der Nationalbibliothek eine Einstiegsseite zu verschiedenen Recherchen auch über E-Zeitschriften bereit.
In Finnland bietet der Einstieg Aikakauslehdet auf den Seiten der digitalen Sammlungen der Nationalbibliothek einen Recherchezugang zu den digital vorgehaltenen Zeitschriften, insbesondere den digitalisierten älteren Zeitschriften. Daneben ist für die aktuelle Artikelsuche mit Journal.fi ein eigenes, jedoch nicht frei zugängliches Suchportal vorhanden.
Mit timarit schließlich steht für Island eine elektronische Zeitschriftendatenbank zur Verfügung, die auch färöische und grönländische Zeitschriften enthält. Nicht alle Zeitschriften sind jedoch frei zugänglich.
Der Zugriff auf lizenzierte elektronische Publikationen aus Nordeuropa ist in Deutschland oft noch schwierig. Auf einige Datenbanken kann allerdings mittlerweile anhand einer FID-Lizenz zugegriffen werden. Gerade die über eine FID-Lizenz zugänglichen Zeitschriftendatenbanken wie das schwedische Artikelsök, das dänische Mediearkiv sowie die norwegische Variante Idunn ermöglichen einen direkten Zugriff auf zahlreiche Volltexte.
Neben der Veröffentlichung lizenzpflichtigen Materials werden auch in den nordeuropäischen Ländern viele wissenschaftliche Texte frei zugänglich überwiegend in Open Access veröffentlicht.
Daneben gibt es in allen Ländern Publikationsserver für wissenschaftliche Literatur, auf denen in erster Linie Qualifikationsarbeiten, aber auch andere wissenschaftliche Texte vorgehalten werden.
Für Dänemark steht mit Den Danske Forskningsdatabase eine zentrale Datenbank zur Verfügung, die wissenschaftliche Aufsätze, Qualifikationsarbeiten, Tagungsberichte und Unterrichtsmaterial enthält. In Schweden wurde neben zahlreichen kleineren Servern mit SwePub ein zentraler Publikationsserver für wissenschaftliche Publikationen von Universitäten und Hochschulen aufgebaut. Für Norwegen verbirgt sich hinter Nora (Norwegian Open Research Archives) ein ähnliches Angebot. Für Finnland betreut die Nationalbibliothek mit Doria ein Repositorium, das die Volltexte aus den wichtigsten wissenschaftlichen Einrichtungen enthält. Einige Teilbereiche sind allerdings zugangsbeschränkt.
Viele dieser frei verfügbaren Texte aus den nordeuropäischen Open-Access Repositorien sind in den Suchindex der vifanord eingebunden und können dort recherchiert werden.
Wie bereits in der Einführung unter dem Aspekt „Crowdsourcing“ angeführt, gibt es insbesondere in Dänemark, Schweden und Norwegen eine starke Tendenz, Zeitzeugenberichte zu sammeln und als Teil eines eigenen Sammlungsauftrags zu verstehen.
In Dänemark finden sich zahlreiche Portale mit lokalem Hintergrund, in denen diese Quellensammlungen veröffentlicht werden. Stellvertretend sei hier das Portal Erindringer des Stadtarchivs in Kopenhagen genannt, das mehr als 2000 teilweise mit Fotos versehene Erinnerungsberichte von Einwohnern und Einwohnerinnen Kopenhagens zu verschiedenen historischen Ereignissen bündelt, zugänglich macht und gleichzeitig offensiv um Mithilfe beim Sammeln von Erinnerungen auffordert. Für lokalhistorische Untersuchungen lohnt sich in Dänemark in jedem Fall der Blick auf die ähnlich angelegten Portale aus den verschiedensten Städten und Regionen.
In Schweden veröffentlicht das Riksantikvarieämbete die auf diese Weise gesammelten „privaten“ Quellen mit Hilfe der Plattform Minnen, auf der gezielt persönliche Erinnerungen und Berichte gesammelt werden.
Eine etwas andere Form der Sammlung von Quellen aus dem privaten Bereich bietet in Norwegen das Portal des Norsk Kulturråd (Norwegischer Kulturrat) an. Auf der Plattform Digitalt fortalt finden sich über 3000 Erinnerungsberichte von norwegischen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu verschiedenen wichtigen Ereignissen der Geschichte. Daneben steht – mit für Lokalhistorikerinnen und -historiker oft sehr spannenden Materialien – das vom norwegischen Arkivverk betriebene Portal Digitalpensjonatet eine Art Webhotel, in dem digitalisierte Archivalien durch Bürger eingestellt werden und anschließend frei zugänglich durchsuchbar sind. Ähnlich wie in den anderen Ländern gibt es auch in Norwegen einige weitere lokale Portalangebote mit dem Anspruch, Erinnerungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu einem bestimmten Ort zu sammeln, wie beispielsweise das vom Stadtarchiv Bergen gepflegte Portal zum Stadtteil Årstad, in dem Erinnerungen, Fotos und Dokumente zu dem Stadtteil gesammelt und veröffentlicht werden.
Daneben haben sich einzelne wissenschaftliche Institutionen in ihren Portalen zum Ziel gesetzt, unterschiedliche Materialtypen zu einem Thema an einer Stelle zusammenzuführen. Besonders hervorzuheben sind dabei zwei Portale, die sich mit der Auswanderung aus Skandinavien seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er-Jahre hinein beschäftigen. Neben den norwegischen Seiten zur Auswanderung sind auch die Seiten des dänischen Auswandererarchivs Det Danske Udvandrerarkiv ähnlich umfangreich und mit zahlreichen Materialzugriffen ausgestattet.
Ein weiteres besonderes Themenportal wurde durch die staatlichen dänischen Archive zu einem derzeit aktuellen Forschungsthema aufgebaut. Das Portal Vestindien - Kilder til Historien bietet umfassende Recherchemöglichkeiten zur Geschichte der ehemaligen dänischen Kolonie Dänisch-Westindien.
Ein ähnliches Forschungsportal hat die Seefahrtsgeschichtliche Sammlung der staatlichen maritimen Museen in Stockholm aufgebaut. Auf der Seite der Sjöhistoriska Samlingar werden zahlreiche Bilder und andere Materialien zugänglich gemacht.
Der Umfang digital zugänglicher Informationsressourcen in den nordeuropäischen Ländern ist immens, so dass es bisweilen schwerfällt, den passendsten Sucheinstieg für die jeweilige Recherche auszuwählen. Trotz aller Bestrebungen, das vorhandene Material in den einzelnen Ländern strukturiert zugänglich zu machen, finden sich innerhalb der Länder immer noch viele Portale und Plattformen, die nicht zentral nachgewiesen sind. Dies gilt auch für den Bereich des Forschungsdatenmanagements.
Die wichtigsten Anlaufpunkte sind nach wie vor die Nationalbibliotheken und Nationalarchive, dennoch lohnt sich abhängig vom Thema der Blick in regionale Angebote. Gleichzeitig wird das digitale Informationsangebot stetig erweitert, so dass in den kommenden Jahren weitere Angebote hinzukommen und die vorhandenen in einigen Fällen umstrukturiert oder in neuen Portalen zugänglich werden dürften. Besonders rasant entwickelt sich der Bereich der Digital Humanities und der daraus resultierende Umgang mit digitalen Forschungsdaten. In allen Ländern zeichnen sich nationale Infrastrukturen ab, deren Aufbau und Weiterentwicklung nicht zuletzt durch universitäre und andere Forschungsprojekte getrieben und an die internationale Entwicklung angebunden werden.
Der fehlende Überblick über den gesamten Raum Nordeuropa in den Ländern selbst wird aus deutscher Perspektive insbesondere über die vifanord und die Serviceangebote des FID Nordeuropa sowie finno-ugrische Sprachen, Literaturen und Kulturen aufgefangen.
Ruth Sindt ist Fachreferentin für den Fachinformationsdienst Nordeuropa an der Universitätsbibliothek Kiel. Sie ist Historikerin und Nordistin und hat zu einem Thema in der Nordischen Geschichte promoviert. Daran schloss sich ein Bibliotheksreferendariat in Kiel und München an.
Marion Hartwig ist Nordeuropahistorikerin und Nordistin und Mitarbeiterin im Fachinformationsdienst Nordeuropa an der Universitätsbibliothek Kiel mit der Zuständigkeit für E-Medien.