Ursula Lehmkuhl / Lisa Schaub, Clio-Guide: Kanada , in: Clio Guide – Ein Handbuch zu digitalen Ressourcen für die Geschichtswissenschaften, hrsg. von Silvia Daniel, Wilfried Enderle, Rüdiger Hohls, Thomas Meyer, Jens Prellwitz, Claudia Prinz, Annette Schuhmann, Silke Schwandt, 3. erw. und aktualisierte Aufl., Berlin 2023–2024, https://doi.org/10.60693/s155-cp24

1. Die Geschichte Kanadas

1.1 Gegenstandsbereich, Forschungsschwerpunkte und Forschungsinstitutionen

Die Geschichte Kanadas wird ähnlich wie die Geschichte der USA, die Geschichte Lateinamerikas oder die Geschichte Asiens in der Regel im Kontext interdisziplinär aufgestellter Regionalstudien erforscht und unterrichtet. Regionalforschung – Area Studies – hat die Politik, Geschichte, Gesellschaft, Sprache, Literatur und Kultur großer Weltregionen zum Gegenstand. In der unmittelbaren Nachkriegszeit stand Regionalforschung in engem Austausch mit der Politik. Eine gewisse Politiknähe ist trotz der Umstrukturierung, die die Regionalforschung seit dem Ende des Kalten Krieges erlebt hat, auch heute noch gegeben. So unterstützen beispielsweise die amerikanische und die kanadische Botschaft immer noch – wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß – wissenschaftliche Fachtagungen, Vortragsveranstaltungen und Exkursionen nach Nordamerika, die von deutschen Wissenschaftler:innen organisiert und durchgeführt werden. Heute wird Regionalforschung stärker transregional betrieben. Es wird nach den Verflechtungen und Transfers zwischen großen Weltregionen gefragt. Für die Kanada-Studien bedeutet dies, dass die Einbindung von Forschung und Lehre in den größeren Zusammenhang der Nordamerika-Studien oder auch der sich gegenwärtig dynamisch entwickelnden „Transoceanic Studies“ inhaltlich und institutionell zugenommen hat.

Als Resultat einer in den 1970er Jahren etablierten, breit angelegten kanadischen auswärtigen Kulturpolitik, haben sich die Kanada-Studien seit Anfang der 1980er Jahre weltweit etabliert. Mit finanzieller Unterstützung des kanadischen Außenministeriums sind im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und der Schweiz) eine Reihe von interdisziplinären Zentren für Kanada-Studien aufgebaut worden mit teilweise eigenen Studien- oder Zertifikatsprogrammen und einer international renommierten Kanada-Forschung. Zusätzlich entstanden an zahlreichen Universitätsstandorten stärker disziplinär ausgerichtete Forschungszentren: Die Geschichte Kanadas wird beispielsweise regelmäßig an der Ruhr-Universität Bochum, der Universität Trier und der Universität Bremen, hier mit einem Schwerpunkt auf der Geschichte des frankophonen Kanadas, unterrichtet. Frankophone Kultur und Literatur gehört zu den Forschungs- und Lehrschwerpunkten der Kanada-Zentren in Innsbruck, Graz, Dresden und Saarbrücken, während die anglophone Literatur und Kultur in Jena, Kiel, Mainz und Trier prominent in Forschung und Lehre vertreten ist.[1] Indigene Studien mit Schwerpunkt auf die kanadische Urbevölkerung werden an den Universitäten Greifswald, Bremen und Münster angeboten. An vielen anderen Standorten sind Kanada-Studien als Teil der Lehre im Bereich der Nordamerika-Studien institutionalisiert.

Wichtige Bibliotheksbestände mit kanadistischer Forschungsliteratur sind in Berlin, Bochum, Bremen, Dresden, Graz, Innsbruck, Leipzig, Marburg, Trier und Wien aufgebaut worden. Die Bibliothek des John F. Kennedy-Instituts der Freien Universität Berlin gilt heute zusammen mit der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen als die wichtigste interdisziplinäre Referenzbibliothek für Nordamerika-Studien in Europa.

Nach der Einstellung des kanadischen Förderprogramms „Understanding Canada“ im Jahr 2012 haben sich Veränderungen des Forschungs- und Lehrfeldes, die durch die Bologna-Reform ausgelöst worden waren, beschleunigt und verfestigt. Da Kanada in weltpolitischer und global-kultureller Hinsicht im Schatten des großen Nachbarn USA steht, wird den Kanada-Studien an deutschen Universitäten nicht die höchste Priorität eingeräumt. In Zeiten knapper Ressourcen werden im Zweifelsfall eher Forschung und Lehre im Bereich der USA-Studien unterstützt. Kanada steht hier in zweiter Reihe. Dabei ist die Geschichte der USA ohne die Geschichte Kanadas und der französischen und britischen Präsenz in Nordamerika nicht zu verstehen. Die territoriale Entwicklung Nordamerikas beispielsweise wurde maßgeblich von den britisch-französischen Hegemonialkonflikten des 18. und frühen 19. Jahrhunderts beeinflusst. Die beiden Friedensverträge von Paris 1763 und 1783 sicherten die britische Vorherrschaft in Nordamerika und legten die territorialen Grenzen fest, innerhalb derer sich die dreizehn Kolonien nach der Unabhängigkeit entwickeln sollten. Zugleich legten sie die Basis für einen historischen Grundkonflikt, der die Geschichte Kanadas bis heute prägt: Die Existenz von zwei europäischen Gründungsnationen, einer anglophonen und einer frankophonen, und die damit einhergehende sprachliche, soziale und kulturelle Spaltung Kanadas in das britisch geprägte anglophone Kanada und das französisch geprägte Quebec. Konflikte zwischen den „Two Solitudes“ waren ausschlaggebend für die Einführung der Politik des Multikulturalismus in den 1970er-Jahren und damit für die Etablierung einer politischen Umgangsweise mit kultureller Pluralität und Diversität, die in der gegenwärtigen weltweiten Diskussion immer wieder eng mit Kanada verknüpft wird.

Neben dem anglo- und frankokanadischen Grundkonflikt prägt der Umgang mit der indigenen Bevölkerung – die First Nations, Métis und Inuit – Politik und Gesellschaft Kanadas. Durch den Fund von 200 unmarkierten Gräbern indigener Kinder auf dem Gelände einer ehemaligen Internatsschule in British Columbia im Mai 2021 wurde die Diskussion um die lange verborgene Geschichte der kanadischen Residential Schools und das damit verbundene Thema des kulturellen Genozids weltweit auf eine neue Ebene gehoben. Durch die Arbeit der Truth and Reconciliation Commission of Canada entstanden Websites, Online-Archive, Blogs und soziale Netzwerke, in denen indigene Wissenschaftler:innen zusammen mit Residential School Survivors über dieses dunkle Kapitel der kanadischen Geschichte informieren, in Dialog treten und historische Dokumente für die breite Öffentlichkeit zugänglich machen. Auch hierzulande hat der Gräberfund das Thema näher ins öffentliche Bewusstsein gerückt: Radio, Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften informierten ausführlich darüber.

Die Kanada-Studien in deutschsprachigen Ländern haben sich 1980 in der Gesellschaft für Kanada-Studien e.V. (GKS) zusammengeschlossen. Die GKS organisiert als Fachgesellschaft jährlich Konferenzen, zu denen immer auch Wissenschaftler:innen aus Kanada eingeladen werden. Die GKS bündelt Fachinformationen, gibt die Zeitschrift für Kanada-Studien als Open Access-Publikation heraus, unterstützt Nachwuchswissenschaftler:innen durch Reisestipendien und vergibt Publikationszuschüsse für wissenschaftliche Veröffentlichungen aus dem Bereich der Kanada-Studien. Allerdings fehlen bislang regelmäßige Berichte über digitale Projekte und Werkzeuge oder Beiträge zu Internetressourcen. Hierzu müssen deutschsprachige Kanadist:innen auf Ressourcen zurückgreifen, die vor allem in Nordamerika und hier insbesondere von Kanada selbst bereitgestellt werden.

Zu den Mitgliedern der GKS gehören nicht nur Wissenschaftler:innen, sondern auch viele Lehrer:innen. Diese haben sich in einer eigenen Arbeitsgemeinschaft organisiert und stellen Unterrichtsmaterial und didaktische Hinweise auf einer eigenen Website, Education Canada, digital zur Verfügung. Die Gesellschaft für Kanada-Studien arbeitet eng zusammen mit der Stiftung für Kanada-Studien (SKS) und der Deutsch-Kanadischen Gesellschaft (DKG), in der sich Vertreter:innen aus Wirtschaft und Politik zusammengeschlossen haben. Die Website der Deutsch-Kanadischen Gesellschaft enthält aktuelle Informationen über politische und wirtschaftliche Entwicklungen in Kanada. Für Schüler:innen, Auszubildende und Studierende bietet die DKG ein „Work and Travel“-Programm an.

Alle genannten Fachgesellschaften und Institutionen bieten Mailinglisten, Publikationen oder Informationen zum Tagungsge-schehen, die auf den jeweiligen Websites zu finden sind, vor allem für ihre Mitglieder an. Eine Verlinkung dieser digitalen Kommunikationsaktivitäten mit den Aktivitäten und Publikationen der Digital Humanities im deutschsprachigen Raum oder im Rahmen projektübergreifender Initiativen wie dem DHd-Blog fehlen bislang.

Kanada hat wie die Bundesrepublik ein föderales Regierungssystem. Die kanadischen Provinzen haben die Prärogative im Bereich der Bildungs- und Kulturpolitik. Aus diesem Grund haben sich zahlreiche Partnerschaften zwischen deutschen Bundesländern und kanadischen Provinzen etabliert, die ihre eigenen Förderprogramme mit Schwerpunkten im Bereich von Wirtschaft, Technologie und Bildung etabliert haben. Im Rahmen der Länder-Provinz-Kooperation existieren spezielle Austauschprogramme und bilaterale Universitätspartnerschaften. So ist etwa Quebec die Partnerprovinz von Bayern, und Manitoba kooperiert mit Rheinland-Pfalz. Baden-Württemberg hat enge Beziehungen zu Ontario aufgebaut. Auskunft über die deutsch-kanadische Zusammenarbeit im Bereich von Wirtschaft, Technologie und Wissenschaft gibt die Website der deutschen Botschaft in Kanada.

1.2 Wichtige Autor:innen sowie Forschungsprojekte

Die Geschichte Kanadas hat deutsche Geographen, Ethnologen und Historiker schon im 19. Jahrhundert interessiert. Die ersten wissenschaftlichen Arbeiten entstanden in den Disziplinen Ethnologie und Geographie. Forscherpersönlichkeiten wie Franz Boas, Aurel Krause (Ethnologie), Karl Andrée, Emil Deckert oder Gottfried Penck (Geographie) haben die frühen Forschungsbeiträge geprägt. Interessant ist die Tatsache, dass eine der frühesten Geschichten der Nouvelle France, die 1609 erschienene Histoire de la Nouvelle-France von Marc Lescarbot, 1613 ins Deutsche übersetzt wurde.[9]

Ein Überblick über die Entwicklungen der deutschsprachigen geschichtswissenschaftlichen Forschung wurde anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Gesellschaft für Kanada-Studien von Ursula Lehmkuhl publiziert.[10] Die geschichtswissenschaftliche Forschung deckt ein breites Spektrum unterschiedlicher Themen ab. Insgesamt orientiert sie sich an den Forschungstrends, die in der kanadischen Geschichtsforschung zu beobachten sind. Allerdings weist die deutsche Forschung stärker komparative und transnationale Bezüge auf. Zu den Themen, die im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses stehen, gehören: die Geschichte Kanadas im Rahmen des Nordatlantischen Dreiecks, 1930 bis 1960; kanadisch-amerikanische Beziehungen; die Rolle Kanadas in der NATO, in den UN-Blauhelm-Missionen, in internationalen Organisationen während und nach dem Kalten Krieg; Kanada als Einwanderungsland und die Geschichte der kanadischen Einwanderungspolitik; die Geschichte Quebecs und insbesondere des franko- und anglo-kanadischen Gegensatzes; die Geschichte der Zweisprachigkeit in Kanada; Geschichte und Kultur der indigenen Nationen in Kanada (First Nations, Métis und Inuit); Kolonialgeschichte der Nouvelle France. In den zurückliegenden zehn Jahren hat sich die deutschsprachige geschichtswissenschaftliche Forschung insbesondere auf folgende Bereiche konzentriert: Migrationsgeschichte, Geschichte der indigenen Bevölkerung, Umweltgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung in der Arktis, Gesellschaftsgeschichte des Kalten Krieges sowie Politik- und Zeitgeschichte des späten Kalten Krieges und der Zeit nach dem 11. September 2001.

Mit der Etablierung des ersten deutsch-kanadischen Graduiertenkollegs in den Geistes- und Sozialwissenschaften in Kooperation zwischen den Universitäten Trier, Saarbrücken und Montreal (Université de Montréal), IRTG Diversity: Mediating Difference in Transcultural Spaces, hat sich am Standort Trier zudem ein Forschungsprogramm zum Thema „Diversität“ in Kanada und Europa etabliert. Im Rahmen dieses interdisziplinären Forschungskontextes entstanden vier historische Dissertationen, zwei zur Geschichte der Métis im 19. Jahrhundert, eine zur Geschichte des schwarzen Kanadas in den 1960er- bis 1990er-Jahren sowie eine weitere zur Historizität und Wissenstransformation in John Jewitt’s Captivity Narrative.

2. Die Geschichte Kanadas – Digitale Ressourcen

Die deutschsprachige geschichtswissenschaftliche Forschung zu Kanada arbeitet nach wie vor traditionell hermeneutisch. Eine spezifisch auf den Forschungsgegenstand „Kanada“ ausgerichtete digital gestützte Forschung hat sich bislang in der deutschsprachigen Forschungscommunity noch nicht herausgebildet. Allerdings kann die geschichtswissenschaftliche Forschung zu Kanada auf eine breite digitale Datengrundlage zurückgreifen. Die Bemühungen, Kanadas Eigenentwicklung und die Spezifika der kanadischen Geschichte, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Abgrenzung zu den Vereinigten Staaten von Amerika herauszustellen, haben schon früh eine Politik etabliert, die auf größtmögliche Zugänglichkeit zum historischen Quellenmaterial, gekoppelt mit hoher Nutzerfreundlichkeit und Unterstützung für Wissenschaftler:innen setzt. In der Zwischenzeit liegen umfangreiche digitale Datenbestände vor, die häufig auch frei zugänglich sind. In vielen Fällen sind wissenschaftliche Recherchen zu Themen der kanadischen Geschichte möglich, ohne dass eine Reise über den Atlantik angetreten werden muss. Voraussetzung dafür ist allerdings in vielen Fällen, dass die Heimatuniversität die verfügbaren Datenbanken abonniert hat oder ein Zugriff auf die Datenbanken über die Nationallizenzen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) angeboten wird.

2.1 Übersichtsportale

Wie eingangs dargelegt, ist die Geschichte Kanadas eingebettet in die Geschichte und Kultur des nordamerikanischen Kontinents. Deshalb empfiehlt sich als Einstieg in die Beschäftigung mit der Geschichte Kanadas ein Blick in die übergreifenden Zusammenhänge der Geschichte Nordamerikas. Dazu ist das Portal des Fachinformationsdienstes Anglo-American Culture, die Library of Anglo-American Culture & History der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, hervorragend geeignet. Das Portal fungiert als Suchmaschine, mit der sich zum einen der Katalog der SUB Göttingen, an der bis 2015 das einschlägige Sondersammelgebiet verortet war und heute der genannte Fachinformationsdienst geführt wird, durchsuchen lässt. Zum anderen werden auch Aufsatzdatenbanken, Fach-Websites und digitale Volltexte in die Suche einbezogen. Man kann auch eine thematische Suche starten, über die sich neuere Literatur (ab 1995) und Websites finden lassen. Das Portal informiert daneben über die jeweils aktuellen Neuerscheinungen und Datenbanken. In Kooperation mit dem FID Geschichtswissenschaft bietet das Portal einen Online-Zugriff auf die Washington Post und die New York Times im Rahmen von ProQuest Historical Newspapers an. Das Portal bietet außerdem Zugang zu The Stacks, dem Fachrepositorium für Amerikastudien, Anglistik, Anglophone Literaturen und Kulturen, Australien- und Neuseelandstudien, Großbritannien- und Irlandstudien und Kanadastudien einschließlich aller Unterdisziplinen an.

Einen guten Einstieg direkt auf kanadischer Seite bietet das Internetportal der Library and Archives Canada, der Nationalbibliothek und des Nationalarchivs Kanadas. Hier können Wissenschaftler:innen alle öffentlich zugänglichen Bestände des Archivs und der Nationalbibliothek durchsuchen. Besonders hilfreich für den Einstieg in die Recherche sind die Übersicht über verschiedene Datenbanken und der Suchzugang über verschiedene Themen der kanadischen Geschichte unter der Rubrik „help with your research“. Hier ist beispielsweise eine ausführliche Recherche zu zentralen Themen der indigenen Geschichte Kanadas wie den Residential Schools, Métis Land Claims und der Familiengeschichte der Inuit möglich.

Schließlich bietet auch der International Council for Canadian Studies (ICCS) auf seiner Website einschlägige Datenbanken und digitale Ressourcen sowie eine fachspezifische Link-Sammlung an, die einen guten Überblick über fachlich zuverlässiges Informationsmaterial im World Wide Web bietet.

2.2 Fachbibliographien

Eine der wichtigsten Fachbibliographien für die Geschichte der USA und Kanadas ist America: History and Life. Viele Universitätsbibliotheken besitzen für diesen Dienst eine Zugangslizenz, sodass auf die Datenbank auch ohne ein kostspieliges Abonnement zugegriffen werden kann. Die Bibliothek der Queen’s University hat darüber hinaus eine Liste mit hilfreichen, teilweise auch digital zugänglichen, bibliographischen Hilfsmitteln zur Erforschung der Geschichte Kanadas zusammengestellt. Auf der Website befinden sich zudem Hinweise auf digitales Quellenmaterial. Umfangreiche bibliographische Listen und Hinweise zu den Themenbereichen „German-Canadians“, Ethnizität und Multikulturalismus, sowie Migration findet man auf der Website des Lehrstuhls für deutsch-kanadische Studien an der University of Winnipeg. Die University of Manitoba bietet einen guten Zugang zu Forschungsliteratur und Forschungsressourcen im Bereich der Indigenen Studien.

Eine für den Einstieg in die gesamtkanadische Geschichte hilfreiche Bibliographie enthält auch das über das Internet zugängliche wissenschaftliche Begleitmaterial zur mehrfach preisgekrönten und von namhaften kanadischen Historiker:innen wissenschaftlich begleiteten CBC Serie Canada: A People's History. Die Website zu dieser Serie bietet zudem multimedial gestützt einen Einstieg in die zentralen Entwicklungen und Probleme der kanadischen Sozial-, Wirtschafts-, Kultur- und Politikgeschichte. Dabei stehen die betroffenen und handelnden historischen Akteure im Zentrum der Betrachtung.

Publikationen deutschsprachiger Kanadist:innen aus dem Zeitraum 1900 bis 2000 sind in der Canadiana-Bibliographie von Günther Grünsteudel, die in digitaler Form von der Universität Augsburg vorgehalten wird, erfasst.

2.3 Bibliothekskataloge

Neben den Recherchemöglichkeiten über die großen Suchmaschinen für Bibliothekskataloge wie den Karlsruher Virtuellen Katalog oder Worldcat (bzw. für Zeitschriften die Elektronische Zeitschriftenbibliothek oder JSTOR für die Recherche nach Zeitschriftenaufsätzen und in den Volltexten ausgewählter, vor allem angloamerikanischer Fachzeitschriften) bieten sich natürlich auch die einzelnen Kataloge der Universitätsbibliotheken an – insbesondere an denjenigen Universitäten, an denen es ein Kanada-Forschungszentrum gibt. Die Gesellschaft für Kanada-Studien listet auf ihrer Website alle Forschungseinrichtungen zur Kanadistik in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf. In den online frei zugänglichen Mitteilungsheften der GKS werden die neuesten Publikationen gegliedert nach Disziplinen gesammelt.

Der Katalog der kanadischen Nationalbibliothek Aurora lässt sich auch von außerhalb Kanadas durchsuchen. Er bietet die größte Spannbreite bei der Recherche nach kanadistischer Literatur. Das gleiche gilt für den Katalog der Bibliothèque et Archives Nationales du Québec, hier allerdings mit einem stärkeren Fokus auf Literatur zur Geschichte Quebecs.

2.4 Archive

Auf die Bestände des Nationalarchivs Kanadas kann man über die Website von Library and Archives Canada zugreifen. Das gleiche gilt für das Nationalarchiv Quebecs. Mit Ausnahme von Nunavut haben auch alle übrigen kanadischen Provinzen und Territorien ein eigenes Archiv, das online durchsucht werden kann: Alberta, British Columbia, Manitoba, Newfoundland and Labrador, New Brunswick, Northwest Territories, Nova Scotia, Ontario, Prince Edward Island, Saskatchewan, und Yukon. Für die Kolonialgeschichte Kanadas ist zudem das französische Nationalarchiv unerlässlich. In den Archives Nationales d’Outre Mer befinden sich die Akten zur Kolonisation der Nouvelle France. Die Website enthält webgestützte Findhilfen (finding aids) mit einer detaillierten Beschreibung der Archivmaterialien.

Einen besonders hilfreichen Service bietet der Dienst Canadiana des Canadian Research Knowledge Networks, ein Zusammenschluss vieler Archive und Bibliotheken in ganz Kanada: Über die Suchmaske auf der Website des Dienstes lassen sich die Datenbanken aller teilnehmenden Einrichtungen gleichzeitig durchsuchen. Neben zeitgenössischen Publikationen, Zeitungen, Kartenmaterial und Regierungsdokumenten zur kanadischen Geschichte im 20. und 21. Jahrhundert finden sich unter der Rubrik Héritage auch zahlreiche Dokumente zur frühen kanadischen Geschichte vom 16. Jahrhundert bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts.

Daneben existieren einige herausragende Archive für Teilaspekte der kanadischen Geschichte: Beispielhaft sei hier erstens die Métis Nation Historical Database als eine der wichtigsten Archivdatenbanken für die Geschichte der Métis, der Nachfahren europäischer Pelzhändler und indigener Frauen, genannt. Zweitens bieten auch die Hudson’s Bay Company Archives auf ihrer Website eine Recherchemöglichkeit: Neben den Findbüchern des Archives kann hier zunehmend auch digitalisiertes Quellenmaterial eingesehen werden. Des Weiteren stellt das Centre du Patrimonien in St. Boniface, Winnipeg, eine ausführliche Archiv- und Literaturdatenbank zur Verfügung, in denen sich zahlreiche digitalisierte Dokumente zur frankophonen Geschichte Manitobas sowie zur Geschichte der Métis finden lassen.

Für die Bearbeitung von politik- und zeithistorischen Fragestellungen bieten sich darüber hinaus die Bibliotheken und Sammlungen kanadischer Think Tanks an. Eine Übersicht über die thematisch teilweise sehr spezifisch arbeitenden Think Tanks mit Links zu den Websites wird von der McGill University bereitgestellt.

Für Untersuchungen zur Migrationsgeschichte und Bevölkerungsentwicklung sind die online zugänglichen Zensusdaten, die von Statistics Canada zusammengestellt werden, unerlässlich. Bereits in den 1990er-Jahren wurde auf der Grundlage historischer Zensusdaten am Institute for Canadian Studies der University of Ottawa ein großes Datenbankprojekt zur Sozialgeschichte Kanadas aufgelegt. Die Website Canadian Century Research Infrastructure, heute von der University of Alberta verwaltet, ermöglicht einen bequemen Zugriff auf kanadische Zensusdaten von 1911 bis 1951. Texte und Bilder führen in zentrale Fragestellungen der kanadischen Sozialgeschichte ein. Die führende Rolle, die die kanadische Geschichtswissenschaft im Bereich der Digital Humanities einnimmt, schlägt sich auch in Kanadas Vorreiterrolle im Bereich der Oral History nieder. Das Centre for Oral History and Digital Storytelling der Concordia University bietet Zugang zu audiovisuellen Oral History-Quellen, zu Webinars zu Interviewtechniken und zur Transkription von audiovisuellem Material an.

2.5 Museen

Kanada besitzt mehrere hervorragende Nationalmuseen, in der Regel mit eigenen Bibliotheken und Archivbeständen. Die meisten davon befinden sich in (oder in der Nähe von) Ottawa und bilden eines der Highlights der Hauptstadt. An erster Stelle ist das Canadian Museum of History (ehemals Canadian Museum of Civilization) zu nennen, das auf seiner Website neben einem Überblick über die Dauer- und die Sonderausstellungen auch eine Suchmöglichkeit für das Archiv und die Bibliothek des Museums bietet. Das Canadian War Museum unterhält ein militärhistorisches Forschungszentrum, dessen Katalog über die Museumswebsite durchsuchbar ist. Nicht in Ottawa, sondern in Winnipeg befindet sich das Canadian Museum for Human Rights, das im September 2014 eröffnet wurde. Auch dieses Museum hat ein eigenes Oral History Program, in dessen Rahmen bereits mehr als 150 Interviews mit Zeitzeugen geführt wurden. Über die Museums-Website lassen sich die Bestände recherchieren. Speziell zur Kulturgeschichte Westkanadas arbeitet das Glenbow in Calgary. Die ehemaligen Archivbestände des Museums befinden sich heute im Glenbow Western Research Centre an der University of Calgary. Dazu gehören etwa 22 Millionen Seiten Textdokumente, zwei Millionen Fotos, 125.000 Bücher, 15.000 Karten, 600 Stunden Tonaufnahmen sowie 4.000 Videos und Filme zur Geschichte Westkanadas, die über die Archivdatenbank durchsucht werden können. Zur Einwanderungsgeschichte Kanadas ist auf den Katalog und die digitalen Materialien des Canadian Museum of Immigration at Pier 21 in Halifax zu verweisen.

2.6 Fachkommunikation

Über H-Canada können sich Historiker:innen, die über Kanada forschen, auf einfache Art und Weise mit Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt austauschen. Eine Anmeldung ist über die Dienste des H-Net kostenlos möglich.

Durch die zunehmende Nutzung sozialer Medien auch im Forschungsalltag haben sich darüber hinaus neue Möglichkeiten der Kommunikation eröffnet: Im deutschsprachigen Raum hat die Gesellschaft für Kanada-Studien sowohl einen Newsletter als auch eine Facebook-Seite etabliert, über die Neuigkeiten aus der internationalen Kanadistik, Calls for Papers, Neuerscheinungen und mehr kommuniziert werden. Das Nachwuchsforum der Gesellschaft unterhält darüber hinaus eine Twitter-Seite, über die unter anderem auf Ausschreibungen, die für den wissenschaftlichen Nachwuchs von Interesse sind, hingewiesen wird. Eine Liste lesenswerter Blogs zum Thema kanadische Geschichte hält die Canadian Historical Association auf ihrer Website bereit.

2.7 Digitale Nachschlagewerke

Die kanadische Nationalenzyklopädie The Canadian Encyclopedia ist seit 2001 online verfügbar. Die mehr als 19.000 Artikel zu unterschiedlichen Themenbereichen der kanadischen Geschichte lassen sich per Stichwort oder per thematischer Suche finden. Daneben enthält die Enzyklopädie mehr als 30.000 multimediale Elemente wie Bilder, Karten, Spiele, Audio- und Videodateien. Betrieben wird die Website von der Stiftung Historica Canada, die sich mit Hilfe von verschiedenen Projekten, die sich an ein breites, auch nicht-wissenschaftliches Publikum wenden, für die Vermittlung kanadischer Geschichte engagiert.

Wer nach bestimmten Personen sucht, der kann auf zwei verschiedenen Wegen fündig werden: Zum einen über das frei verfügbare Dictionary of Canadian Biography, zum anderen über das World Biographical Information System (WBIS). Für das WBIS hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft eine Nationallizenz erworben, wodurch der Zugriff nach Anmeldung auch vom heimischen Arbeitsplatz aus kostenlos möglich ist. Laut Angaben des Verlages handelt es sich bei WBIS um die größte biographische Datenbank der Welt. Sie beinhaltet unter anderem auch das Kanadische Biographische Archiv / Canadian Biographical Archive (CaBA) sowie den World Biographical Index (WBI), über den man Zugriff auf die biographischen Daten von 57 Archiven erhält.

2.8 Digitale Quellen

Digitale bzw. digitalisierte Quellen und Quellensammlungen findet man am besten über die Seite von Library and Archives Canada. In den vergangenen Jahren hat die Digitalisierung der Quellenbestände stark zugenommen. Die Liste der verfügbaren Datenbanken und digitalen Materialen umfasst ein breites Spektrum an Themen zur Geschichte Kanadas, angefangen von genealogischen Quellen, über Quellen zur Geschichte der schwarzen Loyalisten bis hin zum umstrittenen Thema der „Western Land Grants“. Hilfreich bei der ersten Orientierung ist der Zugang über die „A to Z tools and guides“ der Library and Archives Canada, in dem das Quellenmaterial thematisch gegliedert ist. Es ist zu empfehlen, sich bei Forschungsarbeiten zunächst mit den verfügbaren Quellendatenbanken vertraut zu machen und von dort aus ggf. spezifischere Datenbanken aufzusuchen. Zudem lassen sich mit Hilfe digitalisierter Mikroformen unter anderem Militärakten, Einwanderungsdokumente, Landpetitionen, Zensusdaten und Akten der Residential Schools recherchieren.

Neben dem Nationalarchiv bietet auch das bereits erwähnte Portal Canadiana thematisch gebündelte digitale Quellensammlungen an. Dazu gehören eine Volltext-Sammlung von Büchern, Magazinen und Regierungsdokumenten, die die Zeitspanne vom 19. bis 21. Jahrhundert abdecken. Neu ist die Digitalisierung von circa 21.000 historischen Karten, die nach Provinz/Territorium durchsucht werden können. Ebenfalls Teil von Canadiana ist das über zehn Jahre angelegte Digitalisierungsprojekt Héritage, das genealogische Daten, Regierungsdokumente, Quellen zur Geschichte der First Nations, Métis und Inuit sowie militärische Akten zur Verfügung stellt. Die Sammlung umfasst circa 40 Millionen Seiten an Primärdokumenten vom 17. bis 20. Jahrhundert. Schließlich sammelt die Global Affairs Canada Digital Library Publikationen des kanadischen Außen-, Handels- und Entwicklungsministeriums (Departement of Foreign Affairs, Trade and Development) und stellt sie online zur Verfügung. Die Datenbank beinhaltet über 34.000 Dokumente aus den Jahren von 1910 bis 2007.

Regierungsamtliche Quellen und Quellen zur politischen Geschichte Kanadas werden darüber hinaus sukzessive im Rahmen der Open Data-Initiative der kanadischen Regierung online verfügbar gemacht. Zwei Datensets werden bereits zur Nutzung im Internet angeboten: Soldiers of the First World War – CEF und Maps, Plans and Charts of Canada.

Wer speziell nach Bildern sucht, dem bietet das Nationalarchiv über eine spezielle Datenbank mit über 300.000 digitalisierten Bildern eine Recherchemöglichkeit – auch über den Fotodienst Flickr werden digitalisierte Bilder (hauptsächlich Fotografien) präsentiert.

Durch eine Nationallizenz der Deutschen Forschungsgemeinschaft lassen sich schließlich mit Hilfe der Volltext-Datenbank North American Immigrant Letters, Diaries, and Oral Histories digitalisierte Ego-Dokumente (hauptsächlich aus den Jahren 1890 bis 1920) von Einwanderer:innen in die USA und Kanada abrufen.

Zur Geschichte der Residential Schools in Kanada stellt das National Centre for Truth and Reconciliation an der University of Manitoba ein Online-Archiv zur Verfügung, das Überlebenden, deren Familien, Angehörigen und Gemeinden sowie der breiten Öffentlichkeit freien Zugang zu historischem Quellenmaterial ermöglicht. Hier finden sich unter anderem Photographien, Berichte von Überlebenden, Schulakten und Regierungsdokumente zur Geschichte der Internatsschulen. Die Bestände können mit Hilfe von Tutorial Videos navigiert werden. Eine interaktive Karte bietet einen Überblick über die Anzahl und Standorte der insgesamt 139 Schulen. Zudem finden sich auf der Website Mini-Dokumentarfilme zur Arbeit der Truth and Reconciliation Commission of Canada. Neben dem Archiv stellt die Website auch Informationen über Events und Ausstellungen sowie Lehrmaterial und Forschungspublikationen bereit.

Um die digitale Präsentation von Quellen zur Geschichte der multiplen „Black Canadas“ hat sich insbesondere das Archiv von Ontario verdient gemacht. Auf der vom Archiv gehosteten Website The Black Canadian Experience in Ontario eröffnet das Archiv Einblicke in die Geschichte von Sklaverei sowie die Geschichte afrikanischer Einwanderung und „freien“ Black Canadians im langen 19. Jahrhundert.

2.9 Elektronische Zeitschiften

Die inter- und multidisziplinäre Zeitschrift für Kanada-Studien ist das kanadistische Fachjournal der deutschsprachigen Kanada-Studien in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Von der ersten Ausgabe 1981 bis zur jeweils aktuellen stehen alle Beiträge frei zugänglich auf der Website der Gesellschaft für Kanada-Studien zum Download bereit. Ebenfalls frei online verfügbar ist das Journal of the Canadian Historical Association.

Die wichtigste historische Fachzeitschrift, die Canadian Historical Review, erscheint ebenfalls online, allerdings ist der Download der Artikel kostenpflichtig. Das gleiche gilt für folgende renommierte Zeitschriften zur Geschichte und Kultur Kanadas:

Canadian Journal of History,

International Journal of Canadian Studies,

British Journal of Canadian Studies,

American Review of Canadian Studies (kostenlos nur für Mitglieder der Association for Canadian Studies in the United States verfügbar),

Etudes canadiennes / Canadian Studies der Association française d’études canadiennes (teilweise frei online verfügbar),

Québec Studies (herausgegeben von der American Council for Québec Studies) und

Revue d’histoire de l’Amérique française.

Folgende und weitere Fachzeitschriften zur Geschichte Kanadas werden von America: History and Life indiziert und können über diese Literaturdatenbank recherchiert werden:

Acadiensis – Journal of the History of the Atlantic Region / Revue d’histoire de la region Atlantique

Alberta History

BC Studies – The British Columbian Quarterly

The Beaver

Canadian Ethnic Studies

Canadian Journal of Native Studies

The NAIS Journal

Études Inuit Studies

Journal of Canadian Studies

Prairie History

Grundsätzlich bietet es sich an, bei der Recherche nach Zeitschriften auch mit der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek sowie bei der Recherche nach Fachartikeln mit JSTOR zu arbeiten, da bei Vorliegen einer Campus-Lizenz die Artikel im pdf-Format kostenlos heruntergeladen werden können. An dieser Stelle sei auch nochmal auf die bereits eingangs erwähnte Library of Anglo-American Culture & History hingewiesen, über die sich ebenfalls viele Zeitschriften recherchieren lassen.

2.10 Elektronische Publikationen

Das Portal Canada Commons ist eine konsortiale elektronische Bibliothek führender kanadischer Verlage, die mehr als 200.000 Publikationen in digitalisierter Form bereithält. Ähnlich wie bei JSTOR oder America: History and Life ist ein Zugriff auf die Volltexte allerdings kostenpflichtig und steht nur Mitgliedern bzw. Mitgliedsbibliotheken zur Verfügung.

Einen ähnlichen Service bietet das von der University of Alberta betriebene Portal Peel’s Prairie Provinces. Hier finden sich circa 7.500 digitalisierte Bücher, 4,8 Mio. Zeitungsartikel, 16.000 Pod-casts und 1.000 historische Karten zur Geschichte der Canadian Prairies – den Provinzen Manitoba, Saskatchewan und Alberta.

Über das Theses Canada Portal lassen sich Abschlussarbeiten und Dissertationen von 70 kanadischen Universitäten und Colleges recherchieren. Der Dienst besteht bereits seit 1965. Viele Arbeiten liegen auch in elektronischer Form vor und lassen sich direkt herunterladen.

Speziell zur Umweltgeschichte bietet das Network in Canadian History & Environment auf seiner Website viele Publikationen zum Download an: Über Materialien von Konferenzen und Workshops, Lehrmaterialien bis hin zu Materialien für Studierende.

2.11 Multimediale Publikationen und E-Learning

Studierende an einer Hochschule ohne kanadistischen Schwerpunkt können auf das Angebot der Virtual Canadian Studies der Gesellschaft für Kanada-Studien zurückgreifen. Hier werden gegen eine geringe Gebühr in jedem Semester verschiedene virtuelle Kurse aus den Bereichen Anglistik, Französische Sprachwissenschaft, Geschichte, Geographie oder Indigene Studien von ausgewiesenen Expert:innen auf den jeweiligen Gebieten angeboten.

Library and Archives Canada stellt auf seiner Website zahlreiche digitale Ressourcen, u.a. Webinare, Podcasts und Multimedia E-Books, zu zentralen Themen der kanadischen Geschichte bereit, sodass sich die breite Palette von historisch relevanten Themen auch ohne einen Flug über den Atlantik und einen Besuch in den Museen Kanadas erkunden lässt. Die Podcasts behandeln beispielsweise Themen wie Kanada im Ersten Weltkrieg, die kanadische Einwanderungsgeschichte, die Geschichte der Nationalflagge, oder die Biographie des ersten kanadischen Premierministers Sir John A. Macdonald. Empfehlenswert sind auch die Podcasts des bekannten Geschichtsblogs ActiveHistory.ca. Das kanadische Nationalarchiv hat sich insbesondere um die Digitalisierung der Bestände zur Rolle Kanadas im Ersten Weltkrieg bemüht. Der Kampf um „Vimy“ während der Schlacht von Arras hat sich tief in das kollektive Gedächtnis Kanadas eingeschrieben. Das Canadian National Vimy Memorial in Frankreich zählt zu den zentralen kanadischen Erinnerungsorten. Seit 2021 bietet Library and Archives Canada ein Webinar zur Militärgeschichte Kanadas an, das den Titel In the Trenches: Explore Digitized First World War Records trägt. Das Webinar ist auch über die Facebook-Seite von Library and Archives Canada abrufbar.

Viele Informationen und Ressourcen speziell für den Bildungsbereich bietet The History Education Network (THEN) auf seiner Website an. Besonders empfehlenswert, um sich einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion innerhalb der Fachdisziplin zu verschaffen, ist die Linkliste Controversies. Der Arbeitskreis der Lehrer:innen in der Gesellschaft für Kanada-Studien bietet auf seiner Website Lehrkräften, die Kanada in ihrem Unterricht behandeln, vielfältige Informationen, Links, Neuigkeiten und Literaturhinweise.

Die Botschaft von Kanada in Deutschland hat in ihrem Botschaftsgebäude in Berlin den Marshall McLuhan-Salon eingerichtet, der als multimediales Informationszentrum dient. Es wurde nach dem berühmten kanadischen Medientheoretiker Herbert Marshall McLuhan benannt. Die dazugehörige Website bietet nach Registrierung Lehr- und Lernmaterialien zu Politik, Geschichte, Geographie, Kultur und indigener Bevölkerung in Kanada zum Download an.

Wer Lehr- und Lernmaterial zur indigenen Geschichte Kanadas sucht und dabei indigene Perspektiven beleuchten möchte, der wird im Historica Canada Education Portal fündig. Insbesondere der Indigenous Studies Education Guide vermittelt viele Ideen für die Gestaltung von Unterrichtseinheiten zur Geschichte der First Nations, Inuit und Métis. Daneben bietet das Portal weitere rund 300 Learning Tools & Collections an, die ein breites Spektrum der kanadischen Geschichte abdecken, darunter Politikgeschichte, Militärgeschichte, Einwanderungsgeschichte, Black History und Women‘s History.

3. Resümee und Ausblick

Dank des umfangreichen digitalen Materials, angefangen von EBooks, über Zeitschriften, Bilder, historische Quellen, Podcasts und vielem mehr, ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit Kanada sehr viel einfacher geworden. Gegenwärtig werden fast alle zentralen Aspekte der Geschichte Kanadas online abgebildet. Voraussetzung für die Nutzung des verfügbaren umfangreichen wissenschaftlichen Materials ist aber häufig das Abonnement der einschlägigen elektronischen Datenbanken. Viele dieser Datenbanken sind Bestandteil von Nordamerika-Sammlungen und werden von Bibliotheken, an deren Standort ein Nordamerika-Schwerpunkt vorhanden ist, in der Regel auch vorgehalten. Exklusive Kanada-Sammlungen werden hingegen weniger häufig abonniert, da die Nutzerzahlen im Vergleich zu Interessenten an der amerikanischen Geschichte, eher klein sind und wissenschaftliche Einrichtungen angesichts von Sparzwängen ihre Prioritäten anders setzen. Es wäre deshalb wünschenswert, verstärkt National- oder EU-Lizenzen zu erwerben, die entweder über den Fachinformationsdienst oder die DFG oder einer anderen zentralen Einrichtung für die Kanada-Studien zur Verfügung gestellt werden. Auch eine Kooperation mit der Gesellschaft für Kanada-Studien wäre ein denkbares Modell, bündelt sie doch grenzüberschreitend die wissenschaftliche Beschäftigung mit Kanada. Die derzeit existierende Form der dezentralen, budgetär föderal organisierten Beschaffungspolitik der Hochschulen ist nicht kompatibel mit der Entwicklung im Bereich der Informationsmedien und digitalen Ressourcen. Dem breiten Spektrum an verfügbarem digitalem Material stehen häufig, auch in Deutschland, budgetär bedingte eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten gegenüber. Forschung und Lehre zur Geschichte Kanadas in Deutschland und in Europa könnten durch eine koordinierte und grenzüberschreitende Beschaffungspolitik und die Förderung zentraler Sondersammelgebiete mit entsprechendem Zugang zu digitalen Fachinformationen enorm profitieren. Von einem hochschulübergreifenden Abonnement des Portals désLibris – um nur ein Beispiel zu nennen – würde der gesamte Wissenschaftsstandort Deutschlands profitieren.

Literaturhinweise

Brede, Falko; Schultze, Rainer-Olaf, Das politische System Kanadas, in: Stüwe, Klaus; Rinke, Stefan (Hrsg.), Die politischen Systeme in Nord- und Lateinamerika. Eine Einführung, Bonn 2010.
Bumsted, J. M., A History of the Canadian Peoples, 6. Aufl. Oxford 2021.
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Fußnoten

  1. [1] Für einen Überblick über die Aktivitäten der Kanada-Zentren in deutschsprachigen Ländern siehe die Informationen auf der Website der Gesellschaft für Kanada-Studien (GKS) und insbesondere die Berichte in den jährlichen Mitteilungsheften. http://www.kanada-studien.org.
  2. [9] Die Schrift ist von der Bayerischen Staatsbibliothek digitalisiert worden: http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10890000_00108.html.
  3. [10] Lehmkuhl, Ursula, Approaches to Canadian History: Transatlantic Discourses and Challenges of the Future, in: Hoerder, Dirk (Hrsg.), From the Study of Canada to Canadian Studies. To Know Our Many Selves Changing Across Time and Space, Augsburg 2005. Die Publikation ist digital zugänglich unter: https://www.academia.edu/12315698/Approaches_to_Canadian_History_Transatlantic_Discourses_and_Challenges_of_the_Future.

Prof. Dr. Ursula Lehmkuhl ist Inhaberin des Lehrstuhls für Internationale Geschichte an der Universität Trier und Sprecherin des Internationalen Graduiertenkollegs „Diversity: Mediating Difference in Transcultural Spaces“. Sie war bis März 2015 Präsidentin der Gesellschaft für Kanada-Studien.

Dr. Lisa Schaub arbeitet und lehrt am Lehrstuhl für Internationale Geschichte an der Universität Trier. Ihre Forschungsschwerpunkte bilden die Geschichte Kanadas im 19. und 20. Jahrhundert mit besonderem Fokus auf die Geschichte der indigenen Nationen.

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Für Clio-online verfasst von:

Ursula Lehmkuhl / Lisa Schaub

Ursula Lehmkuhl

Prof. Dr. Ursula Lehmkuhl ist Inhaberin des Lehrstuhls für Internationale Geschichte an der Universität Trier und Sprecherin des Internationalen Graduiertenkollegs „Diversity: Mediating Difference in Transcultural Spaces“. Sie war bis März 2015 Präsidentin der Gesellschaft für Kanada-Studien.

Dr. Lisa Schaub arbeitet und lehrt am Lehrstuhl für Internationale Geschichte an der Universität Trier. Ihre Forschungsschwerpunkte bilden die Geschichte Kanadas im 19. und 20. Jahrhundert mit besonderem Fokus auf die Geschichte der indigenen Nationen.