1. Geschichtswissenschaft und digitale Medien zu Afrika
1.1 Vorbemerkungen
Die Geschichtswissenschaft zu Afrika ist integraler Bestandteil der Afrikastudien im Sinne der „Area Studies“. Sie ist eng vernetzt mit der Ethnologie, den Sozialwissenschaften und der Afrikanistik als Sprachwissenschaft. Insofern wird dieser Guide immer wieder regionenspezifische Angebote vorstellen, die über die Geschichtswissenschaft als Fach hinausgreifen.
Umgekehrt gibt es viele digitale Ressourcen zur allgemeinen Geschichte, in denen auch wertvolle Informationen zu Afrika zu finden sind. Für diese sei auf die übergreifenden und Epochen-Guides verwiesen. Der Guide setzt allgemein einen Schwerpunkt auf das subsaharische Afrika und im ersten Teil auf Infrastruktur und Projekte in Deutschland.
Die Größe des Kontinents, die teils schwierige politische Lage in einzelnen Ländern und die damit verbundene Unzugänglichkeit für ForscherInnen geben den digitalen Medien eine besondere Bedeutung. Ziel dieses Guides ist es, einen Überblick über die wichtigsten digitalen Ressourcen zu geben, die die geschichtswissenschaftliche Forschung zu Afrika erleichtern. Obwohl nicht alle Spezialangebote aus und zu einzelnen Ländern vorgestellt werden können, sollen zumindest Wege zu diesen Ressourcen aufgezeigt werden.
1.2 Institutionelle Infrastrukturen
Im disziplinären Feld der Geschichtswissenschaften hat die Geschichte Afrikas traditionell eine Randposition inne. In Deutschland befassen sich Professuren derzeit an neun Standorten mit der Geschichte Afrikas. In Berlin, Bayreuth, Hamburg, Hannover und Leipzig sind sie explizit als Afrika-Lehrstuhl bzw. -Professur bezeichnet und an vier weiteren zur außereuropäischen Geschichte bzw. Imperialismusgeschichte durch persönliche Schwerpunktsetzungen; beispielsweise an den Universitäten Duisburg-Essen, Düsseldorf, Kassel und Köln.
Im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD) gibt es einen Arbeitskreis Außereuropäische Geschichte. Auf dessen Website wird konstatiert: „Trotz des generell wachsenden Interesses an einer ‚globaleren‘ Geschichtswissenschaft sowie der Ausweitung der außereuropäischen Geschichte durch einige Stellen, die Beteiligung an Drittmittelverbünden und interdisziplinären Studiengängen, ist die Situation der außereuropäischen Geschichte weiterhin verbesserungsbedürftig. Dies bezieht sich auf die unzureichende Zahl der Lehrstühle, Professuren und Stellen im akademischen Mittelbau ebenso wie auf die weiterhin bestehende Notwendigkeit, außereuropäische Aspekte stärker in unser nationales bzw. ‚europäisches‘ Geschichtsbewusstsein (zum Beispiel im Geschichtsunterricht) mit einzubinden.“[12]
Dazu tritt eine weitere Herausforderung: Neuere Ansätze der transnationalen Geschichtsschreibung sowie der „Global History“ beziehen Afrika als eine Region unter vielen mit ein und dekonstruieren umgekehrt Europa ebenfalls als eine Region unter vielen. Der Verband CrossArea e.V. versteht sich einerseits als eine Art Dachverband für die Area Studies und andererseits explizit als Verband für Transregionale Studien, Vergleichende Area Studies und Global Studies. Er entstand in dem Kontext der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Zentren für Regionalstudien. Konkret entstanden die Projekte Afrikas Asiatische Optionen (AFRASO) in Frankfurt am Main und „Zukunft Afrika“ in Bayreuth, vermarktet unter dem Namen Bayreuth Academy of Advanced African Studies. Ob während der vierjährigen Projektförderung die Universitäten und insbesondere deren Institute, Curricula und Graduiertenprogramme strukturell verändert werden können, ist fraglich, zumal die für die Universitäten zuständigen Länder im Gegensatz zum Wissenschaftsrat und dem BMBF kein so ausgeprägtes geopolitisches Interesse haben.
Auch im Bereich der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereiche (SFB) lässt sich ein Wandel weg von regional orientierten hin zu transregional-vergleichenden beobachten. Zu nennen wären zum Beispiel der SFB 640 „Repräsentationen sozialer Ordnungen im Wandel: Interkulturelle und intertemporäre Vergleiche“ an der Humboldt-Universität zu Berlin oder der SFB 950 „Manuskriptkulturen in Asien, Afrika und Europa“ an der Universität Hamburg. Immerhin hat die Bewilligung von Sonderforschungsbereichen seit Mitte der 1980er-Jahre in Deutschland die großen universitären Afrika-Zentren mit mehreren Professuren aus unterschiedlichen Disziplinen stabilisiert.[17] Dazu traten oder treten auch Graduiertenkollegs sowie im Bayreuther Fall eine Graduiertenschule im Rahmen der Exzellenzinitiative (Bayreuth International Graduate School of African Studies - BIGSAS). Viele der Afrikastandorte sind seit 2011 über Einzelprojekte an dem in Halle und Leipzig koordinierten DFG Schwerpunktprogramm 1448 Adaption und Kreativität in Afrika – Technologien und Bedeutungen in der Produktion von Ordnung und Unordnung beteiligt. Die VolkswagenStiftung schließlich fördert schon seit über zehn Jahren „Kooperative Forschungsvorhaben im sub-saharischen Afrika“ unter dem Titel Wissen für morgen und möchte dabei vor allem die Wissenschaft in Afrika durch „capacity building“ stärken.
Viele der Afrika-HistorikerInnen sind in der Vereinigung für Afrikawissenschaften in Deutschland e.V. (VAD) aktiv.[21] Die Vielfalt und Größe des afrikanischen Kontinents treten aber immer nur punktuell in den Blick der Forschung. Die ForscherInnen kennen sich untereinander sehr gut, es kommt kaum zu Überlappungen bei den Forschungsinteressen und den untersuchten Regionen. Gleichzeitig ist die deutsche Afrikawissenschaft vielfach international vernetzt.
Die VAD befasst sich seit 2012 verstärkt mit Infrastrukturfragen und kommt damit der Aufforderung des Wissenschaftsrates nach, die dieser in den „Empfehlungen zu den Forschungsinfrastrukturen in den Geistes- und Sozialwissenschaften“ von 2011 geäußert hatte.[22] Mehrere Sitzungen der Afrika-Infrastruktur-Akteure in Deutschland führten nicht nur zu einer stärkeren Vernetzung, sondern auch zu einer inhaltlichen Arbeit. Beispielsweise wurden für die VAD-Website alle Institutionen und digitalen Archive per Umfrage erfasst. Außerdem wurden allgemeine „Leitlinien zu Forschungs- und Informationsinfrastrukturen“ erarbeitet und diskutiert. In den Leitlinien geht es zum Beispiel darum, dass die VAD auch eine Digitalisierung von Beständen wünscht, die nicht in konkrete Forschungsprojekte eingebunden sind, sondern rein aus Gründen der Bestandserhaltung erfolgen sollten (zum Beispiel Musikkassetten mit afrikanischer Musik).
Im Juni 2014 machte sich die Mitgliederversammlung in Bayreuth diese Leitlinien zu eigen und beschloss die Einrichtung eines ständigen Infrastrukturausschusses. Die Vernetzungsaktivitäten sollen insbesondere ab 2016 durch den Fachinformationsdienst (FID) Afrikastudien unterstützt werden, der das ehemalige Sondersammelgebiet (SSG) Afrika südlich der Sahara an der Universitätsbibliothek (UB) Frankfurt am Main ablöst. Geplant sind regelmäßige Workshops sowie Beratungen und Schulungen vor allem zur Unterstützung der Infrastrukturen an kleineren Standorten. Beratungsdienstleistungen bieten sich vor allem in den Bereichen Informationskompetenz, Metadatenstandards, Forschungsdaten und Open Access an. Hierbei gilt es auch an anderen Standorten vorhandene Kompetenzen miteinzubeziehen, etwa zu den Forschungsdaten das Bayreuther DEVA Projekt oder im Bereich der Musik das Afrikanische Musikarchiv in Mainz. Von der VAD Arbeitsgruppe gewünscht war außerdem ein Austausch über Ethikfragen, etwa bei der digitalen Zugänglichmachung von Fotografien mit kulturell sensiblen Inhalten. Neben den Workshops sollen dazu auch Materialien für die VAD Website erarbeitet werden.
Neben VAD und VHD sind gerade für die international eng vernetzten Afrika-HistorikerInnen auch die Veranstaltungen und Materialien der Société française d’histoire des outre-mers sowie der African Studies Association of the UK (ASAUK) von Bedeutung.
Afrika-HistorikerInnen in Deutschland haben sich bisher mit digitalen Medien eher am Rande beschäftigt. Die großen Ausnahmen bilden hier Dierk Lange mit seinem eigenen Schrifttum und anderen Quellen und Adam Jones mit Missionsfotografien.
Etwa seit dem Jahr 2000 hat die Förderung der DFG dem Bereich der digitalen Bildmedien in Deutschland neuen Schwung verliehen: 53.000 Bilder des ursprünglich von der Deutschen Kolonialgesellschaft (DKG) begonnenen Kolonialen Bildarchivs wurden von der UB Frankfurt am Main mit Fördermitteln der DFG seit Ende der 1990er-Jahre verfilmt und bis 2004 digitalisiert. Insgesamt zeigen mindestens 48.000 historische Fotografien Motive aus Afrika. In das Projekt einbezogen wurden auch Bilder der Sam Cohen Library in Swakopmund, Namibia.
In Deutschlands ältestem ethnologischem Forschungsinstitut, dem Frobenius Institut in Frankfurt, wurden mit finanzieller Hilfe der DFG zwischen 2006 und 2009 die Bildarchive – inklusive des berühmten Felsbildarchivs – digitalisiert. Über 70.000 Bilder (Fotografien, Aquarelle usw.), die zwischen 1830 und 1964 auf diversen Forschungsexpeditionen auch nach Afrika entstanden, sind mit Thesauri umfangreich sachlich erschlossen und seit 2009 online zugänglich. 2014 wurde außerdem ein Digitalisierungsprojekt der Archivbestände zu den Äthiopienstudien begonnen.
An der Universität Bayreuth wird seit 2008 das Projekt Digitalisierung Edition Vernetzung in den Afrikawissenschaften (DEVA) mit dem erklärten Ziel betrieben, ein zentrales digitales Archiv der unterschiedlichsten Primärdaten der Forschung (wie Aufzeichnungen und Notizbücher zu Feldforschungen, Interviews, Bild- und Tondokumente, Videos usw.) aufzubauen. Bislang dominieren die Bild- und Tondokumente, so zum Beispiel diejenigen des Afrikanisten und Theologen Ernst Dammann (1904–2003) von Forschungsreisen in Kenia, Tansania, Namibia und Südafrika 1933–1975, des Ethnologen Otto Friedrich Raum (1903–2002) zu Südafrika, Tansania, Sambia und Simbabwe 1938–1968 sowie des Ethnologen Professor Gerd Spittler in Nord- und Westafrika seit 1967. Wegweisend ist der Ansatz, für das Institut für Afrikastudien und BIGSAS Dokumentationsstätte der laufenden Forschungsarbeiten zu sein bzw. zu werden.
Für ZeithistorikerInnen interessant ist das am Institut für Ethnologie und Afrikastudien an der Universität Mainz 2010 entstandene Bildarchiv Afrikanische Unabhängigkeitsjubiläen. Neben ethnographischem Material bietet es vor allem Fotografien über die Unabhängigkeitsfeiern in zwölf afrikanischen Ländern (Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Demokratische Republik Kongo, Gabun, Ghana, Kamerun, Madagaskar, Mali, Namibia, Nigeria und Tansania).
1.3 Herausragende thematische Websites und digitale Publikationen
Als digitaler Ersteinstieg bietet sich seit 2014 das von der Bibliothek des African Studies Centers (ASC) in Leiden, Niederlande, aufgebaute Länderportal Information about African Countries an. Übersichtlich gruppiert werden pro Land frei zugängliche Nachrichtenportale, Statistik-Quellen, Website-Verzeichnisse, Publikationen, Karten und Bildquellen präsentiert. Obwohl die eigentliche Zielgruppe die interessierte Öffentlichkeit ist, stellt es ein nützliches Werkzeug auch für Afrika-HistorikerInnen insbesondere zur ersten Orientierung dar.
Zur vertieften Informations- und Literaturrecherche sollten bei jedem Forschungsprojekt zumindest die folgenden beiden Angebote konsultiert werden: Die internet library sub-saharan Africa (ilissAfrica) eröffnet den Zugang zu über 5.000 Websites aus und über Afrika, die ausführlich mit Zusammenfassungen, Schlagworten und Klassifikationen erschlossen werden. Die Auswahl und die ausführliche, standardisierte Erschließung bieten einen deutlichen Mehrwert gegenüber allgemeinen Suchmaschinen. Die Internetquellen können gleichzeitig mit mehreren Bibliothekskatalogen (ASC Leiden, Nordic Africa Institute (NAI) in Uppsala, Institut für Ethnologie und Afrikastudien, Mainz, und der Afrika-Fachbibliothek im German Institute of Global and Area Studies (GIGA) Informationszentrum) und mit den Datenbanken World Affairs Online (Afrika-Ausschnitt), Online Contents kostenlos durchsucht werden. Ebenfalls in die Suche eingebunden sind das Koloniale Bildarchiv der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main und die Bielefeld Academic Search Engine (BASE). Letztere ist eine Suchmaschine für meist frei zugängliche wissenschaftliche Dokumente im Internet (im Sinne des Open Access) und wird von der Universitätsbibliothek Bielefeld betrieben.
Für ilissAfrica besonders interessant sind die über 30 Repositorien aus Afrika (zum Beispiel SUNScholar), die Zeitschriftendatenbank African Journals Online (AJOL) sowie europäische und amerikanische Angebote wie Cairn, Persée und Gallica sowie die digitalen Bibliotheken der School of Oriental and African Studies (SOAS), London School of Economics and Political Science, Michigan, Illinois, Indiana und Harvard Universities. Auf diese Art und Weise lassen sich einerseits immer mehr frei zugängliche digitale Forschungsarbeiten und andererseits die Ergebnisse von Digitalisierungsprojekten mit historischem Quellenmaterial gemeinsam mit aktueller Literatur über ilissAfrica finden. Verteilte Ressourcen werden zeitsparend zusammengeführt und eine Vielzahl von Medientypen mit einer Suche gleichzeitig gefunden. Für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der VAD wird eine ForscherInnen-Datenbank angeboten. Sie dient nicht nur der Netzwerk-Bildung untereinander, sondern gibt auch potentiellen Arbeitgebern einen Überblick zu Regional-, Sprach- und Themenexperten. ilissAfrica ist ein Projekt der Afrika-Abteilung der UB Frankfurt am Main in Zusammenarbeit mit der Afrika-Fachbibliothek im GIGA Informationszentrum in Hamburg. Der Aufbau wurde zwischen 2007 und 2012 von der DFG gefördert.
Das zweite mächtige Recherchewerkzeug ist die von der National Information Services Corporation South Africa angebotene und inzwischen auf der EBSCOhost-Plattform aufliegende Datenbank Africa-Wide Information (ehemals Africa-Wide: NiPAD). Sie vereint mehr als 40 Einzeldatenbanken unter einer gemeinsamen Recherche-Oberfläche. In den über 3,5 Mio. Einträgen sind Bücher, Aufsätze, Zeitungsartikel (viele im Volltext), Radio- und Fernsehsendungen, Karten, Musikaufnahmen und vieles andere mehr verzeichnet. Die Integration wichtiger Bibliothekskataloge, Verlagsangebote (zum Beispiel des African Books Collective) und spezieller Literaturdatenbanken macht Africa-Wide Information zu einem unverzichtbaren Hilfsmittel bei der Literaturrecherche zur Region. Die Datenbank wird mit DFG-Förderung von der UB Frankfurt am Main auf der Pay-per-Use-Plattform der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB) in München angeboten, um kostengünstige Recherchen in dieser wichtigen laufenden Bibliografie zu ermöglichen. Von jedem Ort Deutschlands aus können EinzelnutzerInnen für ein geringes Entgelt zeitlich begrenzt auf sie zugreifen (EUR 5,- für sechs Stunden). Erforderlich ist dafür eine persönliche Registrierung.
1.4 Hilfsmittel zur Vermittlung von Informationskompetenz in den Afrikastudien
Ferner soll auf einige digital zugängliche Hilfsmittel zur Vermittlung von Informationskompetenz hingewiesen werden, die das Selbststudium der Afrika-ForscherInnen ermöglichen. Insbesondere seien hier so genannte Tutorials und Guides vorgestellt, die für weitere Angebote bzw. für bestimmte Medientypen sehr viel mehr in die Tiefe gehen können:
Die Bibliothek des NAI in Uppsala hat 2014 schon die dritte Auflage des gut lesbaren und frei zugänglichen E-Books Studying Africa. A Guide to the Sources herausgegeben. Besonders wertvoll sind die Kapitel zu Statistiken und dem amtlichen Schrifttum. Die zweite Auflage enthält den immer noch nützlichen Beitrag von Tore Linné Eriksen The History of Africa[66].
Der ursprünglich von Hans Zell herausgegebene African Studies Companion ist seit 2012 eine reine Online-Publikation im Brill-Verlag geworden. Das inzwischen von Marie-José Wijntjes betreute Standardwerk enthält über 1.800 thematisch gruppierte Einträge etwa zur Kartographie, zu afrikanischen Tageszeitungen oder zu den Nationalarchiven in Afrika.
Einen mehr am Universitätsalltag orientierten Ansatz bietet das Wiki-Tutorial African Studies-Informationskompetenz des Frankfurter SSG Afrika südlich der Sahara, welches die Ressourcen nach unterschiedlichen Zielsetzungen gruppiert vorstellt. Den „Ersten Einstieg“ in ein Thema ermöglicht die Literatur vor Ort in der lokalen Bibliothek. Der Abschnitt „Schneller Überblick“ beantwortet die Frage, wie man den aktuellen Forschungsstand zu einem Thema schnell ermittelt – etwa indem man die Einleitungen aktueller amerikanischer Dissertationen über die Volltextdatenbank ProQuest Dissertations & Theses konsultiert.[69] Der Bereich „Vollständige Bibliographie“ schließlich hilft bei der Erstellung von Abschlussarbeiten, so dass keine wichtige Literatur übersehen wird. Angestrebt ist eine stärker praxisorientierte, pädagogische Weiterentwicklung durch den Einsatz in Datenbankschulungen mit Studierenden und Doktoranden.
Im Frankfurter SSG entstehen darüber hinaus sehr spezielle Guides im ilissAfrica Blog etwa zur Recherche von Rezensionen oder auch zu der Frage, wie man eigentlich Zeitschriftenartikel in den African Studies Journals schreibt und unterbringt.
Abschließend sei noch auf die eher kursbezogen organisierten LibGuides der amerikanischen Afrika-Bibliotheken hingewiesen, von denen manche thematische Schwerpunkte wie etwa die Apartheid haben.
2. Digitale Informationsressourcen und Medien zu Afrika
2.1 Fachbibliographien und Bibliotheksangebote
Fachbibliographien
Eine laufend fortgeführte, umfassende Online-Bibliografie speziell zur Geschichte Afrikas existiert nicht. Stattdessen gibt es Bibliografien zu den Afrikastudien, die auch Kapitel zur Geschichte enthalten:
Seit 2012 gibt es die vom International African Institute (IAI) herausgegebene Africa Bibliography auch als kostenpflichtige Online-Ausgabe. Die 2013 erschienene Ausgabe des Berichtsjahrs 2012 wertete 700 Zeitschriften aus. Über die „Full Search“ können alle mit der „Subject“-Klassifikation „History“ erfassten Titel angesehen werden.[76]
Die an der SOAS regelmäßig herausgebene International African Bibliography (IAB) ist bei De Gruyter online aufgelegt. Außer dem jeweils aktuellen Jahrgang ist diese Bibliografie mit Mitteln der DFG als so genannte Nationallizenz bundesweit zugänglich. Nach Großregionen unterteilt findet sich immer auch ein Abschnitt zu „History and Archaeology“, in dem dann jeweils erst Artikel und dann Bücher nachgewiesen werden. IAB informiert über mehr als 4.000 Veröffentlichungen jährlich; die Artikel stammen aus 1.150 Zeitschriften.
Die anfangs im Baywood Verlag vierteljährlich herausgebene A current bibliography on African Affairs hat zwar eher einen Fokus auf Medizin und Biologie, wertet aber beispielsweise auch The International journal of African historical studies aus.
Die in der Bibliothek des ASC Leiden erstellten African Studies Abstracts Online (ASA Online) beschränken sich bei der Auswertung viel stärker auf Afrika-Zeitschriften (260 werden ausgewertet und 150 mit Abstracts versehen). Es gibt auch einen Index, der zu den geschichtswissenschaftlichen Titeln führt, der Schwerpunkt des ASC liegt aber eher auf den Sozialwissenschaften. Alle Nachweise der Bibliografie finden sich auch im Bibliothekskatalog des ASC Leiden und damit auch in ilissAfrica. ASA Online wird in Zukunft durch den Leiden Alert Service African Studies (LASA) abgelöst werden, der sich aus dem Katalog, dem lokalen Dokumentenserver und der Datenbank Connecting Africa speist. NutzerInnen werden entweder per Email oder per RSS-Feed über neue Titel zu gewünschten Themen und/oder Ländern unmittelbar nach der Erfassung automatisch informiert. Für die Themenauswahl liegt der African Studies Thesaurus – ein strukturiertes Vokabular mit 12.500 englischsprachigen Begriffen – zugrunde.
Ebenfalls in Leiden wird die freie, interdisziplinäre Bibliografie AfricaBib. Africana Periodical Literature angeboten. In ihr vereinen sich drei früher selbständig geführte Ressourcen: Grundlage ist die zwischen 1974 und 2008 von Davis Bullwinkle, University of Arkansas-Little Rock, erstellte Bibliographie Africana Periodical Literature. Dazu kam 2011 der Quarterly Index of African Periodical Literature (QIAPL). Zwischen 1991 und 2011 wertete das Büro der Library of Congress in Nairobi über 300 zumeist wissenschaftlichen Zeitschriften aus, die in 29 Ländern Afrikas erscheinen. Schließlich wurden die Artikel aus dem Katalog des ASC Leiden in die AfricaBib-Datenbank integriert. Insofern ist hier die gleichzeitige Recherche in drei wertvollen bibliografischen Quellen möglich. Die Sucheinschränkung auf die Sachklassifikation „History“ hilft dabei sehr.
Die Afrika-Fachbibliothek des GIGA veröffentlicht vierteljährlich die Online-Bibliografie GIGA dok-line Afrika zu aktuellen Themen. Gerade für die Zeitgeschichte, für jüngere politische Konflikte aber auch für die Folgen der Apartheid und des Kolonialismus allgemein sind diese frei zugänglichen Bibliografien einschlägig.
Lokal in Afrika produzierte Dissertationen sind über die kostenpflichtige Database of African Theses and Dissertations (DATAD) ermittelbar. Sie verzeichnet Abschluss- und Doktorarbeiten afrikanischer Universitäten mit grundlegenden bibliografischen Informationen (Titel, Autor, Abschluss, Jahr, Betreuer, Universität) und mit einer ausführlichen Zusammenfassung. DATAD ist ein Projekt der Association of African Universities (AAU) zusammen mit elf Universitäten unter anderem in Kampala, Accra, Dar es Salaam und Yaounde.
Für weitergehende Recherchen lohnt es sich, darüber hinaus übergreifende geistes- und sozialwissenschaftliche Bibliografien zu konsultieren, die nicht auf Afrika spezialisiert sind und die man auf den ersten Blick vielleicht für Afrika-HistorikerInnen als nicht ergiebig einschätzt, die aber relevantes Material nachweisen. Genannt seien hier nur sehr knapp die Internationale Bibliographie der geistes- und sozialwissenschaftlichen Zeitschriftenliteratur (IBZ) (mit einer systematischen Sacherschließung der Aufsätze bei De Gruyter als IBZ-ONLINE angeboten), wiso, International bibliography of the social sciences (IBSS) und die als Nationallizenz bundesweit zugängliche und sehr mächtige Datenbank Sociological Abstracts (CSA). Abschließend sei noch auf das lizenzpflichtige Web of Science (WoS) und dort insbesondere die Core Collection hingewiesen. Diese Datenbank beschränkt sich auf die weltweit führenden, häufig zitierten Zeitschriften – die so genannten Kernzeitschriften – eines breiten Fächerspektrums. Es werden auch die Literaturangaben der Bibliografie eines Artikels (also die Fußnoten) erfasst. Damit lässt sich die Zitierhäufigkeit eines Werkes oder eines Autors in den Kernzeitschriften ermitteln und quasi durch die Forschung „surfen“: Mit Hilfe der Zitate eines Artikels kann die Forschungsentwicklung retrospektiv (nach hinten) verfolgt werden („cited references“). Über die Liste der Aufsätze, die einen Artikel zitiert haben, lässt sich die Forschungsentwicklung aber auch prospektiv (nach vorne) verfolgen („times cited“). Durch den Schwerpunkt auf die Kernzeitschriften ermöglicht die Datenbank den Schnelleinstieg zu einem Thema: Die einschlägige Literatur aus anerkannten, qualitätsgeprüften Zeitschriften wird rasch gefunden. Schließlich können Standardwerke über ihre Zitierhäufigkeit ermittelt werden.
Für die genannten kostenpflichtigen Ressourcen kann sich durchaus eine Recherchereise in die nächste große Bibliothek lohnen, die diese Produkte lizenziert hat.
Bibliothekskataloge
Die Afrika-Bibliotheken in Deutschland und teilweise auch in Europa können direkt und indirekt über ilissAfrica zielführend recherchiert werden. Zu jedem Treffer eines Buches wird ein „Verbünde“-Button angeboten, mit dem der lokale Bestand in allen deutschen Bibliotheksverbünden angezeigt wird.
Der WorldCat beinhaltet in einem Katalog die Bestände von über 10.000 Bibliotheken weltweit mit über 2 Milliarden Bestandsnachweisen. Hier lassen sich beispielsweise auch die Bestände der starken amerikanischen Afrika-Bibliotheken wie etwa der Northwestern University recherchieren. Afrikanische Bibliotheken sind bisher allerdings deutlich unterrepräsentiert, bisher nehmen vor allem südafrikanische Universitätsbibliotheken teil.
Wer es noch breiter mag, kann schließlich im Karlsruher Virtueller Katalog (KVK) auch noch viele weitere internationale Verbundkataloge bis hin zu digitalen Repositorien wie dem Internet Archive durchsuchen. Für die Suche nach einem bekannten und evtl. schwer zugänglichen Titel ist dies ein gangbarer Weg, für eine freie thematische Literaturrecherche zur Geschichte Afrikas aber weniger zielführend.
2.2 Webkataloge und Suchmaschinen
Neben dem mit der ausführlichsten Sacherschließung versehenen Fachkatalog zu Websites von ilissAfrica dienen die folgenden, teils schon lang etablierten, fachübergreifenden Regionalportale als Einstieg zur Recherche nach weiteren, spezifischen Websites auch zur Geschichte Afrikas:
In den USA angeboten und regelmäßig gepflegt werden Africa South of the Sahara: Selected Internet Resources von Karen Fung, Stanford University Libraries; African Studies Internet Resources als Teil der WWW Virtual Library von Joseph Caruso, Columbia University; Directory of Africa & African Studies betrieben von Peter Limb und Ibra Sene, Michigan State University, unter dem Titel An A-Z of African Studies on the Internet.
Spezielle Links zu Quellen zur Geschichte Afrikas bietet der Research Guide to Primary Sources der University of Washington sowie das Internet African History Sourcebook von Paul Halsall an der Fordham University, New York, mit Links zu einzelnen, verteilt vorgehaltenen Dokumenten. Aus historischer Sicht ebenfalls nützlich ist die Linkliste Africa: Internet links der British Library.
Eine etwas andere Form der thematischen Linklisten sind so genannte Web dossiers, die das ASC Leiden auch zu zeithistorischen Themen (zum Beispiel „The Rwandan Genocide: Twenty Years On“, „Nelson Rolihlahla Mandela, 1918–2013“, „The African National Congress at 100“) erstellt. Neben ausgewählten Websites werden auch wichtige Publikationen zum Thema benannt. Auch das NAI in Uppsala arbeitet mit dieser Form (zum Beispiel „African states celebrating 50 years of independence” und „Local history of Ethiopia”).
2.3 Archive
Einschlägig zur Kolonialgeschichte Afrikas sind die jeweiligen Nationalarchive der ehemaligen Kolonialmächte. Inzwischen bieten einige von ihnen online Findmittel oder auch Rechercheanleitungen zu bestimmten Themen:
Die National Archives in Großbritannien bieten die folgenden Themenratgeber an: Colonies and dependencies, Empire and Commonwealth records held in the UK and overseas, Maps and plans of lands abroad, Slavery and slave owners und Soldiers in African forces under British control. Bei den einzelnen Guides werden auch direkt online zugängliche Quellen angeboten, wie zum Beispiel die British Cabinet papers mit Bezug zu den Kolonien.
Das Bundesarchiv ermöglicht mit ARGUS die Suche in der Beständeübersicht und in den Online-Findbüchern. Für die deutsche Kolonialgeschichte einschlägig sind die Bestände Reichskolonialamt (1832–1945, R 1001), Behörden des Schutzgebietes Deutsch-Südwestafrika (1886–1939, R 1002), Behörden des Schutzgebietes Deutsch-Ostafrika (1893–1916, R 1003) sowie Deutsche Kolonialgesellschaft (1887–1936, R 8023).
Weitere Archive und insbesondere die Nationalarchive in Afrika finden Sie über das Verzeichnis von ilissAfrica.
Vorbildlich ist das Endangered Archives Programme der British Library zum Erhalt bedrohter, vor allem kleinerer Archive weltweit. Die Förderung sieht neben der Bestandssicherung durch Digitalisierung auch Sicherheitskopien in anderen Archiven vor. Über eine Karte findet man schnell die Afrika-Projekte wie zum Beispiel Northern Nigeria: Precolonial documents preservation scheme, Shrines of Accra: Witchcraft trial records at Nai, Korle and Sakumo We, Accra, Ghana, oder Safeguarding Gambia, Casamance and Guinea-Bissau's oral histories: The Oral History Archive at Fajara, The Gambia.
Für Südafrika seien schließlich noch zwei besondere digitale Archive von übergreifender Bedeutung hervorgehoben:
Das Nelson Mandela Digital Archive des Nelson Mandela Centre of Memory entstand durch eine Google-Förderung und bietet Briefkorrespondenz, Tagebücher und weitere Quellen. Das Archiv Historical Papers in der William Cullen Library der Wits University wurde 1966 gegründet. Es beherbergt heute über 3.000 verschiedene Sammlungen und damit eines der größten und umfangreichsten unabhängigen Archive im südlichen Afrika. Als Findmittel stehen die Collections Database sowie einige thematische Guides etwa zu den Anglican Church Collections zur Verfügung. Mit finanzieller Unterstützung der Atlantic Philanthropies Foundation und der Carnegie Corporation sind einige Sammlungen inzwischen auch digitalisiert worden (Digitised Collections).
2.4 Kommunikationsdienste, Blogs, Social Media
Für die Zusammenarbeit der ‚Scientific Community‘ ist ein stetiger Informationsfluss über Termine, Konferenzen, Stipendien, Neuerscheinungen, Rezensionen usw. notwendig:
Ankündigungen sowie Rezensionen werden über die klassische Mailingliste H-Africa als Fachforum und moderierte Informations- und Kommunikationsplattform für Afrika-HistorikerInnen verschickt. Die Liste ist Teil des H-Net - Humanities & Social Sciences Online, einem internationalen Zusammenschluss von WissenschaftlerInnen der Geistes- und Sozialwissenschaften. Weitere Rezensionen historischer Studien finden sich bei Clio-online im Bereich Historische Rezensionen Online, bei recensio.net sowie in der kostenpflichtigen Datenbank Internationale Bibliographie der Rezensionen geistes- und sozialwissenschaftlicher Literatur (IBR).
Einen anderen Ansatz, die Nachrichtenströme möglichst übersichtlich zu präsentieren, verfolgt beispielsweise der als ilissAfrica-Zusatzdienstleistung angebotene Current Awareness Service bei Netvibes. Mittels der Einbindung von RSS-Feeds werden auf einer Seite automatisiert und hochaktuell die aktuellen Nachrichten etwa des Portals allAfrica.com (Nachrichten von über 130 afrikanischen Zeitungen) zusammen mit den Afrika-Nachrichten der BBC, der New York Times, der Zeitung Mail&Guardian und vieler anderer Quellen präsentiert. Ein weiterer Reiter bündelt die aktuellen Inhaltsverzeichnisse der großen wissenschaftlichen Afrika-Zeitschriften und andere Unterseiten informieren über Veranstaltungen und Neuerscheinungen.
Afrika-HistorikerInnen vernetzen sich auch in den sozialen Netzwerken, wie beispielsweise der Gruppe Historians of Africa bei Facebook. Auf Twitter gibt es eine ganze Bandbreite von Kommunikationsformen: Da sind einzelne ForscherInnen, die privat und/oder zu ihrem Thema „zwitschern“, es gibt Institutionen, wie beispielsweise das Centre for European and International Studies Research der University of Portsmouth mit dem Thema Researching & teaching Francophone Africa (@UoP_Francophone) bis hin zur südafrikanischen Archival Platform (@the_archive) mit Informationen zu Archiven und Museen in Südafrika und darüber hinaus. Ebenfalls auf Twitter vertreten sind die amerikanische African Studies Association (@ASANewsOnline)[122] und der UK Libraries & Archives Group on Africa (@Scolma)[123]. Über die Twitter-Accounts kommt man in der Regel auch zu klassischen Websites mit weiteren dauerhaft relevanten Inhalten. In Twitter gibt es darüber hinaus auch noch die Aggregationsform der Liste: Beispielsweise versammelt die ilissAfrica-Liste libraries-institutions Neuigkeiten von Bibliotheken und Forschungseinrichtungen der African Studies.
Ausführlichere Neuigkeiten über Afrika-Datenbanken, Open Access-Ressourcen, Massive Open Online Courses (MOOCs) und den digitalen Wandel in Bezug auf Afrika insgesamt finden sich auch im ilissAfrica-Blog sowie im an der University of Florida betriebenen Blog African Studies library. Resources for African Studies academic research and teaching.
Zur Vernetzung dienen zudem die anerkannte Expertendatenbank AMESA - Directory of Scholars of Africa, the Middle East, and South Asia (ehemals IDASS) an der Columbia University sowie das in Leiden betriebene Angebot zur Personen- und Kontaktsuche Connecting@Africa – letzteres zwar mit einem Schwerpunkt auf den Niederlanden, aber mit vielen Experten aus Gesamteuropa. Zur Vernetzung der jüngeren WissenschaftlerInnen in Deutschland ist die Nachwuchsdatenbank der VAD auf ilissAfricagedacht.
2.5 Digitale Nachschlagewerke
Eine große Herausforderung für die Afrika-HistorikerInnen ist es, verlässliche und zitierbare biografische Informationen, exakte Bevölkerungszahlen sowie andere statistische und politische Daten zu afrikanischen Staaten zu bekommen.
Für aktuelle Länderinformationen eignet sich in besonderer Weise das kostenpflichtige Portal Munzinger Online: Wann lebte und regierte eine bekannte Politikerin? Wie heißen die beiden Kongos eigentlich offiziell? Wie groß ist die Fläche Kameruns im Vergleich zu Deutschland? Antworten auf solche und ähnliche Fragen lassen sich schnell mit dem wöchentlich aktualisierten und von einer erfahrenen Redaktion gut recherchierten Munzinger Online beantworten.
Lebensdaten und weitere biografische Informationen (Beruf, Wirkungsort, …) von 88.000 Personen lassen sich mit dem Afrikanischen Biographischen Archiv (AfBA) ermitteln. 233 biografische Nachschlagewerke, die zwischen 1807 und 1993 erschienen sind, wurden hier zitierfähig ausgewertet. AfBA ist Teil des World Biographical Information System (WBIS), mit dessen Hilfe auch andere internationale Archive, zum Beispiel das Britische Biographische Archiv, gleichzeitig durchsucht werden können. Die Archive sind in Deutschland als DFG-finanzierte Nationallizenzen von allen wissenschaftlichen Institutionen aus und für registrierte Personen von zu Hause aus frei zugänglich.
Weitere Länderinformationen sind über die Datenbanken CIA World Factbook, die Nationallizenzen Columbia International Affairs Online und die Country Reports der Economist Intelligence Unit (EIU) erhältlich. Das frei zugängliche Länder-Informations-Portal (LIPortal) der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat zwar einen Schwerpunkt auf Themen der internationalen Zusammenarbeit, bietet aber zu jedem afrikanischen Land immer auch einen konzisen Abriss der Geschichte teils mit multimedialen Elementen und immer mit weiteren Links. Speziell für politische Konflikte und Bürgerkriege bietet die freie Datenbank des Uppsala Conflict Data Program die UCDP Conflict Encyclopedia an, ein Nachschlagewerk mit detaillierten Informationen zu den jeweiligen Akteuren und Friedensvereinbarungen.
Mit dem Titel Exploring Africa entstand an der Michigan State University eine interessante Sammlung didaktisch aufbereiteter Module zur Geschichte Afrikas für Studierende.
2.6 Digitale Quellen und Publikationen
Mit Hilfe von Fördermaßnahmen der DFG wurden seit 2004 abgeschlossene Text- und Datensammlungen erworben und als Nationallizenzen über das Internet für wissenschaftliche Nutzer in Deutschland kostenlos zugänglich gemacht. Der Zugriff auf diese Nationallizenzen erfolgt entweder über eine Hochschul- bzw. Forschungsbibliothek oder durch Einzelregistrierung.[140] Folgende Ressourcen beinhalten digitales Quellenmaterial zu Afrika:
Die Sammlung Empire Online enthält Quellen- und Datenmaterial in thematischer Gruppierung zum gesamten Themenbereich Kolonialismus und Imperialismus in Großbritannien. Zu fünf thematischen Sektionen (Cultural Contacts, 1492–1969; Empire Writing & the Literature of Empire; The Visible Empire; Religion & Empire; Race, Class, Imperialism and Colonialism 1607–2007) gibt es einführende wissenschaftliche Beiträge und Verknüpfungen zu einschlägigen digitalisierten Quellen: etwa 800 Reisebeschreibungen, Plakate, Karten, Fotografien, Briefe, Archivmaterialien usw.). Das Angebot lässt sich besonders gut für die Lehre an der Universität benutzen.
Das große Mikrofiche-Projekt Human Relation Area Files (HRAF) liegt inzwischen in einer Internet-Version vor: eHRAF World Cultures. Zu 200 ethnischen Gruppen (davon 50 zu Afrika) wurden ganze Bücher, ethnographische und teils historische Studien, Reisebeschreibungen und Feldforschungsdaten digitalisiert. Als Besonderheit muss die Indexierung einzelner Absätze innerhalb der enthaltenen Studien erwähnt werden. Die Umwandlung der Mikrofiche-Edition ist noch nicht abgeschlossen, weitere Ethnien werden ergänzt.
Die Volltextsammlung Corpus de la première littérature francophone de l'Afrique noire zur mündlich und schriftlich überlieferten frankophonen Literatur südlich der Sahara vom Ende des 18. Jahrhunderts bis 1960 umfasst rund 11.000 Texte aller Gattungen (Romane, Erzählungen, Gedichte, Dramen, Lieder, Sagen, Rätsel), darunter ein Großteil an seltenen und schwer zugänglichen Materialien. Rund 20 Länder und über 100 ethnische Gruppen werden abgedeckt. Neben den eigentlichen Texten beinhaltet die Datenbank auch den vollständigen kritischen Apparat sowie Anmerkungen und Kommentare der zugrunde liegenden Referenzausgaben. Gerade der Bereich mündliche Überlieferung ist auch für HistorikerInnen von großem Interesse.
Das Digital National Security Archive der U.S.A. bietet eine Sammlung von Primärdokumenten zur US-Außen- und Militärpolitik seit 1945. Hier ist besonders die Sammlung South Africa: The Making of U.S. Policy, 1962–1989 zu nennen.
Die Eighteenth Century Collections Online enthalten mindestens 450 digitalisierte Monographien – etwa die Reiseberichte von Francois LeVaillant und Mungo Park –, The Making of the Modern World schließlich über 500, zum Beispiel zu Liberia.
Die großen Nationalbibliotheken in den USA, in Frankreich und in England haben mit verschiedenen Digitalisierungsprojekten auch Material aus und über Afrika online verfügbar gemacht. Über Gallica als virtueller Bibliothek der Bibliothèque nationale de France wurden unter dem Titel Voyages en Afrique Berichte von Afrikareisenden verfügbar gemacht: 900 Textdokumente (teilweise ganze Bücher als Volltext), 30 Zeitschriften, 80 Landkarten, 20 Stunden Tonmaterial und 6.500 Fotos vom gesamten Kontinent. Die Library of Congress in Washington präsentiert in einer Online-Ausstellung Manuskripte in arabischer Schrift aus Timbuktu (Ancient Manuscripts: From the Desert Libraries of Timbuktu). In der World Digital Library sind 120 digitalisierte Originalquellen aus und zu Afrika zu finden.
Die von der Michigan State University aufgebaute African Online Digital Library (AODL) arrangiert mehrsprachiges und multimediales Quellenmaterial in Galerien. Innerhalb der West African Online Digital Library finden sich beispielsweise Textsammlungen über AIDS in West Afrika, Bilder über den Sufismus im Senegal und Tonaufnahmen in Pulaar mit Übersetzungen des Fuuta Tooro Oral History Projects.
Die Sammlung der University of Wisconsin mit dem Titel Africa Focus: Sights and Sounds of a Continent eröffnet den Zugang zu über 3.000 Dias, 500 Fotografien und 50 Stunden Tonmaterial aus 45 afrikanischen Ländern. Themen sind etwa Sklaverei und christliche Missionierung.
Das Portal Memória de África der Fundação Portugal-África in Zusammenarbeit mit der Universität von Aveiro verweist auf Volltextdokumente (Bücher, Zeitschriften) und viele alte Fotografien aus den lusophonen Ländern Afrikas, vorrangig zu Kolonialzeiten. Enthalten sind beispielsweise die Sammlungen Álbuns Fotográficos e Descritivos da Colónia de Moçambique, Arquivo Histórico de S. Tomé oder das Boletim Cultural da Guiné Portuguesa. Insgesamt sind es über 240.000 Seiten sowie 1.700 Bücher und Zeitschriften (darunter Boletim Cultural da Guiné Portuguesa, Boletim Cultural do Huambo und História Geral de Cabo Verde).
Digital Innovation South Africa (DISA) an der University of KwaZulu-Natal sammelt und digitalisiert historische Dokumente zur Geschichte in Südafrika. Hauptförderer war die Andrew W. Mellon Foundation, die zunächst die Digitalisierung von 45 Zeitschriften (wie FOSATU Worker News, Clarion Call, Grassroots oder African Communist) unter dem Titel South Africa’s Struggle for Democracy: Anti-Apartheid Periodicals, 1960–1994 finanzierte. In einer zweiten Förderphase kam multimediales Archivmaterial (Briefe, Poster, Interviews, Oral Histories, Reden usw.) zum Freiheitskampf und zur Gewerkschaftsbewegung dazu, jetzt unter dem Titel Southern African Freedom Struggles, c.1950–1994. Die umfangreichen Materialen wurden von WissenschaftlerInnen ausgewählt, sind online frei zugänglich und bilden eine erstrangige Quelle zur Geschichte Südafrikas.
Aufbauend auf DISA erweitert die internationale Initiative ALUKA das Projekt um Dokumente aus anderen Ländern der Region Südafrika unter dem Titel Struggles for Freedom in Southern Africa. ALUKA baut eine kostenpflichtige digitale Bibliothek mit Quellen- und Literaturmaterialien aus und über Afrika auf und versucht, eine sehr große Vielfalt an Quellen zusammenzubinden. Zusätzlich fördert und finanziert ALUKA Digitalisierungsprojekte in Afrika[161] und arbeitet daran, dort eine entsprechende nachhaltige Infrastruktur aufzubauen. Für HistorikerInnen von Interesse sind neben den 17.000 Objekten zum Freiheitskampf vor allem 30.000 digitale Objekte von World Heritage Sites – Africa (etwa 3D-Modelle). ALUKA ist inzwischen Teil von Journal Storage - The Scholarly Journal Archive (JSTOR) geworden.
Digitale Fotografien von dreidimensionalen Objekten bietet auch das Metropolitan Museum. Fotos von 588 Skulpturen aus Nigeria, 467 aus der Demokratischen Republik Kongo oder etwa 332 aus Mali sind in hoher Auflösung frei für wissenschaftliche Publikationen verfügbar.
Eine andere Form, Quellenmaterial zu präsentieren, sind Länderportale, die verschiedene Materialarten kombinieren: [164] ist eines der größten Portale zur Geschichte Südafrikas mit umfangreichem Quellenmaterial (zum Beispiel historischen Postkarten, Briefen, Interviews, Büchern) sowie diversen Zeitleisten.
Online einsehbare Scans von Zeitungsartikeln über die Zeitgeschichte Mosambiks zwischen 1960 und 2002 sowie Fotos gibt es auf der Website Mozambique History Net des Historikers Colin Darch.
Für die Politikgeschichte Afrikas sehr nützlich ist die am Konstanzer Lehrstuhl für Internationale Politik und Konfliktforschung entstandene Database of the Constitutions of Sub-Saharan Africa (DCSSA), die Verfassungstexte seit der Unabhängigkeit digital frei zugänglich macht.[167]
Im Bereich elektronischer Bücher gibt es zunehmend Institutionen und Verlage, die sich dem Open Access-Gedanken verschrieben haben, wie Beispielsweise der Council for the Development of Social Science Research in Africa (CODESRIA), der südafrikanische Verlag HSRC Press oder die UC Press E-Books Collection (1982-2004) der University of California Press mit 30 einschlägigen Titeln.OpenEdition Books ist eine Plattform für geistes- und sozialwissenschaftliche Bücher, von denen mehr als die Hälft frei zugänglich sind. Über diese Plattform sind auch einige Publikationen des Institut français de recherche en Afrique in Nigeria mit Titeln zur Geschichte Kanos und Lagos zugänglich. Eine vergleichbare niederländische Unternehmung wurde unter dem Titel OAPEN gegründet und vernetzt vor allem University Presses und bietet bisher 130 Bücher zur Geschichte Afrikas. Ein weiterer Service der OAPEN Foundation ist das Directory of Open Access Books (DOAB), welches bisher aber deutlich weniger Titel zur Geschichte Afrikas nachweist.
Durch zahlreiche, unterschiedliche Digitalisierungsprojekte sind inzwischen viele ältere und damit in der Regel urheberrechtsfreie Titel, die auch als Quellenmaterial zur Kolonialgeschichte Afrikas in Frage kommen, meist über die institutionellen Dokumentenserver der digitalisierenden Institution, zugänglich. Gerade die nordamerikanischen Universitäten wie die University of California oder die University of Toronto machen ihre hochwertigen Digitalisate auch über das Internet Archive verfügbar. Vergleichbares Material wird immer häufiger auch über Kulturportale wie die Digital Public Library of America (DPLA) oder Europeana angeboten. In der DPLA etwa sind über 60.000 Texte, Bilder und andere Dokumentarten aus oder über Afrika enthalten.
Ein Angebot zur Ermittlung elektronischer Hochschulschriften stammt vom ASC Leiden und wird kostenfrei angeboten. Connecting@Africa durchsucht einmal im Monat über 50 verschiedene Dokumentenserver. Die analog zu BASE mittels des Open Archives Initiative - Protocol for Metadata Harvesting (OAI-PMH) automatisch erzeugten Metadaten werden aber im Unterschied zu BASE von MitarbeiterInnen daraufhin überprüft, ob die Dokumente tatsächlich in das Sammelprofil passen. Eine stärkere Automatisierung ist nicht möglich, da „Afrika“ in den entsprechenden Klassifikationen der Hochschulschriftenserver meist nicht vorkommt und auch Dokumente mit Afrika-Bezug, aber ohne Relevanz für die Afrikastudien, eingesammelt werden. Die Verweise auf Volltexte werden nur aufgenommen, wenn ein dauerhaft beständiger Link vorhanden ist.
Die Ausstattung afrikanischer Universitäten mit institutionellen Repositorien hat sich verbessert, 2016 sind schon über 130 solcher Dokumentenserver im Directory of Open Access Repositories (Open Doar) verzeichnet (2009 waren es noch 24). Sie enthalten vor allem Dissertationen, aber auch Aufsätze und Vorträge.
Bilder, Karten
Bei den Digitalisierungsprojekten speziellerer Materialarten dominieren besonders die Bildarchive:
Die Humphrey Winterton Collection of East African Photographs 1860–1960 ist ein Angebot der Melville J. Herskovits Library of African Studies, Northwestern University, mit über 7.600 Fotos zum Alltag in Ostafrika. Interessant ist hierbei der „Album-View“, der die Fotos nicht nur als Einzelbild, sondern auch in ihrer physischen Organisation als Album digital zeigt.
Das von der University of Southern California bereitgestellte Internet Mission Photography Archive (IMPA) enthält historisches Bildmaterial der Herrnhuter Brüdergemeine, die als erste protestantische Mission in West- und Südafrika vertreten war. Schwerpunkte liegen auf Nyasa, Nyamwezi (Tansania) und auf den südafrikanischen Gebieten um Kapstadt und Durban. Die meisten Fotos stammen aus der Zeit 1890–1940. Das Evangelisch-Lutherische Missionswerk Leipzig war in Ostafrika aktiv. Schwerpunkte liegen auf Bildern der Missionare Wilhelm Guth (Pare, 1913–17 und 1927–38) und Leonhard Blumer (Arusha, 1912–13 und 1924–26). Ebenfalls in IMPA integriert ist das Bildarchiv von mission21 (vor allem der Basler Mission) mit Abbildungen aus Ghana und Kamerun. 28.400 Bilder aus der Zeit vor 1950 sind digital zugänglich. Weiterhin bietet IMPA Zugang zu Bildern der norwegischen Missionsgesellschaft zu KwaZulu-Natal und Madagaskar sowie der London Missionary Society aus den Archiven der SOAS, ebenfalls zu Madagaskar.
Die Missionsfotos zeichnen sich in der Regel durch eine sehr gute Dokumentation des Entstehungskontextes (Fotograf, Entstehungsjahr usw.) aus. Bedienung, Erschließungsart und -tiefe der verschiedenen Projekte und die technische Umsetzung unterscheiden sich beträchtlich. Bei der Erschließung wurden keine einheitlichen Standards angewandt, was aber auch an dem unterschiedlichen Alter und an den verschiedenen Zielsetzungen der Projekte liegt.
Bisweilen findet sich historisches Bildmaterial auch in Institutionen, die auf den ersten Blick eher wenig mit Afrika zu tun haben. So bietet die Science & Society Picture Library der drei Londoner Museen Science Museum, National Railway Museum und National Media Museums interessante Bilder zu Afrika. Eine Online-Ausstellung mit Fotografien zum Unabhängigkeitskampf der 1970er-Jahre erarbeitete das International Institute of Social History in Amsterdam.
Unter dem Titel Africa Through a Lens hat das National Archive in Großbritannien eine Auswahl von 1.000 Bildern aus der Sammlung des Foreign and Commonwealth Office online gestellt. Auch das Bundesarchiv in Koblenz hat einige ihrer kolonialen Bildbestände digitalisiert und online recherchierbar gemacht. In der Sachklassifikation des Digitalen Bildarchivs kommt man mit „Aa 700“ zu den Beständen über die Kolonien des Deutschen Reiches vor 1914.
Das Koloniale Bildarchiv der UB Frankfurt am Main ist inzwischen Ausgangspunkt zu weiteren Forschungen[192] und didaktischen Aufbereitungen geworden: Dr. Kokou Azamede (Université de Lomé, Togo) bearbeitete die Togo-Bilder erstmals systematisch und kommentiert diese historisch-kritisch. Als Stipendiat der Fritz Thyssen Stiftung bereitet er sie in seinem Projekt „Blickwinkel und Dekonstruktion des imperialen Auges. Die deutsche Kolonialfotografie als Quelle zur afrikanischen Geschichte am Beispiel von Togo“ didaktisch auf und ergänzt die Innensicht der Togoer auf einer eigenen Website Togo und die deutsche Kolonialfotografie. Blickwinkel und Dekonstruktion des imperialen Auges.
In Afrika gibt es ebenfalls vereinzelt Anstrengungen, historische Bilder verfügbar zu machen, zum Beispiel Le fonds ancien en images der Bibliothèque Universitaire d'Antananarivo mit Fotos zur Geschichte Madagaskars, die bis zum Jahr 1863 zurückgehen.
Schwierig ist die Lage bei den bewegten Bildern. Einzig heraus sticht die Website Colonial Film: Moving Images of the British Empire mit dem Nachweis von 190 Filmen zu Afrika aus den Beständen des British Film Institute, Imperial War Museum und des British Empire and Commonwealth Museum.
Eine andere Materialart, von der schon einige digitale Kopien vorliegen, sind historische Karten: Beispielsweise digitalisierte die amerikanische AFRITERRA Foundation über 1.600 historische Karten Afrikas. Die University Library, University of Illinois at Urbana-Champaign, machte ihre Sammlung von Karten vor 1900 unter dem Portal Maps of Africa to 1900 zugänglich. Einschlägig ist weiterhin die David Rumsey Map Collection. Karten aus dieser Sammlung können zusammen mit Karten etwa der British Library oder der Karlsuniversität Prag über das Portal Old Maps Online mit einer Weltkarte als Sucheinstieg gefunden werden. Ein sehr interessantes Projekt ist schließlich das AfricaMap Projekt des Center for Geographic Analysis der Harvard University, welches sehr unterschiedliche thematische Overlays in Google Maps einblendet, etwa „Explorers“, „Historical Heritage Sites“ oder Häfen des Sklavenhandels.
Elektronische Zeitschriften und Zeitungen
Als Einstiegssites zu digitalen Afrika-Zeitschriften dienen die folgenden drei Angebote:
Die Wikipedia List of African Studies Journals ermöglicht den Zugang zu vermeintlich wichtigen 118 Titeln, die dann alle auch einen eigenen kurzen Eintrag in der Wikipedia haben.
Der Afrika-Ausschnitt der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek (EZB) in ilissAfrica ermöglicht eine Übersicht über 850 Zeitschriften mit den jeweiligen Lizenz- und Zugangsinformationen des Standorts, von dem aus man die Liste betrachtet („EZB-Ampel“). Unabhängig vom Standort erhält man zumindest Informationen zur Zeitschrift und in den allermeisten Fällen Zugang zu den Inhaltsverzeichnissen. Über 400 Zeitschriften sind frei zugänglich („grün“).
Noch umfangreicher ist das Africa Journals Directory des African e-Journals Project (AEJP) der Michigan State University.[204] In mehr als 2.100 Zeitschriften, davon allerdings viele aus dem Bereich der Natur- und Wirtschaftswissenschaften, kann nach Titel, Sprache oder Land gesucht werden. 1.500 stammen von Verlagen in Afrika, dabei handelt es sich oft um sehr entlegene oder nur in einem Heft nachgewiesene Zeitschriften ohne Website.
An digitalen wissenschaftlichen Zeitschriften in Afrika sind insbesondere die folgenden beiden Pakete hervorzuheben: Durch die Förderung der DFG konnten 17 elektronische Zeitschriften des südafrikanischen Anbieters Sabinet lizenziert werden, die bisher in Deutschland nicht zugänglich waren. Alle diese Zeitschriften stehen der Fernleihe zur Verfügung. Drei Zeitschriften haben einen historischen Schwerpunkt: CABO (Westkap), Historia und Journal for Contemporary History. Darüberhinaus bietet Sabinet auch eine Full Open Access Journal Collection an.
Die Datenbank African Journals OnLine (AJOL) der gleichnamigen Non-Profit-Organisation in Südafrika möchte den Zugang zu in Afrika erscheinenden wissenschaftlichen Zeitschriften erleichtern. Im Bereich Geschichte werden von AJOL das Lagos Historical Review, das Nigerian Journal of Economic History sowie das South African Journal of Cultural History gehostet. Insgesamt sind es 513 begutachtete Zeitschriften aus 31 afrikanischen Ländern. AJOL bietet keine Abonnements von E-Journals, sondern nur den Kauf einzelner Artikel an. Die bibliografischen Daten sind über BASE auch in ilissAfrica nachgewiesen.
Über die DFG-Förderung der Nationallizenzen sind einige wichtige Afrika-Zeitschriften in Deutschland frei zugänglich, allerdings ohne die aktuellen Jahrgänge: In dem eng mit dem Periodicals Index Online (PIO) verknüpften Angebot Periodicals Archive Online (PAO) sind sieben Volltext-Zeitschriften zu den Regionalstudien enthalten[210], zum Beispiel Africa (1928–2000) und Journal of African Studies (1974–1988). Das Journal of African History und das Journal of Modern African Studies sind über das Cambridge Journals Digital Archive zugänglich, African Affairs bis 1995 über Oxford Journals Digital Archive, African Archaeological Review bis 2001 über Springer Online Journal Archives.
JSTOR ist ein kostenpflichtiges Archiv digitalisierter Zeitschriften aus allen Wissensgebieten vom ersten Jahrgang bis zu einer so genannten „moving wall“ (je nach Titel von zwei bis zu zehn Jahren vor dem aktuellen Jahrgang rückwärts). 36 Titel gehören explizit zu den Afrikastudien, beispielsweise African Affairs (1944–1999), das Journal of the Royal African Society (1901–1944) und das für HistorikerInnen sehr einschlägige Canadian Journal of African Studies (1967–2000). Der Erfolg der Volltextsuchen hängt aber von der Akkuratheit der OCR-Erkennung ab.
Neben diesen E-Journal-Paketen sei hier nochmal auf die Möglichkeit hingewiesen, Aufsätze auch über die oben schon beschriebenen Fachbibliografien (wie zum Beispiel IAB, Africa Bibliography, ASA online usw. Africabib.org) zu recherchieren. Auch über ilissAfrica lassen sich Aufsätze gut finden, da erstens das ASC Leiden und GIGA Hamburg Aufsätze in ihrem jeweiligen Katalog erschließen und zweitens die Online Contents Datenbank eingebunden ist – mit den Inhaltsverzeichnissen von 170 Zeitschriften.[216]
Viele Tageszeitungen in Afrika haben auch digitale Ausgaben, die oft aber nicht identisch mit der Druckausgabe sind und deren digitales Archiv entweder nicht vorhanden oder prekär ist. Einen aktuellen Überblick über digitale Presseangebote sowie Hilfsmittel zu deren Auffinden, gibt Bergenthum in dem Sammelband „African Studies in the Digital Age“.[217] Für die deutsche Afrikageschichte ist die Versorgung mit afrikanischen Tageszeitungen nur sehr unzureichend. Hier wäre ein Modell interessant wie es in den USA mit dem „Cooperative African Newspapers Project“ praktiziert wird. Die African Newspapers Union List (AFRINUL) weist die nordamerikanischen Bestände an Zeitungen nach, die im subsaharischen Afrika publiziert werden. Vorbildlich ist auch das Cooperative Africana Microform Project (CAMP) des Center for Research Libraries, welches teure Mikroform-Sets erwirbt bzw. Verfilmungen von unikalem Material organisiert und den teilnehmenden Bibliotheken zur Ausleihe zur Verfügung stellt.
Podcasts und Audioquellen
Fest etabliert ist inzwischen der Podcast Africa Past and Present. In der Regel werden bedeutende ForscherInnen zu aktuellen Themen oder Neuerscheinungen interviewt, um neueste Forschungsergebnisse oder aktuelle Debatten informativ und breiter zugänglich zu machen. Der Podcast wird von den Historikern Peter Alegi und Peter Limb an der Michigan State University produziert.
Eine Einführung der anderen Art ist die in den Jahren 2001 und 2002 ausgestrahlte Radio-Dokumentation der BBC The Story of Africa. Vierundzwanzig 30-minütige Folgen mit Zeitzeugen-Tondokumenten, sechs Features zu den großen Debatten (zum Beispiel „Sklaverei“, „Kolonialismus“) und zwei HistorikerInnen-Diskussionen stehen online zum Nachhören zur Verfügung – ergänzt um Artikel, weiterführende Literatur und Links.
3. Fazit und Herausforderungen
Die wachsende mediale Vernetzung macht immer mehr Wissen online und vor allem schnell verfügbar. Viele Institutionen unternehmen Digitalisierungsanstrengungen, um ihr Material über das Internet zugänglich zu machen. Was fehlt, ist aber eine echte Koordination und stärkere Standardisierung dieser Aktivitäten: „And with some major collections behind pay-for-use firewalls, coordination is cramped. The challenge of the next decade will be to continue creating, cataloguing and making accessible these disparate collections, bibliographically and in open and full-text access, and to turn mere collections into genuine digital libraries.”[222]
Der ungehinderte Zugang zu digitalen Ressourcen bleibt vorerst ein Mythos. Viele digitale Informationen sind in Silos eingesperrt, an die man nur durch das Bezahlen von Lizenzgebühren herankommt.[223] Die vielen unterschiedlichen Lizenzmodelle und die aufgrund komplexer Urheberrechte teils gestuften Zugangsoptionen erleichtern den Weg zum digital vorhandenen Dokument nicht.
Im Internet ist eben nicht alles verfügbar und es wird auch nicht alles von Google digitalisiert werden. ForscherInnen in Afrika publizieren weiterhin gedruckte Monographien, Tagungsbände etc. Diese sind immer noch ein Statussymbol. Und: „We should remember that in Africa there is still great hunger for the printed textbook.”[224]
Auch jenseits der Wissenschaft gibt es immer noch eine Menge Material außerhalb des Internet, zum Beispiel Magazine und Tageszeitungen, von denen nicht alle eine Online-Variante haben und wenn sie eine haben, stimmt diese selten vollständig mit der gedruckten Ausgabe überein und ein weit zurückreichendes, vollständiges und verlässliches Online-Archiv haben die wenigsten.
Der reale Zugang zum Internet und zu den im Prinzip weltweit zugänglichen Open Access-Angeboten bleibt in Afrika „fragil“, das gilt angesichts von Stromausfällen, teurer oder fehlender Bandbreite und veralteter Hardware auch in Staaten wie Nigeria, Kenia und dem Senegal.[225]
Es ist aber auch im Interesse der deutschen Afrikaforschung, dass WissenschaftlerInnen in afrikanischen Ländern einen besseren Zugriff auf aktuelle Forschungsergebnisse bekommen und sich leichter an der wissenschaftlichen Diskussion beteiligen können. Von daher ist der Weg des Hamburger GIGAs begrüßenswert, die Zeitschrift Africa Spectrum mit Hilfe eines DFG-Pilotprojekts in eine english-only Open Access-Zeitschrift umzuwandeln. ilissAfrica stellt in ihrem Open Access Guide Informationen bereit, welche elektronischen Datenbanken und Zeitschriften in Afrika kostengünstig oder kostenfrei angeboten werden. Ziel all dieser Bemühungen ist es, den „digital divide“ abzumildern.
Umgekehrt muss die internationale Sichtbarkeit von Forschungsergebnissen aus Afrika verbessert werden. Digitalisierungsaktivitäten vor Ort sollten unterstützt werden.[228]
Die Regionalwissenschaften fordern heutzutage, das Prinzip ‚Forschung mit’, nicht ‚Forschung über’ ernst zu nehmen.[229] Ziel ist eine Kooperation auf Augenhöhe. Dazu muss man aber wissen, was die afrikanischen WissenschaftlerInnen vor Ort eigentlich forschen und was sie für Bücher schreiben. Daher sind lokal verlegte Tagungsbände in Kleinstauflagen und Instituts-Zeitschriften mit geringer Verbreitung von Bedeutung: „The duty […] is to ensure that African voices, frog voices, the voices of the self, are not drowned out by the dominant voices.“[230]
Es reicht nicht die defizitäre Lage zu bemängeln, ohne nachzuprüfen, welche akademische Literatur tatsächlich existent ist. Das ist aufwändig, wie ein Zitat zur Lage der University Presses in Uganda verdeutlicht: „Their products are not in bookshops. Potential market does not even know the presses publish books, but they do.”[231] Ebenso wenig darf die fehlende Sichtbarkeit des wissenschaftlichen Ertrags aus Afrika in den international anerkannten wissenschaftlichen Fachzeitschriften als Ausrede dafür dienen, die lokalen Diskurse und Produktionen zu ignorieren.[232]
Dazu treten die ungelösten Fragen des Umgangs und der Archivierung so genannter „born digital“-Materialien. Viele der lokal entstehenden Websites, etwa von Parteien und anderen gesellschaftlichen Organisationen, sind aus finanziellen oder politischen Gründen nicht langfristig verfügbar. Wichtige Quellenbestände gehen der Wissenschaft so schnell verloren.
Die Wissenschaftswelt scheint zwar zu einem medial vernetzten „Global Village“ geworden zu sein, aber die lokale Realität sieht oft noch anders aus. Die UK Libraries & Archives Group on Africa stellte ihr 50stes Jubiläum im Juni 2012 unter die Überschrift „Dis/connects: African Studies in the Digital Age“.[233] Es gibt also immer noch Bereiche, die „disconnected“ sind.[234]
Trotz der inzwischen zahlreichen und teils sehr beeindruckenden Digitalisierungsprojekte werden sich Afrika-HistorikerInnen noch lange auf den Weg in die Archive und Bibliotheken machen müssen: „The current state of technological progress also suggests that, despite very good online portals such as Eldis and ilissAfrica, locating and accessing digital content will continue to require searching across a large number of different resources.“[235] Das liegt zum einen an der schieren Größe Afrikas und zum anderen an der marginalen Position Afrikas in Wissenschaft und Politik. Die zahlenmäßig sehr begrenzte potentielle Nutzerschaft macht es schwer, Fördergelder zu mobilisieren.
E-Books spielen in Afrika bisher kaum eine Rolle: „Contrary to the general perception of some library decision makers, many worthy research publications from developing countries are not, and may never be available in digital form.”[236] Der Blick auf den Boom im Digitalen darf also nicht zu einer Vernachlässigung des vorhandenen gedruckten Materials führen: „perhaps the biggest danger is that the reliance on online tools may create a situation in which, if something cannot be found online (either because it is poorly described or not described at all electronically) then it is as if it did not exist.“[237]
Den HistorikerInnen ist oft nicht bewusst, dass Bestände nicht vollständig digitalisiert wurden, dass diese Auswahl meist nach praktischen und kommerziellen Gesichtspunkten getroffen wurde und nicht nach der Forschungsrelevanz. Oft werden Dokumente aus ihrem archivalischen Kontext gerissen und manchmal Dokumente aus der gleichen Box nicht mit digitalisiert und damit aktiv versteckt: „Material that is not selected for digitization may become hidden from researchers in new ways, so that, paradoxically, a new category of forgotten knowledge is created.”[238]
Während diese Aspekte auch für jede andere Digitalisierung von historischem Material gelten, kommt für Afrika noch eine weitere Dimension hinzu, die des historischen Erbes: Digitalisierung kann auch als eine Form der Machtausübung des Nordens über den Süden gedeutet werden. Der Norden bekommt auf diese Art und Weise das kulturelle Erbe Afrikas und das Wissen darüber unter seine Kontrolle. Vorteile hätten vor allem westliche ForscherInnen. Die digitalen Sammlungen ziehen die Aufmerksamkeit der ForscherInnen auf sich, und sie würden nicht mehr zu den Sammlungen in Afrika reisen. Die Gegendeutung betont, dass die Digitalisierung gerade eine Art von „Empowerment“ ist. Jedenfalls haben diese politischen und ethischen Dimensionen Folgen für digitale Ressourcen und müssen bei deren Herstellung und Nutzung berücksichtigt werden.[239]
Literaturhinweise
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Zitation
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