Malte König, Clio-Guide: Italien, in: Clio Guide – Ein Handbuch zu digitalen Ressourcen für die Geschichtswissenschaften, hrsg. von Silvia Daniel, Wilfried Enderle, Rüdiger Hohls, Thomas Meyer, Jens Prellwitz, Claudia Prinz, Annette Schuhmann, Silke Schwandt, 3. erw. und aktualisierte Aufl., Berlin 2023–2024, https://doi.org/10.60693/abhx-s279

1. Geschichtswissenschaft und digitale Medien

Durchsucht man das Internet nach relevanten Seiten zur italienischen Geschichte, fällt zunächst auf, dass es in Italien an zentralen Sammlungspunkten und Überblicksseiten wissenschaftlicher Natur mangelt. Ursache sei, so die Mediävistin Enrica Salvatori, dass Digital Humanities kein Bestandteil der akademischen Lehre sind. Die Zunft kümmere sich kaum um die Möglichkeiten der Digital History, was zur Folge habe, dass das Feld von anderen beackert werde.[1] Dabei weisen zentrale Akteure wie der Historiker Serge Noiret seit Jahren darauf hin, dass die digitale Seite des Metiers heutzutage auch dann von hoher Bedeutung ist, wenn man gar nicht die Absicht hat, Digital History zu betreiben. Auch wer rein traditionell als Geschichtswissenschaftler arbeiten wolle, müsse auf der Höhe der Zeit sein.[2]

Weitet man die Recherche aus, stellt sich im nächsten Schritt heraus, dass das Bild nicht so düster ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Die Zahl der Einzelinitiativen, welche die Online-Erschließung von Bibliotheken, Archiven und Quellen vorantreiben, hat in den vergangenen Jahrzehnten beständig zugenommen. Themenspezifisch lassen sich zwischen den zahlreichen Baustellen Seiten aufspüren, die in Angebot, Struktur und Zielsetzung vorbildlich zu nennen sind oder zumindest ihren Zweck erfüllen. Insbesondere die Recherchemöglichkeiten sind erheblich verbessert worden, und auch digitalisierte Primärquellen finden sich in zunehmendem Maße. Verantwortlich für diese Entwicklung sind in der Regel Organisationen, die eine langfristige Finanzierung sicherstellen können: staatliche Institutionen, Stiftungen, historische Vereine und Verbände.

Der Mangel an zentralen Anlaufstellen, die Historikerinnen und Historikern Orientierung im italienischen Internet bieten, bleibt allerdings bestehen. Überblicksportale kommen und gehen, haben jedoch selten Bestand.[3] Empfehlenswert ist zurzeit lediglich das Portal Diacronie, das eine umfangreiche, kommentierte Linksammlung zur Verfügung stellt und den Einstieg in die italienische Kultur- und Wissenschaftslandschaft der Neueren und Neuesten Geschichte erleichtert. Hilfreich ist zudem der Blog Storia digitale, ein kommentiertes Verzeichnis digitaler Ressourcen, die für die historische Forschung nützlich sind; die besprochenen Internetseiten reichen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Ergänzend kann der Fachinformationsdienst FID Romanistik, ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn und der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, konsultiert werden, der zwar einen Frankreich-Schwerpunkt hat, sich aber dem gesamten romanischen Kulturkreis widmet. Er bietet vor allem einen guten Ausgangspunkt, um Projekte und Portale ausfindig zu machen, die sich mit der Regionalgeschichte Italiens beschäftigen, mit Dialektkultur und linguistischer Identität.

2. Digitale Informationsressourcen und -medien

2.1 Thematische Portale

Da sich viele Geschichtsportale strukturell und inhaltlich nicht auf einem wissenschaftlichen Niveau befinden, sind die Online-Angebote weit davon entfernt, die Ereignisse und Fragen zur Geschichte Italiens homogen abzubilden. Um aber einen Eindruck von der Fülle der elektronischen Informationsmöglichkeiten zu geben, werden im Folgenden einige thematische Portale vorgestellt, die in ihrem Themenfeld herausragen oder aufgrund ihrer Linksammlung als Sprungbrett in angrenzende Bereiche dienen können. Der Fokus rückt dabei unwillkürlich auf das 19. und 20. Jahrhundert, da diese Zeitspanne im Internet mehr Berücksichtigung erfährt.

Einen ausgezeichneten Zugang zur Epoche der italienischen Nationalstaats- und Nationsbildung (1796–1915) bietet das deutsche Risorgimento-Portal – eine Initiative des Historikers Werner Daum, welche dieser in Zusammenarbeit mit dem römischen Istituto per la storia del Risorgimento italiano seit Juni 2003 kontinuierlich aktualisiert. Neben einer Einführung ins Thema, einer laufenden Bibliografie und Hinweisen auf wissenschaftliche Tagungen und Rezensionen, findet man auf der Seite eine kommentierte Link-Sammlung zu Forschung und Lehre sowie Medien und Ressourcen. Ziel der Seite ist es, eine Plattform zu bieten, welche die Forschungsinitiativen und -tendenzen zum Risorgimento bündelt.

Der Kolonialvergangenheit Italiens widmet sich die Seite Memorie coloniali, initiiert und kuratiert von der in Modena ansässigen Non-Profit-Organisation MOXA. Durch die Zusammenführung von Privatbeständen soll die Erinnerung an die italienische Präsenz in Afrika und den europäischen Besatzungsgebieten aufrechterhalten werden. Ob Libyen, Eritrea oder Äthiopien, ob Albanien, Griechenland oder Montenegro – seit dem 19. Jahrhundert bemühten sich die Regierungen Italiens, das Königreich zu vergrößern. Memorie coloniali gibt einen Einblick in diesen Aspekt der italienischen Geschichte, indem es Fotos, Illustrationen, Zeitungsausschnitte, Briefe offizieller wie privater Natur zur Verfügung stellt.

In Form von Darstellungen, Zeitzeugenberichten und einer Auswahlbibliografie informiert das deutsche Portal resistenza über den Widerstand in Italien unter deutscher Besatzung. Ursprünglich Begleitprogramm zur Ausstellung „Partigiani – Gegen Faschismus und Besatzung“, wurde die Seite vom Erlangener Verein zur Förderung alternativer Medien seit 2001 auf ehrenamtlicher Basis ausgebaut und bietet mittlerweile viel Material zur Thematik. Kombiniert mit der Link- und Adressenliste der italienischen Partisanen-Vereinigung Anpi findet man hier einen guten Einstieg in die Resistenza-Forschung, die seit Anfang der 1960er-Jahre mehr als fünfzig historische Institute und zahlreiche Zeitschriften ins Leben rief und somit entscheidend Anstoß zur Gründung der zeitgeschichtlichen Forschung in Italien gab.

Um eine wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit den deutschen Kriegsverbrechen zu ermöglichen, stellt das Projekt NS-Täter in Italien der Universität Köln seit 2023 Informationen zu den Soldaten zur Verfügung, die in den Jahren 1943-1945 Massaker an der italienischen Bevölkerung verübten. In italienischer und deutscher Sprache bietet die Seite Arbeits- und Studienmaterial an - mit dem Ziel, Einblicke in die Hintergründe, Werdegänge und Dispositionen derjenigen zu vermitteln, die für die Gewalttaten verantwortlich waren.

Den italienischen Auswanderern und ihrer Geschichte ist die Seite Altre Italie: portale di studi sulle migrazioni italiane der Stiftung Giovanni Agnelli gewidmet. Reich ausgestattet bietet das Portal dem Besucher Primär- und Sekundärmaterial sowie landesspezifische Statistiken und Suchhilfen zur Erleichterung der eigenen Recherche. Die Seite erlaubt freien Zugriff auf alle Nummern der Zeitschrift Altre Italie, die seit 1989 Studien zur italienischen Emigration und dem Leben der Emigranten im Ausland veröffentlicht. Unter der Rubrik „Cerca le tue radici“ (Suche Deine Wurzeln) findet sich eine Datenbank, die anhand von Passagierlisten über eine Millionen Italiener identifizieren kann, die zwischen 1858 und 1920 nach Argentinien, Brasilien oder in die Vereinigten Staaten aufbrachen. Außerdem kann auf den Online-Katalog des zugehörigen Dokumentationszentrums in Turin zugegriffen werden, sowie auf Bibliografien und Links zu relevanten Institutionen, Forschungseinrichtungen und elektronischen Zeitschriften.

Ergänzung findet Altre Italie in der virtuellen Ausstellung Tante braccia per il Reich des Vereins ehemaliger Kriegsgefangener ANRP – eine Seite, die auch in deutscher Sprache abgerufen werden kann. Rekonstruiert wird hier – in Wort und Bild – die Geschichte der italienischen Arbeitskräfte, die in den Jahren 1938–1945 in der deutschen Kriegswirtschaft eingesetzt wurden. Da sich die Beziehungen zwischen den Achsenpartnern nach dem Sturz Benito Mussolinis änderten, handelte es sich anfangs um befreundete Fremdarbeiter, dann ab 1943 um Zwangsarbeiter und Militärinternierte. Entsprechend wandelten sich Rekrutierungspolitik, Beschäftigungsformen und Alltag. Insgesamt waren über 1,2 Millionen Italiener betroffen.

Dass Initiativen auf lokaler Ebene sehr fruchtbar sein können, demonstriert die älteste Universität Roms La Sapienza mit 1938 Sapienza Leggi razziali - einer Seite, die den antisemitischen Maßnahmen vor Ort im Zuge der Rassengesetze von 1938 gewidmet ist. Unter anderem erhält man hier Zugang zur damaligen Universitätszeitung „Vita universitaria“ sowie zu den Unterlagen der Personalabteilung.

Einen allgemeinen, aber instruktiven Zugang zur Kulturgeschichte Italiens bietet das Portal Internet Culturale, auf dem das Ministero della cultura zahlreiche digitale Sammlungen zusammenführt. Historische Manuskripte und Partituren, antike Landkarten, Illustrationen sowie Tonaufnahmen finden sich hier. Die Beschäftigung mit der Seite lohnt sich: Wo sonst kann man sich den Ruf eines Tarenter Limonadenverkäufers aus dem Jahr 1950 anhören?

2.2 Bibliotheksrecherche: Bibliografien und Kataloge

Die italienische Bibliothekslandschaft ist ähnlich wie die deutsche historisch gewachsen und stellt sich außerordentlich vielfältig dar. Als verspätete Nation hat Italien 1861 in Florenz eine Nationalbibliothek gegründet, die Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze (BNCF). Nach der Verlegung der Hauptstadt nach Rom entstand dort 1876 eine zweite Nationalbibliothek, die Biblioteca Nazionale Centrale di Roma (BNCR). Neben diesen beiden gibt es noch weitere Häuser, die im Namen den Titel Biblioteca Nazionale führen, aber bei weitem nicht die gleiche Bedeutung für sich beanspruchen können. Das italienische Kulturministerium stellt eine Liste der großen öffentlichen Bibliotheken bereit - inklusive Beschreibungen -, mit der man sich rasch einen Überblick verschaffen kann.

Der eigentliche Haupteingang zur italienischen Bibliothekslandschaft ist seit 2021 die Suchmaschine Alphabetica – ein Projekt des Istituto Centrale per il Catalogo Unico (ICCU), des staatlichen Instituts, das sich seit 1975 um eine zentrale Katalogisierung des nationalen Gesamtbestandes bemüht. Indem das ICCU mit Alphabetica alle Datenbanken zusammenschaltet, die es über Jahrzehnte aufgebaut hat, ermöglicht es dem Nutzer, in freier Abfrage Monografien, Illustrationen, Film- und Audioaufnahmen, Musiktitel, Kartenmaterial, Manuskripte, Zeitschriften und vieles mehr ausfindig zu machen.

Unter den Diensten, die dabei im Hintergrund wirken, ist der wichtigste der Servizio Bibliotecario Nazionale (SBN). In Kooperation mit regionalen Bibliotheksverbünden wird die staatlich geförderte Datenbank ständig erweitert und aktualisiert; im Dezember 2021 waren 6.686 Bibliotheken in dem Einheitskatalog erfasst. Hat man ein Buch, eine Illustration oder ein Karte lokalisiert, können hier weitere Informationen (Kontaktdaten, Öffnungszeiten, Serviceangebote) bezüglich der jeweiligen Bibliothek abgerufen werden.

Neben diesem Angebot erlaubt der SBN den Zugriff auf die Datenbank Cataloghi Storici Digitalizzati, in der italienische Publikationen aus dem 18. und 19. Jahrhundert erfasst sind. Insgesamt 226 historische Kataloge aus 39 Bibliotheken werden in diesem Projekt bisher zusammengeführt. Eine Bestandsaufnahme der Literatur des 16. Jahrhunderts hingegen liefert die Seite EDIT16 – Edizioni italiane del XVI secolo. In dieser Datenbank des ICCU soll das gesamte Schrifttum, das zwischen 1501 und 1600 in Italien veröffentlicht wurde, dokumentiert und lokalisiert werden. Aufgelistet werden zudem italienischsprachige Drucke, die im Ausland erschienen sind. Neben Diensten wie diesen greift Alphabetica auf Bilddatenbanken wie etwa MOVIO – Mostre Digitali Online oder IMAGO - Catalogo collettivo digitale zu.[29]

Obschon Mittel der ersten Wahl kann die Recherche mit Alphabetica keine Vollständigkeit beanspruchen. So können zum Beispiel Fachzeitschriften mittels des Archivio Collettivo Nazionale dei Periodici (ACNP) zielgerichteter geortet werden. Angesiedelt an der Universität Bologna, bemüht sich das Projekt seit 1972 um die italienweite Erfassung von Zeitschriften aller Fachrichtungen.

Die Literatursuche hingegen lässt sich mithilfe der Bibliografia Storica Nazionale verfeinern – eine laufende Bibliografie, die ihre Erscheinungsweise im Jahr 2000 auf rein digitale Publikation umstellte. Neben Monografien und Sammelbänden führt dieses Projekt der Giunta Centrale per gli Studi Storici auch Aufsätze aus Fachzeitschriften auf. Die Datenbank konzentriert sich auf die in Italien publizierten Ergebnisse historischer Forschung. Ausgewertet und erfasst sind alle Epochen: von der Antike bis zur Zeitgeschichte. Stichproben ergeben allerdings, dass die Datenbank Lücken aufweist.

Sucht man nach Literatur zur Neueren und Neuesten Geschichte, kann man die Recherche in den Bibliographischen Informationen zur Neuesten Geschichte Italiens fortsetzen. Begründet im Jahr 1974, sind die Hefte des Deutschen Historischen Instituts seit 1999 als Datenbank konsultierbar. Die laufende Bibliografie, die zwar weiterhin im Heftformat hergestellt, aber seit 2021 nur noch als pdf-Datei verbreitet wird, konzentriert sich auf Neuerscheinungen in italienischer Sprache. Zeitschriften werden nicht ausgewertet. Um auch die Ergebnisse der 1990er-Jahre zur Verfügung zu stellen, wurden diese in einer Datei zusammengefasst, die von der Seite heruntergeladen werden kann – in einem Format, das eine freie Volltext-Recherche zulässt.

Niemals sollte man der Illusion erliegen, man könne sich per Internet einen vollständigen Überblick über den Bestand italienischer Bibliotheken verschaffen. Bereits die historischen Schätze der römischen Nationalbibliothek sind nicht in deren OPAC erfasst, sondern nur über die Karteikästen im Foyer erschlossen. Erst ab 1990 wurden alle Neuerscheinungen systematisch in den Online-Katalog aufgenommen. Bezüglich früher erschienener Werke verweist die Bibliothek auch im Februar 2023 noch ausdrücklich auf den Zettelkatalog.

2.3 Archivrecherche

In einem Artikel über die zeitgeschichtlich relevanten Archive Italiens wies Jens Petersen 1989 darauf hin, wie zerklüftet die italienische Archivlandschaft ist und wie mühsam die Suche nach Aktenbeständen auf der Halbinsel ausfallen kann.[33] Wenngleich viele der von ihm geschilderten Probleme noch aktuell sind und ein ganz Italien umfassendes Verzeichnis der nichtstaatlichen Archive weiterhin aussteht, so ist doch festzustellen, dass einige Online-Kataloge die Eingangsrecherche inzwischen zumindest erleichtern.

Unbefriedigend sind allerdings die Resultate des Guida generale degli Archivi di Stato italiani, des staatlichen Katalogs, der laut Selbstbeschreibung die Archivbestände des zentralen Staatsarchivs und der regionalen Unterarchive aufführt. Die Ergebnisse fallen so ungenau und lückenhaft aus, dass sich die Frage stellt, ob die Datenbank nicht eher verschleiert, wie ergiebig ein Besuch des Archivio centrale dello Stato in Rom sein kann. Einen alternativen Einstieg in die Recherche bietet das Portal SAN – Sistema Archivistico Nazionale, das dem Istituto Centrale per gli Archivi (ICAR) unterstellt ist. Unter der Rubrik „Complessi archivistici“ kann man die erfassten staatlichen und privaten Archive nach Schlagwörtern durchsuchen, unter „Produttori di Archivi“ historischen Persönlichkeiten, Familien oder Institutionen nachspüren. Berücksichtigt man die Unvollständigkeit der jeweiligen Ergebnisse, können beide Suchmaschinen bei der Planung eines Forschungsaufenthalts von Nutzen sein.

Besser strukturiert und ergiebiger ist die römische Datenbank Archivi online. Seit 2003 treibt der italienische Senat dieses Projekt voran – mit dem Ziel, den Dokumentenbestand zu politischen Persönlichkeiten, Parteien, parlamentarischen Gruppen und Gewerkschaften in einer Kartei zusammenzuführen. Die gut aufbereiteten Suchergebnisse beschränken sich nicht allein auf das Archiv des Senats, sondern berücksichtigen zudem Bestände von über 35 Instituten und Stiftungen politischer Provenienz.

Verschwunden ist bedauerlicherweise die Datenbank Archivi del Novecento – la memoria in rete, die bis 2015 freien Zugang auf die Findbücher von über 83 historischen Instituten gewährte. Ziel des Projekts war es, ein Netzwerk öffentlicher und privater Archive zu schaffen, in welchem die verfügbaren Primärquellen zur politischen, kulturellen, sozialen und ökonomischen Geschichte des 20. Jahrhunderts identifiziert und katalogisiert werden. Im Jahre 1991 vom Konsortium BAICR Sistema Culturale ins Leben gerufen und bis 2012 ständig aktualisiert, lieferte die Suchmaschine bereits gute Ergebnisse. Der Bestand wurde 2016 von der staatlichen Direzione Generale Archivi (DGA) übernommen und ist seitdem nicht mehr aufzufinden.

Einen tiefen Einblick in die Alltagsgeschichte Italiens ermöglicht das Archivio Diaristio Nazionale in Pieve Santo Stefano, welches seit 1984 Tagebücher, Memoiren und Briefe sogenannter einfacher Leute sammelt. Über 8.000 Lebenszeugnisse können vor Ort eingesehen werden. Online ist es möglich, den Katalog zu durchsuchen und einige Dokumente exemplarisch abzurufen.

Das Istituto Centrale per i Beni Sonori ed Audiovisivi (ICBSA) fungiert als Phonothek bzw. Schallarchiv Italiens. Es hat die Aufgabe, das akustische Erbe der Nation zu dokumentieren und zu bewahren. Sein Bestand umfasst derzeit über 300.000 Medien: von Wachszylindern über Schallplatten, Tonbändern, Videos bis hin zu digitalen Medien. Das ICBSA besitzt zudem eine umfangreiche Sammlung historischer Tonwiedergabegeräte.

Naturwissenschaftliche Archive lassen sich über die Seite Archivi della scienza ausfindig machen. Ob Galileo Galilei, Alessandro Volta oder Guglielmo Marconi, mit der Suchmaschine lassen sich die Standorte der entsprechenden Sammlungen lokalisieren. Der Katalog ermöglicht die Recherche in über 1500 Archivbeständen.

2.4 Digitale Quellen und Nachschlagewerke

Noch bleiben Historikerinnen und Historikern Reisen nach Rom oder Florenz nicht „erspart“. Doch weisen auch in Italien zahlreiche Digitalisierungsprojekte bereits in eine Zukunft, in der Primärquellen bequem am eigenen Computer abgerufen werden können.

Mit L’Avanti! stellt die Senatsbibliothek zum Beispiel eine der bedeutendsten Tageszeitungen Italiens zur Verfügung. Das sozialistische Blatt erschien 1896 erstmals in Rom und entwickelte sich – parallel zum Aufstieg des Partito socialista italiano – zu einer einflussreichen Stimme in der politischen und kulturellen Debatte. Indem das Projekt alle Ausgaben von 1893 bis 1993 in gut lesbarer Qualität anbietet, macht es eine wichtige Quelle weltweit nutzbar.

Dass die Zeitung La Stampa ebenfalls digital genutzt werden kann, ist ein Verdienst der Biblioteca Nazionale Universitaria di Torino. Von 1867 bis 2006 können alle Nummern barrierefrei eingesehen und durchsucht werden, ganz gleich, ob das Blatt Gazzetta Piemontese, La Nuova Stampa oder La Stampa hieß. Liberal-konservativ ausgerichtet, informierte das Blatt gleichermaßen über lokale wie internationale Ereignisse, wodurch es Leser in ganz Italien fand. Seit den 1920er Jahren ist die Stampa im Besitz der Familie Agnelli, was zur Folge hat, dass sich die Berichterstattung seitdem nie gegen die Interessen des Fiat-Konzerns richtete.

Einige Tageszeitungen wie etwa der Corriere della sera bieten gegen Bezahlung Einblick in ihre digitalisierten Bestände. Die kostenlosen Angebote von La Repubblica und Il Manifesto sind unzuverlässig und genügen wissenschaftlichen Ansprüchen nicht.

Die Untergrundpresse, die 1943-1945 die Partisanenkämpfe in Norditalien unterstützend begleitete, kann in der Datenbank Stampa clandestina abgerufen werden. Verantwortlich zeichnet das Istituto nazionale Ferruccio Parri, die Mailänder Zentrale der Resistenza-Institute. Über 850 Ausgaben unterschiedlicher Herkunft lassen nachvollziehen, welche Informationen in der Republik von Salò alternativ zur Regierungspropaganda kursierten.

Technisch veraltet ist das Konkurrenzprojekt Stampa Resistenza, eine Sammlung von 84 Zeitungen, die während des italienischen Widerstands publiziert wurden. Obgleich optisch ansprechend gestaltet, irritiert, dass jede Zeitschrift von vorne nach hinten durchgeblättert werden muss. Hauptproblem ist jedoch, dass die Datensätze nur mit dem Adobe Flash Player abgerufen werden können, der seit 2020 weder aktualisiert noch angeboten wird. Wer ernsthaft mit den Zeitungen arbeiten will, sollte das Angebot des zuständigen Istituto per la storia dell’età contemporanea (ISEC) annehmen und um die Zusendung des jeweiligen Datensatzes bitten.

Eine wertvolle Quelle von Filmmaterial ist das historische Archiv des staatlichen Istituto Luce, welches – unter Mussolini gegründet – lange Zeit das Monopol zur Erstellung von Wochenschauen und offizieller politischer Fotos besaß und daher seit seiner Gründung im Jahre 1924 Filmdokumente produziert und sammelt. Der Bestand des Archivs umfasst derzeit 431.882 Fotos und 77.270 Filme, darunter über 62.650 italienische Wochenschauen, 4.390 Dokumentarfilme sowie zahlreiche ungesendete Filmrollen, unter denen sich Material zu wichtigen historischen und politischen Ereignissen des 20. Jahrhunderts befindet. Die Suchmaschine ist leicht zu bedienen; die Ergebnisse, die bis in die 1980er-Jahre reichen, werden von präzisen Archivangaben und einer kurzen Zusammenfassung begleitet.

Kurzfilme aus Privatbeständen stellt das Projekt Memoryscapes zur Verfügung. In Kooperation mit der Region Emilia-Romagna hat die Organisation Home Movies - Archivio Nazionale del Film di Famiglia mehrere tausend Filmrollen digitalisiert, um mikrohistorisch den Alltag der Italiener sichtbar zu machen. Das Material reicht von den 1920er bis in die 1980er Jahre.

Als Unterhaltung könnte man die Seite Canzone Italiana abtun, die es ermöglicht, italienisches Liedgut des gesamten 20. Jahrhunderts kennenzulernen. Doch der erste Eindruck täuscht. Von Enrico Caruso über Rita Pavone bis zu Vasco Rossi tut sich hier ein buntes Panorama auf, das nicht nur einen tiefen Einblick in die Kultur- und Alltagsgeschichte des Landes gewährt. Abrufbar sind in dem Angebot des italienischen Kulturministeriums auch die Propagandalieder des Faschismus oder politische Protestsongs.

Das Istituto Gramsci in der Emilia-Romagna stellte mit manifestipolitici die erste italienische Datenbank ins Netz, in der tausende von politischen Plakaten, Flugschriften und Handzettel lokalisiert und in zitierbarer Form eingesehen werden können. Vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die heutige Zeit reicht der Bestand, in dem die Anfänge des Faschismus, nationale Wahlkämpfe und die Proteste um den Vietnamkrieg ebenso dokumentiert werden wie die Frauen-, Studenten- und Arbeiterbewegung. Die Datenbank, die seit Juni 2000 freigeschaltet ist, wird kontinuierlich ausgebaut und auch durch Material anderer Institute und privater Sammlungen bereichert, zuletzt im Jahr 2020. Obwohl der Online-Katalog auch in englischer Sprache aufgerufen werden kann, sollte der Nutzer darauf achten, dass die Stich- und Schlagwortsuche nur auf italienische Begriffe reagiert.

Ergänzung findet diese Plakatsammlung in der Kollektion Manifesti della Repubblica Sociale Italiana, die das Resistenza-Institut der Region Venetien zur Verfügung stellt. Gezeigt werden politische Plakate aus den Jahren 1943 bis 1945.

Von kulturgeschichtlichem Interesse ist das Digitalisierungsprojekt CIRCE – Catalogo informatico riviste culturali europee, das sich einst zum Ziel gesetzt hatte, eine Bibliothek der wichtigsten europäische Kulturzeitschriften des 20. Jahrhunderts aufzubauen. Neben den Inhaltsverzeichnissen der anvisierten Zeitschriften sind Faksimileseiten und Hefte im Volltext abrufbar. Leider ist das Projekt der Universität Trient im Jahr 2005 eingestellt worden; es wird seitdem eher verwaltet denn vorangetrieben. Der Schwerpunkt der vorhandenen Datenbank liegt auf italienischen Periodika der ersten fünf Jahrzehnte.

Der historischen und kulturellen Tradition Mailands widmet sich DigitaMi – La Biblioteca Digitale di Milano. Ausgehend vom Bestand der Stadtbibliothek Sormani strebt die Stadt Mailand an, eine digitale Bibliothek zu erschaffen, in der die Schriften lombardischer Autorinnen und Autoren zur Verfügung stehen. Die vorhandene Literatur umfasst den Zeitraum 1751-2019 und konzentriert sich auf Texte, die die historische Bedeutung Mailands hervorheben. Die Schriften einer Mailänder Freiheitskämpferin wie Cristina Trivulzio di Belgiojoso können über die Suchmaske leicht aufgespürt und am Bildschirm konsultiert werden.

Bei politik- oder rechtsgeschichtlichen Fragen kann die Seite Au.G.U.Sto. – Automazione Gazzetta Ufficiale Storica wertvolle Dienste leisten. Denn hier lässt sich die Gazzetta Ufficiale vollständig abrufen, das gesamte Gesetzblatt von der Gründung des italienischen Königreichs bis zu den Anfangsjahren der Republik. Wer sich für die Entstehung des jeweiligen Gesetzes interessiert, kann die Recherche auf dem Portal der Abgeordnetenkammer fortsetzen. Hier finden sich nicht nur die biografischen Eckdaten der italienischen Deputierten und Senatoren, sondern auch ein Großteil der Parlamentsakten – 1848 bis 2018 – in gut aufbereitetem Format. Unter der Rubrik „Lavori parlamentari“ sind Sitzungsprotokolle der beiden Kammern und der jeweiligen Kommissionen abgelegt, unter „Atti e documenti“ stehen Gesetzesprojekte sowie andere offizielle Eingaben zur Verfügung. Ergänzt wird die Datenbank durch Informationen zu Funktion und Geschichte des italienischen Parlaments.

Sucht man biografische Informationen zu einer historischen Persönlichkeit – sei es ein Politiker, eine Wissenschaftlerin oder ein Schauspieler –, lohnt es sich, auf den Dizionario Biografico degli Italiani zuzugreifen. Dieses Nebenprodukt der renommierten Enzyklopädie Treccani bietet nicht nur einen ausführlichen Einstieg in die jeweilige Lebensgeschichte, sondern schließt diesen auch mit weiterführenden Literaturangaben ab.

Einer renommierten Persönlichkeit ist die Seite Ferdinand Gregorovius: Poesie und Wissenschaft gewidmet. Der Historiker Gregorovius, bekannt für sein Werk Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter, lebte von 1852 bis 1875 in Rom und verfasste während dieser Jahre tausende von Briefen, die ein bemerkenswertes Zeitzeugnis der italienischen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte darstellen. Seit 2017 arbeitet das DHI Rom an der Datenbank, um den Briefkorpus der Öffentlichkeit zugänglich zu machen; eine Betaversion steht seit 2019 im Netz, sie wird regelmäßig aktualisiert.

Als winziges, aber wertvolles Fundstück mag sich die Italian Renaissance manuscript collection erweisen, die auf einer amerikanischen Privatsammlung beruht und von der Claremont Colleges Digital Library ins Netz gestellt wurde. Elf unterschriebene Autographe der Familie Medici stehen hier zur Verfügung – Briefe, in denen sich Mitglieder der Florentiner Familie zwischen 1426 und 1522 über politische Verbindungen, militärische Fragen und familiäre Probleme austauschten.

Weit umfangreicher fällt die Datenbank des Medici Archive Project aus, die seit den 1990er-Jahren den Bestand des Großherzoglichen Medici-Archivs (Mediceo del Principato) erschließt. Nach kostenloser Registrierung können in dem amerikanisch-italienischen Projekt bereits 26.000 Dokumente, 19.000 biografische Notizen und 90.000 geografische Hinweise durchsucht werden. Das Aktenmaterial überspannt einen Zeitraum von 200 Jahren – 1537 bis 1743 – und liefert Informationen zur diplomatischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Geschichte der Toskana sowie des Europas der Frühen Neuzeit.

Zuverlässige Datenbanken über die italienischen Militärinternierten und Zwangsarbeiter, die 1943–1945 in Deutschland festgehalten wurden, bietet die Vereinigung ANRP an: Über das Lessico biografico degli IMI lassen sich biografische Skizzen der Militärinternierten abrufen. Von den circa 650.000 Betroffenen sind hier bereits über 100.000 Personen auffindbar; weitere 100.000 Skizzen liegen vor, sind aber noch nicht freigeschaltet. Mithilfe der Seite Lavoratori civili italiani nel Terzo Reich sind bislang etwa 16.000 Zwangsarbeiter identifizierbar. Der Albo IMI Caduti ist als Totengedenkbuch denjenigen gewidmet, die in deutscher Gefangenschaft gefallen sind.

2.5 Elektronische Zeitschriften

Zahlreiche historische Zeitschriften publizieren ihre Inhaltsverzeichnisse und Abstracts im Internet. So sind auf der Plattform Rivisteweb zum Beispiel die Zugpferde der Verlage Il Mulino und Carocci einsehbar, renommierte Hefte wie Studi Storici, Contemporanea, Rivista di storia economica oder Epigraphica. Einige Zeitschriften wie etwa Passato e Presente existieren mittlerweile in gedruckter und digitaler Form, jedoch stets kostenpflichtig. Vorgestellt werden sollen im Folgenden die wenigen herausragenden Journale, die allein in elektronischer Form erscheinen und frei zugänglich sind.

Als eine der ersten elektronischen Zeitschriften erschien 1996 Cromohs – Cyber Review of Modern Historiography, ein Projekt der Universität Florenz. Die Spannbreite der Aufsätze und Rezensionen reicht von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg. Während zunächst italienischsprachige Artikel überwogen, publiziert die Jahresschrift seit 2015 durchweg auf Englisch.

Einen interdisziplinären Ansatz verfolgt die Zeitschrift StoricaMente. Laboratorio di storia, die 2005 von dem Fachbereich Storia – Culture – Civiltà der Universität Bologna gegründet wurde. Von der Antike bis zur Zeitgeschichte greifen die Aufsätze politische, geographische, anthropologische und philosophische Themen in historischer Perspektive auf. Die jährlich erscheinende Zeitschrift enthält neben der freien Sektion stets ein thematisches Dossier, didaktisches Lehrmaterial sowie Quellenkommentare. Unter der Rubrik „Biblioteca“ finden sich Rezensionen. Obwohl alle Epochen berücksichtigt werden, liegt der Schwerpunkt von StoricaMente eindeutig im 19. und 20. Jahrhundert.

Das amerikanische Journal California Italian Studies erhebt den Anspruch, interdisziplinär, komparativ und kritisch zu sein. Seine Studien sollen die klassische Geschichtsschreibung nicht nur mit Kunst-, Architektur- und Musikgeschichte kombinieren, sondern auch Ergebnisse und Methoden etwa der Ethnographie, der Medienwissenschaft oder der Gender Studies fruchtbar machen. Seit 2010 erscheinen zwei Ausgaben pro Jahr, die meist englischsprachigen Artikel decken die Zeitspanne von Machiavelli bis Berlusconi ab. Im Wechsel sind die Nummern thematisch oder offen angelegt, thematische Hefte trugen Titel wie Italian Futures oder Italian Sound.

Allein dem Mittelalter gewidmet ist die Zeitschrift Reti Medievali Rivista, deren Entstehen 1998 von Forschern verschiedener italienischer Universitäten initiiert wurde, um den wissenschaftlichen Austausch zu verbessern. Seit dem Jahr 2000 erscheint das gut redigierte Fachorgan fast durchgängig im Halbjahres-Rhythmus. Die Artikel sind vorwiegend in italienischer Sprache verfasst, je nach Autor aber auch auf Englisch, Französisch oder Spanisch. Neben den wissenschaftlichen Abhandlungen präsentiert Reti Medievali Rivista in unregelmäßigen Abständen zudem Bibliografien, Rezensionen und Literaturberichte sowie Listen abgeschlossener Dissertationen oder Miszellen aktueller Forschungsprojekte.

Scienza & Politica. Per una storia delle dottrine beschäftigt sich mit der Geschichte der politischen Theorien. Fachübergreifend untersuchen die hier publizierten Aufsätze die Definition und Auswirkung politischer Ideen in Philosophie, Rechtswesen und Soziologie sowie deren historische Entwicklung. Ursprünglich in gedruckter Form gegründet, wird die Halbjahresschrift seit 2011 nur noch digital publiziert. Die Hefte, die zwischen 1989 und 2010 erschienen, wurden nachträglich eingescannt und stehen auf der Seite zur Verfügung. Von der Suchfunktion werden die Druckausgaben ebenfalls erfasst. Scienza & Politica gehört dem Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der Universität Bologna an.

Ein Rezensionsjournal zur europäischen Geschichte stellt seit 2018 das Istituto storico italo-germanico (ISIG) zur Verfügung: die Annali.Recensioni.Online (ARO). Epochenübergreifend und interdisziplinär angelegt, liegt der Schwerpunkt auf historischen Studien, die im deutsch-italienischen Sprachraum erschienen sind. Je nach Autorin oder Autor sind die Besprechungen auf Italienisch, Deutsch, Englisch oder Französisch verfasst. Rezensionen, die zwischen 2011 und 2017 im Jahrbuch des Instituts erschienen, können im Archiv abgerufen werden.

Andere Fachzeitschriften bieten ihre Besprechungen mittlerweile in Kooperation mit der Rezensionsplattform recensio.net an. Eingebunden in die Suchmaschine sind die epochenübergreifenden Zeitschriften Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken (QFIAB) und Nuova Rivista Storica sowie das Publikationsorgan der Sissco, des italienischen Historikerverbands für Neuere und Neueste Geschichte Il mestiere di storico. Zu beachten ist allerdings, dass noch nicht alle Rezensionen rückwirkend über recensio.net zur Verfügung stehen; bisweilen lohnt es sich, die Homepage der jeweiligen Zeitschrift aufzurufen. Die QFIAB des DHI Rom liegen dort zum Beispiel seit Ausgabe 38 (1958) in elektronischer Form vor, aber nur als ganzes Heft. Über recensio.net gelangt man gegenwärtig nur bis Jahrgang 2008. Die seit 1999 erschienenen Besprechungen von Il mestiere di storico sind über eine separate Suchmaschine abrufbar.

2.6 Ansprechpartner: Historische Institute und Vereine

Nicht jeder Archivbestand lässt sich über das Internet ausfindig machen und nicht jede Frage beantwortet sich online von selbst. Gerade in Italien kann der Kontakt zu Spezialisten des jeweiligen Forschungsgebietes die Materialsuche ungemein verkürzen, ja, bisweilen erst ermöglichen. Abschließend soll daher auf einige Institute verwiesen werden, die wertvolle Ansprechpartner und „Wegweiser“ vor Ort sein können.

An erster Stelle ist das Deutsche Historische Institut in Rom (DHI) zu nennen, welches sich zur Aufgabe gesetzt hat, deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studierende und Institutionen bei ihren Forschungen zur italienischen und deutschen Geschichte zu unterstützen. Das bereits im Jahre 1888 gegründete Institut pflegt enge Beziehungen zur italienischen Fachwissenschaft und kann daher nicht nur Wege in die Forschungslandschaft aufzeigen, sondern auch zahlreiche Türen öffnen. Die Internetseite bietet ausführliche Informationen zur musikgeschichtlichen und historischen Bibliothek, zu den Veranstaltungen des Instituts, der Stipendienvergabe sowie der hauseigenen Zeitschrift Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken und den Bibliographischen Informationen zur italienischen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert.

Den historischen Beziehungen zwischen den deutschsprachigen Ländern und Italien widmet sich seit 1973 das Istituto storico italo-germanico (ISIG). Von der vergleichenden Verfassungs-, Sozial- und Rechtsgeschichte bis zur Kirchen-, Wissenschafts- und Kulturgeschichte reichen die Forschungsinteressen des Trienter Instituts. Neben Auskünften zur Bibliothek, zu Tagungen und Studienseminaren liefert die Seite Informationen über Forschungsstipendien und Publikationen des ISIG. Sie steht auch in deutscher Sprache zur Verfügung.

Ansprechpartner in Fragen Digital History ist die Associazione Italiana di Public History (AIPH), die sich 2016 gründete mit dem Ziel, Akteure und Aktivitäten auf dem Gebiet der Public History unter einem Dach zusammenzuführen. Durch Konferenzen, Newsletter und öffentliche Veranstaltungen treibt die AIPH diesen Vernetzungsprozess seitdem kontinuierlich voran; mit dem Portal ELPHi soll langfristig eine frei zugängliche elektronische Bücherei für Public History aufgebaut werden.

Zu jeder Epoche finden sich zentrale Plattformen, die die Kontaktaufnahme mit Spezialisten erleichtern: Althistorikern bietet das Istituto Italiano per la Storia Antica in Rom einen Einstieg. Mediävisten empfiehlt es sich, die Internetauftritte der Società Internazionale per lo Studio del Medioevo Latino (SISMEL) in Florenz oder des Istituto Storico Italiano per il Medio Evo in Rom zu besuchen. Für die Erforschung des Risorgimento ist im italienischen Internet das Istituto per la storia del Risorgimento italiano in Rom die erste Adresse. Neuzeithistoriker und Zeitgeschichtler finden Anprechpartner beim SISSCO-Verband, der Società Italiana per lo Studio della Storia Contemporanea.

Beiderseits der Alpen haben sich zudem wissenschaftliche Vereinigungen gegründet, um den gegenseitigen Kontakt zu verbessern und den Austausch zwischen italienischen und deutschen Historikerinnen und Historikern zu fördern. Seit 1974 organisiert die Arbeitsgemeinschaft für die Neueste Geschichte Italiens zu diesem Zweck Tagungen und sorgt in enger Zusammenarbeit mit dem DHI für die Verbreitung der „Bibliographischen Informationen“. Als italienisches Pendant fungiert seit 2011 die SISCALT – la Società Italiana per la Storia Contemporanea dell’Area di Lingua Tedesca.

3. Fazit

Zum Schluss sei daran erinnert, dass dieser Leitfaden nur eine Auswahl der vorhandenen Projekte vorstellt. Eines der Auswahlkriterien war die Funktionalität und der Perfektionsgrad, ein anderes das wissenschaftliche Niveau der jeweiligen Seite. Der Leser sollte sich stets vor Augen halten, dass es sich bei einem Artikel wie diesem nur um einen Zwischenbericht handeln kann. Internetprojekte entstehen, scheitern und boomen in großer Geschwindigkeit. Im Netz leisten viele Historikerinnen und Historiker immer noch Pionierarbeit und beschreiten mit ihren Digitalisierungsprojekten, Datenbanken und Suchmaschinen Neuland. In einem Zeitalter omnipräsenter Technologie, in dem wir uns daran gewöhnt haben, dass technische Geräte funktionieren, und wir sogar der Wettervorhersage zu trauen beginnen, vergisst man bisweilen, was es heißt, neue Wege zu beschreiten. Es darf daher nicht wundern, wenn mancher sich mit seinem Projekt übernimmt, eine andere sich in Details verliert und einem dritten auf der Hälfte des Weges das Geld ausgeht. Die Möglichkeiten der Nutzbarmachung werden gerade erst entdeckt, hier wie in Italien. Man darf auf die weitere Entwicklung gespannt sein.

Literaturhinweise

Geschichte und Geschichtsschreibung zum Thema

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Recherche

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Fußnoten

  1. [1] Enrica Salvatori, Digital Public History Inside and Outside the Box, in: magazén 1.2 (2020), S. 203–220, hier 216 f.
  2. [2] Serge Noiret, Storia contemporanea digitale, in: Rolando Minuti (Hrsg.), Il web e gli studi storici. Guida critica all’uso della rete, Rom 2015, S. 267–300, hier 267.
  3. [3] In seinen ersten Fassungen (2006/2008) konnte dieser Guide noch auf den „Italian History Index“ des European University Institute in Florenz verweisen und den „Humbul Humanities Hub“ der University of Oxford. Im Jahr 2018 gab es noch das „Italien-Portal“ von „historicum.net“. Alle diese nützlichen Kataloge sind inzwischen verschwunden.
  4. [29] Das MOVIO-Projekt stellt privaten und öffentlichen Kultureinrichtungen ein Open-Source-Kit für die Durchführung virtueller Online-Ausstellungen zur Verfügung. Imago ist der kollektive digitale Katalog der grafischen, fotografischen und kartografischen Werke (Drucke, Zeichnungen, Plakate, Fotografien, Postkarten) vom 15. bis zum 21. Jahrhundert, die den Kultureinrichtungen der Region Emilia-Romagna gehören.
  5. [33] Petersen, Jens, Die zeitgeschichtlich wichtigen Archive in Italien: ein Überblick, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 69 (1989), S. 312–378; vgl. Mantelli, Brunello, Im Reich der Unsicherheit? Italienische Archive und die Erforschung des Faschismus, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 53.4 (2005), S. 601–614.

PD Dr. Malte König studierte Geschichte, Philosophie und Französisch an den Universitäten Köln, Berlin, Liège und Aachen. Schwerpunkt seiner Forschungen ist die Neuere und Neueste Geschichte Europas, insbesondere Italiens, Deutschlands und Frankreichs. Ab 2007 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent an der Universität des Saarlandes; 2014 erfolgte dort die Habilitation. 2015/16 war er an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main beschäftigt. Es folgten Lehrstuhlvertretungen in Duisburg-Essen, Saarbrücken und Tübingen. Seit 2023 ist er - mit einem Stipendium der Gerda Henkel Stiftung - Gastwissenschaftler der Freien Universität Berlin.

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Malte König

Malte König

PD Dr. Malte König studierte Geschichte, Philosophie und Französisch an den Universitäten Köln, Berlin, Liège und Aachen. Schwerpunkt seiner Forschungen ist die Neuere und Neueste Geschichte Europas, insbesondere Italiens, Deutschlands und Frankreichs. Ab 2007 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent an der Universität des Saarlandes; 2014 erfolgte dort die Habilitation. 2015/16 war er an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main beschäftigt. Es folgten Lehrstuhlvertretungen in Duisburg-Essen, Saarbrücken und Tübingen. Seit 2023 ist er - mit einem Stipendium der Gerda Henkel Stiftung - Gastwissenschaftler der Freien Universität Berlin.