Ein erster Blick auf die Angebote zur Geschichte Südosteuropas im Internet offenbart für die gesamte Region eine Vielzahl von Informationen, die nur schwer zu überblicken ist. Dieser Eindruck steht gleichzeitig in starkem Gegensatz zu den (selbst-)kritischen Tönen etwa vieler Bibliotheks- oder Archivangestellten aus der Region, die es sich in den letzten fünfzehn Jahren zur Aufgabe gemacht haben, unterschiedliche Materialien zur Geschichte zu digitalisieren. Selbst die vor Ort verfassten und tatsächlich seltenen umfassenderen wissenschaftlichen Studien über internetbasierte Ressourcen und Infrastrukturen bemängeln das Fehlen ansprechender „moderner“ Angebote dieser Art und reproduzieren das ohnehin weit verbreitete Bild der (nicht nur ökonomischen) Rückständigkeit der gesamten Region und ihrer einzelner Nationalstaaten. Doch wie steht es um die geschichtswissenschaftlichen Ressourcen und Informationsstrukturen aus und zu Südosteuropa im Internet wirklich? Welche Möglichkeiten bietet die Online-Recherche zur Geschichte dieser Region? Wo und wie können Historiker*innen was finden? Was lässt sich als zufriedenstellend und was als ausbaufähig bewerten? Diesen Fragen geht der folgende Beitrag nach.
Wenn von der Geschichte Südosteuropas die Rede ist, gilt es eine Unterscheidung vorzunehmen, die auch die verschiedenen digitalen Angebote maßgeblich bestimmt. Während die Erforschung südosteuropäischer Geschichte außerhalb der Region in Form der „Südosteuropaforschung“, als Teil der „Osteuropaforschung“ oder der „Slavic and Eastern European Studies“ sowohl im englischsprachigen als auch im deutschsprachigen Raum – trotz unterschiedlicher Entstehungsgeschichten – eine inzwischen lange Tradition aufweist, befassen sich in der Region selbst die meisten Institutionen mit der jeweiligen nationalen Geschichte ihres Landes. Die digitalen Ressourcen zur Erforschung dieser Region entsprechen im Wesentlichen diesen zwei unterschiedlichen Forschungsperspektiven, aber auch institutionellen Strukturen und fokussieren entweder die Region als Ganzes oder eben nur den einzelnen Nationalstaat. Der vorliegende Beitrag geht dabei primär von der Frage nach den Online-Ressourcen aus, die für die Südosteuropäische Geschichte im Sinne der Area Studies, wie sie außerhalb der Region vielfach betrieben wird, von Belang sind. Somit wird auch in diesem Beitrag in erster Reihe zwischen jenen Online-Angeboten zu unterscheiden sein, die in der Region selbst erstellt werden und jenen, die außerhalb der Region und vorwiegend für die Bedürfnisse der Südosteuropäischen Geschichte zur Verfügung gestellt werden. Da sich die letzteren oft mit jenen Ressourcen zur Geschichte Osteuropas oder Ostmitteleuropas überschneiden dürften, werden vor allem die in der Region selbst entwickelten Angebote berücksichtigt. Außerhalb Südosteuropas stammende Ressourcen und Informationen werden dagegen ergänzend angeführt.
Trotz unterschiedlicher räumlicher Definitionen Südosteuropas geht der folgende Beitrag von der breitesten aus. So werden hier neben den die gesamte Region betreffenden Online-Ressourcen jene zur Geschichte folgender Nationalstaaten berücksichtigt: die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens (Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien, Kosovo, Nordmazedonien), Rumänien, die Moldau, Albanien, Bulgarien, Griechenland, die Türkei und Zypern. Die genauer ausgewerteten Ressourcen sind durchweg als Beispiele zu verstehen. Entweder sind es repräsentative und auch in der Sekundärliteratur angeführte Produkte oder aber es handelt sich um eine Auswahl, die auf die engeren Forschungsinteressen und praktischen Erfahrung des Autors zurückzuführen ist. Klar ist jedenfalls, dass selbst bei einer solchen Einschränkung der Beitrag – allein aufgrund der Vielzahl von Institutionen und Online-Angebote – keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Wohl aber kann ein die gesamte Region in den Blick nehmender Vergleich der Geschichtswissenschaft im Internet aufschlussreiche Erkenntnisse liefern, die über eine allgemeine Schilderung einzelner nationaler Angebote hinaus reicht.
Digitale Medien gewinnen für die (nationalen) Geschichtswissenschaften in Südosteuropa zunehmend an Bedeutung. Dies lässt sich an der Zunahme von Digitalisierungsprojekten, aber auch an der von Kolleg*innen aus der Region zunehmend beklagten fehlenden Zugang zu kostenpflichtigen Online-Ressourcen, was zwar auf die fehlenden materiellen Mittel, gleichzeitig aber auch auf das erhöhte Nutzungsbedürfnis hindeutet. Der Einsatz digitaler Ressourcen allerdings beschränkt sich weitgehend auf einzelne „eingeweihte Spezialisten“ innerhalb der Zunft der Historiker*innen. Die maßgeblichen Entwicklungen etwa im Hinblick auf die Nutzung elektronischer Ressourcen kommen dabei kaum aus den Geisteswissenschaften. Während die Informatiker*innen und Mathematiker*innen der Universität Belgrad bereits Mitte der 1990er-Jahre trotz erheblicher Schwierigkeiten bei der Nutzung der Möglichkeiten des Internets mit ihren Kolleg*innen in Westeuropa recht gut Schritt halten konnten, machen sich die technischen Neuerungen in den Geisteswissenschaften nur langsam breit.
Erste wissenschaftliche Untersuchungen der Nutzung digitaler Ressourcen innerhalb der Geistes- und insbesondere der Geschichtswissenschaften in Südosteuropa gingen mit den Entwicklungen entsprechender Initiativen seit Mitte der 1990er-Jahre einher, umfassten jedoch nur einzelne Aufsätze, die vorwiegend im englischsprachigen Raum publiziert wurden. Dazu gehörten neben insgesamt seltenen Beiträgen zur „Geschichte des Internets“ in der Region etwa auch Analysen einzelner früher Webseiten, die über die Region oder einzelne Länder informierten[1] oder die Bedeutung des Internets in den einzelnen Ländern für die politischen oder allgemein gesellschaftlichen Dynamiken hervorhoben.[2] Im Fokus der Untersuchungen standen aber von Anfang an auch und vor allem die Entwicklungen im Hinblick auf die Automatisierung von Bibliothekskatalogen und Datenbanken in der Region.[3] Ab Ende der 1990er-Jahre widmeten sich zunehmend auch Wissenschaftler*innen in der Region den Fragen rund um den Einsatz digitaler Medien im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften. Neben den Fragen nach den Möglichkeiten der Suche etwa nach wissenschaftlichen Zeitschriftenartikeln im Internet[4], erörterten die meisten Beiträge entweder die Möglichkeiten oder die ersten Ergebnisse der Digitalisierung von Bibliotheks- oder Archivbeständen sowie insbesondere des „kulturellen Erbes“, darunter etwa von Museumsbeständen.[5] Die Mehrheit der publizierten Aufsätze beschrieb die einzelnen Initiativen, widmete sich mitunter ausführlich technischen Fragen oder erörterte Möglichkeiten und weitere Schritte. Erwähnenswert sind zudem einzelne Artikel, die auf der Auswertung von Umfragen beruhten, die an wissenschaftlichen Einrichtungen geführt wurden und ihre jeweiligen Bedürfnisse und Fortschritte im Hinblick auf den Einsatz digitaler Medien erforschten.[6] Seit 2000 nehmen wie die genannten Entwicklungen auch die wissenschaftlichen Publikationen hierzu zu. Dies gilt sowohl für die englischsprachigen Arbeiten als auch für die Studien vor Ort. Auch trifft das auf einige der insgesamt seltenen Beiträge zu, die verschiedene allgemeine Probleme und gesellschaftliche Aspekte des Einsatzes digitaler Medien (nicht nur) in der Wissenschaft reflektieren.[7]
Insbesondere im Hinblick auf den Einsatz digitaler Medien im Bereich der Geschichtswissenschaften bleibt der Forschungsstand in der Region jedoch mehr als überschaubar und beschränkt sich im Wesentlichen auf wenige Monographien wie jene des Belgrader Historikers Slobodan Mandić über Computerisierung und Geschichtsschreibung[8] sowie einige Artikel wie die des Zagreber Historikers Mladen Tomorad, welche die digitalen Ressourcen zur Erforschung der alten Geschichte auswerten oder ihren Einsatz im Geschichtsunterricht diskutieren.[9] Doch auch außerhalb der Region sind es lediglich einzelne vorwiegend von US-amerikanischen Bibliothekar*innen verfasste Aufsätze, die einzelne Aspekte des digitalen Entwicklungsstandes beobachten und kommentieren.[10] Die relativ seltene Beschreibung oder wissenschaftliche Analyse der verschiedenen Online-Ressourcen[11] in und zu Südosteuropa steht indes in starkem Gegensatz zu einer Vielzahl von Linkssammlungen, die sich auf der Homepage nahezu jeder auf Südosteuropa (oder Osteuropa) spezialisierten Forschungseinrichtung finden lassen
Die Entwicklung der historiographischen Online-Ressourcen in Südosteuropa ist zum einen von einer Vielzahl an kleineren und größeren Initiativen gekennzeichnet. Zum anderen aber fehlt bislang jede – selbst im jeweiligen nationalen Rahmen – zentrale Institution, die es sich zur Aufgabe machen würde, die bestehenden Bemühungen zu bündeln und ein durchdachtes, im Idealfall die gesamte Region berücksichtigendes Entwicklungskonzept zu entwerfen und zu fördern.
Der Einsatz digitaler Medien wird in allen Staaten Südosteuropas sowohl von den politischen Akteuren als auch von der wissenschaftlichen Öffentlichkeit als bedeutend anerkannt. Den Großteil der Förderung des Einsatzes digitaler Medien entfällt auf öffentliche Mittel der einzelnen Staaten oder auch der Europäischen Union. Die Institutionen, die sich insbesondere an der Digitalisierung von Büchern, Zeitschriften oder auch Archivbeständen beteiligen, sind in der Regel die Nationalbibliotheken, die nationalen Akademien der Wissenschaften und die staatlichen Universitäten. Nationale Archive und historische Museen in der Region scheinen nahezu in allen Ländern die Bereitschaft und Offenheit für digitale Medien zu demonstrieren, die Ergebnisse ihrer Bemühungen fallen jedoch vergleichsweise bescheiden aus. Während nationale Bibliotheken oder Universitäten eine Vielzahl von wissenschaftlichen Ressourcen in digitaler Form größtenteils kostenlos im Internet anbieten, verfügen nur einige der großen Archive in der Region über die Möglichkeit einer umfassenden Onlinesuche in den Katalogen ihrer Bestände. Im Fall der Webauftritte der nationalen historischen Museen ist selbst diese Funktion eher eine Ausnahme.
Den entscheidenden Beitrag zur Förderung des Einsatzes digitaler Medien in Südosteuropa leisteten neben den nationalen Bibliotheken und Akademien der Wissenschaften vor allem die Universitäten in den einzelnen Ländern, konnten die Forscher*innen aus den Bereichen der Geistes- und Sozialwissenschaften auf die Kompetenzen und Erfahrungen ihrer Kolleg*innen aus dem Bereich der Informatik zugreifen. In Serbien wurde 2001 sogar ein Zentrum für Digitalisierung gegründet, das als selbständige Institution verschiedene Bemühungen in diesem Feld bündeln und die Zusammenarbeit mehrerer Forschungseinrichtungen koordinieren sollte.[12] Zwar besteht das Zentrum in Serbien bis in die Gegenwart fort, durch die zunehmende Vernetzung auf regionaler und europäischer Ebene insbesondere bei der Digitalisierung von Bibliotheksbeständen gewinnen seit einigen Jahren aber auch in Serbien die einzelnen Institutionen wieder an Bedeutung, haben doch alle Einrichtungen ihre eigenen Kapazitäten in Bezug auf die Arbeiten rund um die Digitalisierung erweitert.
Ein interessantes Beispiel, welches das verstärkte Interesse an dem Einsatz digitaler Medien illustriert, ist das 2009 in Belgrad gegründete Zentrum für digitale Geisteswissenschaften, das sich laut eigenen Angaben für die Entwicklung theoretischer Grundlagen und praktischer Anwendungen digitaler Technologien in der Forschung einsetzt. Das bislang einzige bedeutende Projekt ist die Online-Ausgabe des berühmten 1818 von Vuk Stefanović Karadžić in Wien veröffentlichten serbischen Wörterbuchs Das serbische Wörterbuch Vuk Stefanovićs – Wolf Stephanovic’s Serbisch-Deutsch-Lateinisches Wörterbuch (Reklakazala, iz Vukovog R(j)ečnika. Srpsko leksikografsko nasleđe: reč po reč), aus welchem täglich ein Begriff sowohl über eine eigene Internetseite als auch über die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter veröffentlicht wurde. Obwohl die ursprüngliche Website des Zentrums als auch die Website des Wörterbuchprojektes 2016 gelöscht wurden, schien das Projekt weiter zu laufen. So ist Karadžićs Serbisches Wörterbuch nebst vier weiteren historischen Wörterbüchern verschiedener serbischer Dialekte gegenwärtig (2023) unter http://en.raskovnik.org/ verfügbar.
Traditionelle Institutionen der Geschichtswissenschaft in Südosteuropa[14], die auch an der Förderung der Nutzung digitaler Medien beteiligt sind oder sein können, umfassen erstens die Abteilungen, Institute oder Fakultäten für Geschichte an den Universitäten.[15] Zweitens gehört die Forschung zur Geschichte zu den Aufgaben besonderer Institute im Rahmen der jeweiligen nationalen Akademien der Wissenschaften (und Künste). Drittens – und hier handelt es sich um eine Entwicklung der letzten Jahre – gibt es eine Reihe von privaten oder „unabhängigen“ geschichtswissenschaftlichen Instituten, die sich projektgebunden aus unterschiedlichen Quellen finanzieren, nicht zuletzt aus Fördermitteln ausländischer politischer (parteinaher) Stiftungen.
Die institutionelle Entwicklung der Geschichtswissenschaft in Südosteuropa ging mit dem schnellen Ausbau des Hochschulwesens zunächst nach dem Zweiten Weltkrieg und dann ab 1989 einher. So lässt sich Geschichte gegenwärtig nicht nur an den älteren zum Teil bereits vor dem Ersten Weltkrieg zumeist in den Hauptstädten der südosteuropäischen Staaten gegründeten Hochschulen studieren. Inzwischen ist dies in nahezu jeder größeren Stadt der Region möglich. Die Gründe für die Gründung neuer Institute für Geschichtswissenschaften nach 1989 sind vielfältig. Im postjugoslawischen Raum etwa war dies die Folge der Fragmentierung des vormals gemeinsamen akademischen Raumes durch die Entstehung neuer Nationalstaaten. Ein weiterer Aspekt der institutionellen Entwicklung ist auch die Neugründung spezialisierter Institute oder Zentren, die sich vorwiegend interdisziplinär verstehen[16] und Geschichte überregional zu erforschen suchen. Als Besonderheit der Region, vergleichbar jedoch mit anderen osteuropäischen Ländern, ist die Etablierung neuer Institutionen, die sich der Geschichte der sozialistischen Zeit in diesen Ländern oder der Region widmen, auch wenn mit höchst unterschiedlichen Ansätzen.
Der Einsatz digitaler Medien wird von nahezu allen diesen Institutionen oder Organisationen angestrebt, konkrete Anwendungen etwa im Sinne von digitalen Ausgaben oder Digitalisierungsprojekten sind aber immer noch eine Ausnahme. Zur Frage, inwieweit digitale Ressourcen von Historiker*innen für ihre Forschung genutzt werden, gibt es bisher keine verlässlichen Angaben oder Studien. Gespräche mit vorwiegend jüngeren Kolleg*innen aus der Region offenbaren allerdings ihre Bedürfnisse nach einem breiteren Zugang zu digitalen Datenbanken oder Bibliotheken (wie JSTOR, Ebscohost und andere), der an ihren Institutionen nicht oder nur unzureichend vorhanden ist.[17]
Die geschichtswissenschaftliche Vereinslandschaft in Südosteuropa umfasst erstens die nationalen Vereinigungen von Geschichtslehrer*innen, von denen gegenwärtig viele EUROCLIO-Mitglieder sind. Zweitens sind einzelne überregional oder national agierende Fachvereinigungen mit besonderem Forschungsschwerpunkt wie die Kunsthistorikervereinigung Kroatiens (Društvo povjesničara umjetnosti Hrvatske) oder die Vereinigung für Sozialgeschichte (Udruženje za društvenu istoriju) aus Belgrad zu nennen. Hinsichtlich ihrer Finanzierung können dies unabhängige Gruppierungen sein oder aber es handelt sich um Vereine, die direkt an eine Universität angebunden sind wie etwa die Vereinigung für die Erforschung mittelalterlicher bosnischer Geschichte – Stanak (Društvo za proučavanje srednjovjekovne bosanske historije Stanak) aus Sarajevo. Drittens und gewissermaßen an der Schnittstelle der beiden ersteren, existieren in einigen Ländern Südosteuropas sogenannte Historiker*innenvereine, zu deren Kernaufgaben die in Absprache mit den Bildungseinrichtungen stattfindende Organisation und Durchführung der Geschichtswettbewerbe von Schüler*innen gehört. Dies trifft etwa auf den Historikerverein Stojan Novaković (Društvo istoričara Srbije Stojan Novaković) aus Belgrad zu. Einer vierten Gruppe der Fachvereinigungen, die sich in den letzten Jahren beobachten lässt, lassen sich Vereine für Lokal- bzw. Regionalgeschichte zuordnen wie etwa die 2009 gegründete Vereinigung der Historiker*innen der Stadt Varaždin und der Varaždiner Gespanschaft (Društvo povjesničara grada Varaždina i Varaždinske županije) oder die 2010 ins Leben gerufene Historische Vereinigung Istriens (Istarsko povijesno društvo), beide aus Kroatien. Zu erwähnen sind schließlich, fünftens, jene Nichtregierungsorganisationen, die sich der Auseinandersetzung mit der neuesten Geschichte widmen. Dies können sowohl Vereine zur Vergangenheitsbewältigung wie das kroatische Zentrum für Vergangenheitsbewältigung Dokumenta (Documenta. Centar za suočavanje s prošlošću), deren Hauptaugenmerk auf den jugoslawischen Kriegen der 1990er-Jahre liegt, als auch das kürzlich von jungen Historiker*innen in Bukarest gegründete Zentrum für zeitgeschichtliche Studien (Centrul de Studii în Istorie Contemporană), dessen Projekte vorwiegend die Zeit des Sozialismus in Rumänien erforschen und zum Teil von der Konrad-Adenauer-Stiftung finanziert werden. Abgesehen vom jeweiligen Internetauftritt im Sinne einer eigenen Webseite, sind etwa digitale Publikationen von Forschungsergebnissen vor allem bei den regional- und privaten zeithistorischen Organisationen vorzufinden.
Nicht außer Acht gelassen werden sollten jedoch die verschiedenen Vereinigungen der Südosteuropaforschung, die auch den Einsatz digitaler Medien fördern. Dazu gehört etwa die American Association for Advancement of Slavic Studies (AAASS), eine US-amerikanische „nonprofit, non-political, scholarly society“, die den Anspruch erhebt, die „leading private organization in the world dedicated to the advancement of knowledge about the former Soviet Union (including Eurasia) and Eastern and Central Europe“ zu sein. Die Tätigkeiten der Vereinigung umfassen die Förderung der Lehre, Forschung und Veröffentlichungen zu den Zielregionen.[28] Nennenswert sind zudem die Vereinigung der Hochschul- und Forschungsbibliotheken, Slawische und Osteuropäische Abteilung (Association of College and Research Libraries, Slavic and East European Section (ACRL SEES)), welche sich als Vertretung von Bibliothekar*innen und Informationsspezialist*innen im Bereich der Slawischen und Osteuropastudien versteht sowie der Rat für Slawische und Osteuropäische Bibliotheks- und Informationsangebote (Council for Slavonic & East European Library and Information Services (COSEELIS)), eine Organisation mit Sitz in Großbritannien, die die Interessen der für Slawische und Osteuropastudien spezialisierte Bibliotheken und Bibliothekare vertritt.[31]
Blickt man in den deutschsprachigen Raum, muss man feststellen, dass die größte wissenschaftliche Vereinigung mit dem regionalen Fokus auf Südosteuropa – die Südosteuropa-Gesellschaft – keine nennenswerte Leistung im Hinblick auf den Einsatz digitaler Medien zu verbuchen hat. Einen entsprechenden Eindruck vermittelt bereits Homepage der Organisation, obwohl sie in den letzten Jahren etwas moderner gestaltet wurde. Die Homepage der Internationalen Assoziation für Südosteuropäische Ethnologie (International Association for Southeast European Anthropology – INASEA) zum Beispiel war zwischenzeitlich gänzlich aus dem Internet verschwunden.[34]
Digitales Publizieren im Sinne einer ausschließlich im Internet verfügbaren Veröffentlichung wissenschaftlicher Ergebnisse etwa in Online-Zeitschriften oder sogar wissenschaftlichen Weblogs stellt in der Region insgesamt eine Ausnahme dar. Dominant im Sinne von wissenschaftlich relevant bleiben auch hier nach wie vor gedruckte Ausgaben sowohl von Büchern als auch von wissenschaftlichen Zeitschriften. Im Hinblick auf die Verfügbarkeit geschichtswissenschaftlicher Arbeiten in der Form von digitalen Kopien (etwa im PDF-Format) lassen sich unterschiedliche Tendenzen beobachten. Während in einigen Ländern Südosteuropas die kostenfreien Angebote insbesondere von Zeitschriftenartikeln überwiegen und vor allem eine breitere internationale Sichtbarkeit anstreben, werden in anderen Ländern digitale Ausgaben allenfalls kostenpflichtig angeboten.
Einen ausgeprägten Schwerpunkt stellt die Retrodigitalisierung oftmals auch sehr alter Publikationen oder Bestände dar. Die größten Digitalisierungsprojekte werden in allen Ländern der Region in der Regel durch staatlich geförderte Institutionen wie nationale Bibliotheken oder Universitäten durchgeführt, allerdings wird zunehmend auf die Dienstleistungen privater Unternehmen ausgewichen. In Kroatien übernehmen etwa die Unternehmen Arhiv pro aus Koprivnica oder Point d.o.o. (Point. Digitalna knjižnica i čitaonica) aus Varaždin sowohl das Scannen und Bearbeiten der Dokumente als auch die Softwareentwicklung, die Erstellung von Datenbanken und entsprechender Metadaten.[37] Die in diesen Sammlungen enthaltenen Bestände umfassen indes sowohl ganze Bücher als auch sämtliche Ausgaben (lokaler) Wochen- und Tageszeitungen zum Teil ab dem 19. Jahrhundert.
Im Gegensatz zu solchen öffentlich geförderten Projekten, deren technische Umsetzung lediglich von Privatunternehmen übernommen wird, stehen etwa Digitalisierungsprojekte von Gesetzestexten. In Serbien oder auch Bulgarien etwa wurden bisher zum Teil auch Verfassungen oder Gesetze seit Beginn des 20. Jahrhunderts retrodigitalisiert, sie werden jedoch wie auch die neuesten Gesetztestexte nur kostenpflichtig angeboten. Während dies im Fall des Juristischen Lexikons Bulgariens (Juridičeska enciklopedija), welches immerhin auch zahlreiche Kommentare enthält, einigermaßen verständlich sein kann, ist die Praxis des inzwischen privatisierten und als Verlag agierenden Unternehmens „Službeni glasnik“ aus Belgrad recht fragwürdig. Dieses bietet sämtliche retrodigitalisierte Ausgaben der verschiedenen Amtsblätter (Službeni glasnik) – etwa des Amtsblattes der Sozialistischen Republik Serbien oder des Amtsblattes der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien – an, allerdings nur gegen Bezahlung. Gleichzeitig ist das Unternehmen als Verlag für die amtliche Veröffentlichung aktueller Gesetzestexte zuständig, von welcher ihr Inkrafttreten abhängt. Die aktuelle Rechtslage lässt sich immerhin kostenlos, auch wenn nur auf der offiziellen Homepage des serbischen Gesetzgebers im PDF-Format einsehen.
Erste thematische Websites zur Geschichte einzelner Länder Südosteuropas erschienen schon Mitte der 1990er-Jahre. Dabei wurden sie entweder zu politischen oder propagandistischen Zwecken, wie im Fall des ehemaligen Jugoslawiens, oder aber als touristisches Werbungsangebot konzipiert. Obwohl die jeweiligen länderspezifischen Top-Level-Domains schon zu Beginn der 1990er-Jahre bestanden, war die Nutzung des Internets vorwiegend auf akademische Einrichtungen beschränkt. Die ersten Websites zur Geschichte, Kultur oder Politik stammten jedoch nicht von diesen Institutionen. Fast ohne Ausnahme waren diese ersten Seiten von Studierenden und Angestellten US-amerikanischer, kanadischer oder westeuropäischer Universitäten erstellt und entsprechend auf den Servern dieser Einrichtungen gehostet.[40] Gleichzeitig präsentierten sie, unabhängig vom mehr oder weniger professionellen Design, keine wissenschaftlichen Inhalte. Eines der ersten Portale in Südosteuropa, die zumindest den Anspruch erhoben hatten, auch wissenschaftliche Werke in der eigenen „digitalen Bibliothek“ anzubieten, war die 1997 in Serbien entstandene Seite Projekt Rastko (Projekat Rastko). Diese Privatinitiative einiger Hobbyhistoriker*innen, die ursprünglich noch etwa von der Belgrader Stadtbibliothek unterstützt wurde, entwickelte sich jedoch zunehmend in einen „Kessel Buntes“.[42] Nachdem die Seite zwischenzeitlich vorwiegend Texte religiösen und/oder nationalistischen Inhalts oder etwa „Poesie“ weitgehend unbekannter Autor*innen beherbergte, wurde in den letzten Jahren die „Sammlung“ – im Wesentlichen grob strukturierte Linklisten – neu gegliedert und mit weiteren Inhalten versehen.
Das Angebot digitaler Informationsressourcen und Medien zur Geschichte Südosteuropas nimmt in der Menge und Qualität erst seit 2000 sichtbar zu. Gleichzeitig bleibt es durch die Vielzahl kleiner und kleinster Institutionen, Organisationen und dezentral durchgeführten Digitalisierungsprojekte sehr unübersichtlich. Wer eine möglichst viele digitale Ressourcen umfassende Recherche zur gesamten Region durchführen möchte, muss sich durch ein regelrechtes Dickicht von untereinander selten verlinkten Angeboten durchkämpfen und dabei eine Reihe von größtenteils nutzlosen Internetseiten aussortieren. Dem soll der folgende Abschnitt zumindest teilweise abhelfen.
Eine systematische Recherche zur Geschichte Südosteuropas dürfte neben einzelnen allgemeinen Informationsportalen vor allem die großen Bibliothekskataloge der einzelnen Nationalbibliotheken, die wenigen Archiv- und Museumskataloge und eine Reihe von im Internet geradezu „zerstreuten“ digitalen Bibliotheken umfassen. Von größerer Bedeutung dürften zudem die einzelnen wissenschaftlichen Zeitschriftendatenbanken sein.
Zum Einstieg bei der Recherche über die Geschichte der Region wäre eine Suche über die großen geschichtswissenschaftlichen Portale naheliegend. Doch lediglich das Portal „Europäische Geschichte Online“ bietet mit der Rubrik Balkanhalbinsel einige Beiträge zur Geschichte Südosteuropas an.[44] Sehr nützlich erscheint in diesem Zusammenhang dafür die von der School for Slavonic and Eastern European Studies des University College London zusammengestellte (Link-)Liste von Internet-Ressourcen zu Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa. Für jeden der angeführten Staaten werden die Links zu den entsprechenden Seiten nach mehreren Kategorien (zum Beispiel Regierung und offizielle Informationen, Wahlen und politische Parteien, Wirtschaft und Statistiken, Nachrichten und Medien, Bibliotheken und Archive, Sprache und Literatur, oder Kultur und Gesellschaft sowie Geschichte) aufgelistet. Ähnliche Informationen finden sich auch als Angebot der US-amerikanischen Kongressbibliothek. Dazu gehören etwa das inzwischen zumindest vorläufig eingestellte Projekt „Portals to the World“[46], welches eine Reihe von nützlichen Informationen und weiterführenden Links zu allen alphabetische sortierten Staaten der Welt beinhaltete oder aber die Seite der Country Studies (The Library of Congress, Country Studies) der Forschungsabteilung der Library of Congress[48], die ebenfalls den Zugang zu verschiedenen Informationen einschließlich einzelner als PDF-Datei abrufbarer Länderstudien ermöglicht, auch wenn manche von ihnen inzwischen als veraltet gelten dürften. Allgemeine Informationen über Kultur und Geschichte, vor allem aber eine recht breite Auswahl des gut durchsuchbaren „digitalen Kulturerbes“ Südosteuropas bieten zudem Beiträger aus mehreren Ländern Südosteuropas über das Europeana-Netzwerk an.
Seit Beginn der Nutzung digitaler Medien finden sich aber auch zunehmend auf die Region Osteuropa spezialisierte Einstiegsseiten im Internet. Die ersten entstanden bereits Anfang der 1990er-Jahre und auch in diesem Fall ebenfalls im englischsprachigen Raum. Ein Beispiel für ein solches Portal, das seit 1993 über 25 Jahre lang nützliche Informationen auch zu Südosteuropa beinhaltet hatte, ist das inzwischen eingestellte Projekt REESWeb (The world wide web virtual library for Russian and Eastern European Studies), eine „Metaseite“ des Center for Russian & East European Studies der University of Pittsburgh, die vor allem weiterführende Links anbot. Doch auch hier waren die Informationen zu Südosteuropa gleichsam „versteckt“, da die Region als Teil Osteuropas betrachtet wird.
Doch auch im deutschsprachigen Raum fehlen eigens auf Südosteuropa ausgerichtete allgemeine Suchportale gänzlich, so dass nützliche Informationen zu dieser Region ebenfalls auf spezialisierten Seiten zu Osteuropa zu finden sind. Eine besonders wertvolle Ressource stellt die deutschsprachige Virtuelle Fachbibliothek Osteuropa dar, die 2018 vom Forschungsportal zu Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa osmikon abgelöst wurde. Als fachübergreifendes Regionalportal zur Osteuropaforschung bietet die Seite Zugang zu wissenschaftlichen Informationen zu Geschichte, Sprache, Literatur, Politik und Kultur vor allem der Länder und Regionen Ost- und Ostmittel-, aber eben auch Südosteuropas. Diese umfassen direkte Links zu Bibliothekskatalogen, Zeitschriften und einzelnen Aufsätzen, einer Reihe von Internetressourcen, Fachdatenbanken und Bibliografien, weiteren Texten und Materialien sowie nicht zuletzt zu einigen interessanten Themenportalen. Ein direkter Zugang zu einzelnen Volltextdateien ist allerdings nur beschränkt vorhanden. Der Vorteil des neuen osmikon-Portals ist zudem, dass dieses „die Möglichkeit [bietet], parallel in einschlägigen deutschen und internationalen Bibliothekskatalogen, Bibliografien und Spezialdatenbanken nach wissenschaftlicher Literatur und Forschungsmaterialien zu Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa zu recherchieren.“
Eine nützliche Plattform für den Einstieg in die Recherche zur Geschichte zumindest jener Teile Südosteuropas, die zur Habsburger Monarchie gehörten, ist das seit 2001 bestehende Portal Kakanien Revisited (Kakanien revisited), das sich interdisziplinärer Forschung und Vernetzung im Bereich Mittelost- bzw. Zentral- und Südosteuropas widmet und eine Reihe von interessanten Aufsätzen, Studien, Essays und Rezensionen publiziert.
Mit der Forschungsplattform Südosteuropa wurde im Jahr 2009 ein erstes deutschsprachiges Fachportal für südosteuropäische Geschichte und andere Disziplinen mit diesem regionalen Schwerpunkt gegründet. Das Projekt, das neben aktuellen Informationen auch eine Reihe von relevanten Links, eigene digitale Publikationen (insbesondere Rezensionen) und Themenportale sowie eine Forscher*innen-Datenbank anbot, wurde ursprünglich von Holm Sundhaussen und seinen Mitarbeiter*innen am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin ins Leben gerufen und wurde ab 2011 gemeinsam vom Lehrstuhl für Südosteuropäische Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin (Prof. Dr. Hannes Grandits) und der Universität Regensburg (Prof. Dr. Ulf Brunnbauer) weiter gefördert. Nach organisatorischen Umstellungen im Jahr 2012 endete die redaktionelle Betreuung der Seite durch die Mitarbeiter der Humboldt-Universität zu Berlin und sollte von den Kolleg*innen aus Regensburg übernommen werden. Die Seite, deren Domain nach wie vor für das Regensburger Institut für Ost- und Südosteuropaforschung reserviert ist, wurde mit sämtlichen Inhalten 2012 aus dem Internet genommen und ist auch über zehn Jahre später nicht in Betrieb.
Interessanterweise sind in der Region selbst allgemeine Informationsportale zur Kultur, Tourismus oder eben auch Geschichte, die unabhängig von dem einen oder anderen staatlich oder durch die EU geförderten Digitalisierungsprojekte existieren, inzwischen recht selten.[57] Allgemeine Informationen sind verständlicherweise über die offiziellen Internetauftritte der jeweiligen Regierungen zu bekommen, auch wenn die in diesem Rahmen enthaltenen Informationen in der Regel überschaubar bleiben. Auch das im Jahr 2001 von der bulgarischen Nichtregierungsorganisation ARC Fund (Applied Research and Communications Fund) erstellte Portal southeasteurope.org, welches ein allgemeines und scheinbar vorwiegend auf Fragen der Politik, Wirtschaft bzw. zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit ausgerichtet ist, stellt indes eine Ausnahme dar.
Stattdessen lässt sich im Zusammenhang mit der Geschichte der Region die Entstehung zunehmend attraktiver Geschichtsportale wie etwa das kroatische Geschichtsportal Povijest.net beobachten, das einfache historische Darstellungen gemeinsam mit Neuigkeiten aus der Geschichtswissenschaft und Links zu den wichtigsten geschichtswissenschaftlichen Institutionen in Kroatien präsentiert. Einen Schritt weiter im Sinne der Spezialisierung stellt die ebenfalls kroatische Seite Historiografija.hr dar, die sich fast ausschließlich an Historiker*innen richtet und über die Links zu den wichtigsten Forschungseinrichtungen in Kroatien, aber auch anderen europäischen Ländern hinaus, auch selbst retrodigitalisierte Ausgaben einiger weniger historischer Fachzeitschriften anbietet, so zum Beispiel sämtliche Nummern des Historijski zbornik (Historische Sammlung) für den Erscheinungszeitraum 1948–1992.
Angesichts des Umstandes, dass die Geschichte Südosteuropas im Sinne der Area Studies vor allem außerhalb der Region als solche existiert, wundert auch nicht, dass die bedeutendsten Fachbibliographien ebenfalls außerhalb der Region zu finden sind. Als Beispiel für den deutschsprachigen Raum sei die seit den 1950er-Jahren geführte und mit dem letzten Band 2005 beendete vom Südost-Institut herausgegebene Bibliographiereihe genannt. Die einzelnen Bände sind allerdings nicht online verfügbar; im Internet sind lediglich die Angaben zu den einzelnen Bänden verfügbar. Interessant und durchaus nützlich ist indes das „Biographische Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. München 1974–1981“, das wie auch die anderen Publikationen das Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung in diesem Zusammenhang zu einer der wichtigsten Adressen im deutschsprachigen Raum macht.
Wesentlich bekannter sind jedoch die zwei ebenfalls außerhalb Südosteuropas entstandenen Bibliographien: die Amerikanische bzw. die Europäische Bibliographie zu den so genannten „Slavic and East European Studies“ – gewissermaßen die englischsprachige Bezeichnung für Osteuropastudien. Beide sind online verfügbar, wobei die erstere nur als kostenpflichtiges Produkt (EBSCO) und somit nur mit einer entsprechenden Lizenz, die letztere dagegen kostenlos, auch wenn ohne einen Volltextzugang zu den einzelnen Werken.[65] Die American Bibliography of Slavic and East European Studies (ABSEES) wurde zwischen 1956 und 1994 in gedruckter Form an der University of Illinois at Urbana-Champaign erstellt und beinhaltet Titel von Werken vor allem zu Ostmitteleuropa und zur früheren Sowjetunion und nur teilweise zu Südosteuropa. Die Bibliographie umfasst dafür Einträge aus den verschiedenen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen, darunter vor allem ethnologische, kultur- und kunstwissenschaftliche, ökonomische, pädagogische und geographische Werke. Dazu gehören Zeitschriften, Bücher, Dissertationen, Online-Ressourcen sowie ausgewählte in den USA und Kanada veröffentlichte Regierungspublikationen. Online verfügbar sind Einträge von 1989 bis in die Gegenwart und die Bibliographie wird monatlich aktualisiert.[67]
Die Europäische Bibliographie zur Osteuropaforschung (EBSEES) verzeichnet derzeit etwa 85.000 bibliographische Einträge aus den Bereichen der Sozial-, Geistes-, Literatur-, Sprach- und Kunstwissenschaften, ermöglicht jedoch keinen Volltextzugang. Die Bibliographie ist das Ergebnis der Zusammenführung zweier verschiedener gedruckter Bibliographien, der britischen und der französischen Travaux et publications parus en francais sur la Russie et l’URSS, die in der Zeitschrift Cahiers du Monde russe et sovietique zwischen 1963 und 1974 publiziert wurden. Den britischen und französischen Gründern der EBSEES schlossen sich nach und nach andere europäische Partner, darunter Deutschland, Belgien, die Niederlande, Österreich und andere.[69] Die Bibliographie ist aktuell über eine eigene Seite der Staatsbibliothek zu Berlin verfügbar.
Eine gemeinsame „regionale“ Bibliographie existiert in Südosteuropa nicht. Der Zugang zu den online verfügbaren südosteuropäischen Bibliographien und eine entsprechende Suche müssen daher über die einzelnen nationalen Bibliographien erfolgen.[70] Ein Zugang zu digitalen geschichtswissenschaftlichen Bibliographien ist jedoch selten möglich. So gelangt man über die verschiedenen Kataloge und Suchmaschinen einzelner Institutionen problemlos zu den Metadaten einzelner bibliographischer Werke, der Zugriff zu den digitalisierten Ausgaben alter Bibliographien ist allerdings etwas seltener. Als Beispiel hierfür wäre die von der Rumänischen Akademie der Wissenschaften erstellte Retrospektive nationale Bibliographie rumänischer Bücher, die sämtliche im Zeitraum 1508–1918 auf dem Gebiet des heutigen Rumänien gedruckte Texte zu beschreiben und systematisieren versucht. Parallel dazu bietet die Rumänische Nationalbibliothek ähnlich wie andere Nationalbibliotheken in der Region eine nationale Bibliographie an, die verschiedene Bereiche, darunter etwa die Periodikabibliographie umfasst und deren Ausgaben im PDF-Format kostenlos herunterzuladen sind.
Gewissermaßen einen Trend in Südosteuropa markierend ist hier als Beispiel die Plattform Kroatische wissenschaftliche Bibliographie zu nennen, die neben einer erweiterten Suchfunktion auch Links zu weiteren Fachbibliographien und bibliographischen Datenbanken in Kroatien beinhaltet. Gleichzeitig umfasst die Bibliographie, die lediglich nach Erscheinungszeiträumen und den einzelnen Disziplinen, nicht aber nach Themen gegliedert ist, lediglich die Titel kroatischer wissenschaftlicher Arbeiten, die ab 1990 erschienen sind. Ähnlich wie die kroatische wissenschaftliche Bibliographie ist auch die slowenische Datenbank Bibliografije raziskovalcev (Forscherbibliographien) konzipiert. Sie umfasst bibliographische Angaben aller Werke slowenischer Wissenschaftler*innen, die von diesen selbständig einem bestimmten Genre zugeordnet wurden. So können Einträge zu einzelnen Wissenschaftler*innen auf Artikel, Bücher, Konferenzbeiträge, betreute Dissertationen, Rezensionen unter anderem verweisen. Die Werke sind indes auch über den allgemeinen Bibliothekskatalog einsehbar, ist doch die Datenbank mit diesem verknüpft.[75]
Die Online-Bibliothekskataloge aller nationalen Bibliotheken in Südosteuropa[76] sind mit Sicherheit eine der ersten Adressen bei der Suche nach relevanten Werken zur Geschichte der Region.[77] Eine südosteuropäische Besonderheit in diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass tatsächlich die meisten Bibliothekskataloge aus der Region auf der Grundlage des COBISS.NET-Modells (Co-operative Online Bibliographic System & Services) aufgebaut sind. Das Katalogsystem, genannt „virtuelle Bibliothek“, welches vom Institut für Informationswissenschaften (IZUM. Institut informacijskih znanosti, Maribor, Slovenija) im slowenischen Maribor entwickelt wurde[79], verwenden die Nationalbibliotheken Bosnien-Herzegowinas, Bulgariens, Nordmazedoniens, Montenegros, Serbiens, Sloweniens sowie seit wenigen Jahren die Nationalbibliothek Kosovos. Eine Suche über die jeweiligen Kataloge ermöglicht die Recherche in den Beständen aller zum System angehörigen Bibliotheken, allerdings sind die einzelnen nationalen Informationssysteme unabhängig voneinander, obwohl sie auf derselben Plattform basieren. In den meisten Ländern werden vom COBISS alle Universitätsbibliotheken, fast alle städtische sowie weitere öffentliche Bibliotheken erfasst.
Doch auch die Kataloge der anderen Nationalbibliotheken bieten eine umfassende Suche, unter anderem auch innerhalb digitaler Publikationsbestände. Abgesehen von den Nationalbibliotheken Albaniens, Griechenlands, Kroatiens, der Republik Moldau und Zyperns[80], die eigene OPAC-Systeme haben und recht unterschiedlich viele andere etwa lokale Bibliotheksbestände verzeichnen, nutzen die Nationalbibliotheken (Rumäniens und der Türkei) ALEPH-Kataloge der Firma ExLibris. Zwar lassen sich im Hinblick auf die Suchfunktionen keine nennenswerten Unterschiede der verschiedenen Kataloge feststellen, eine gemeinsame Suche in allen Bibliotheken Südosteuropas ist auch aufgrund unterschiedlicher Systeme bislang nicht möglich. Die einzige Möglichkeit, die einem Verbundkatalog am nächsten kommt, ist das Portal The European Library, dessen Mitglieder auch alle Nationalbibliotheken aus Südosteuropa sind. Eine Suche über diesen Katalog dürfte dann zwar die Ergebnisse aus allen südosteuropäischen Bibliothekskatalogen liefern, aber auch eine Vielzahl weiterer Titel, die in Bibliotheken außerhalb der Region zu finden sind.
Zusätzlich zu den technischen Neuerungen im Hinblick auf die Suche ermöglichen einige der nationalen Bibliotheken auch einen Einblick in die Informationen über ihre ältesten Bestände. So besitzt die Nationale und Universitätsbibliothek Sloweniens neben dem allgemeinen Online-Katalog einen gescannten Katalog, der alle Einträge aus dem Zeitraum 1774–1947 umfasst. Ähnlich bedeutend ist der von der Serbischen Nationalbibliothek Online angebotene „Katalog der Bücher in den Sprachen der jugoslawischen Völker 1868–1972“ (Katalog knjiga na jezicima jugoslovenskih naroda).[82]
Eigens für die Suche nach bestimmten digitalen Inhalten in der Region entwickelte Suchmaschinen sind selten. Allgemeine Suchmaschinen wie etwa die auf den ehemaligen jugoslawischen Raum und die entsprechend vorwiegend in serbokroatischer Sprache ausgerichtete Suchmaschine Krstarica wurden zwar relativ früh – Ende der 1990er-Jahre – entwickelt, dafür aber verloren sie mit der Entwicklung von Google umso schneller an Bedeutung. Die Funktionen der erweiterten Suche, die etwa auch für die Geschichtswissenschaft relevante Suchergebnisse auflisten könnten, orientierten sich im Fall der Krstarica etwa an jenen von Yahoo! und wurden im Laufe der letzten Jahre nicht weiter entwickelt.
Für wissenschaftliche Recherche entwickelte Webkataloge jenseits der Bibliothekskataloge, die digitalisierte Dokumente verzeichnen, sind immer noch relativ selten, vor allem wenn sie von privaten Anbietern ohne staatliche Förderung angeboten werden. So wurde auch eines der wenigen Projekte dieser Art in der Region – eBiblioPhil – eine Art Suchmaschine mit Zugang zu einer Reihe retrodigitalisierter Online-Inhalte, das allerdings nicht nur und auch nicht vordergründig wissenschaftliche Arbeiten umfasst, ebenfalls aus Mitteln der Europäischen Union unterstützt.
Dass neue kommerzielle Angebote dieser Art so bald nicht zu erwarten sind, zeigen auch die anderen nennenswerten Projekte zur übergreifenden Suche nach Online- oder digitalen Inhalten, die trotz einiger Anteile privater Stiftungen, nach wie vor eine Ausweitung der bestehenden Suchangebote und -mittel der nationalen Bibliotheken darstellen. Ein solches Beispiel ist das vor 10 Jahren ins Leben gerufene Nationale akademische Bibliotheks- und Informationssystem Nalis aus Bulgarien, welches einen Katalog mit Zugang zu Volltextdateien von Beständen in über dreißig Bibliotheken in Bulgarien sowie eine weitere Suchmaschine für eine große Anzahl von digitalen Sammlungen bereitstellt.
Mit demselben Anspruch auf die möglichst breiten Suchmöglichkeiten wurden in Rumänien der aktuell nicht (mehr) verfügbare Katalog Romanian Library Network Science & Technology und in Slowenien die inzwischen in das COBISS System integrierte Metsuchmaschine Metaiskalnik entwickelt. Beide beruhen auf dem MetaLib Interface, beide sind Produkte nationaler Bibliotheken und werden aus öffentlichen Mitteln finanziert. Im Gegensatz zu den Bibliothekskatalogen ermöglichen die hier genannten Kataloge neben dem Zugang zu den jeweiligen Metadaten auch das Abrufen von Volltextdateien der entsprechenden Einträge. Die einzelnen Bestände umfassen dabei eine Vielzahl von Büchern, Zeitschriftenartikeln, Working Papers oder anderen Formaten. Interessante Ergebnisse liefert auch das Forschungsportal der Universität Sofia, das vorwiegend Werke aus eigener Produktion verzeichnet und als Volltextdateien anbietet.
Mindestens genauso große Bemühungen, die in der Region bzw. im eigenen Land entstandenen wissenschaftlichen Arbeiten über das Internet verfügbar zu machen, erfolgen in Südosteuropa beim Erwerb der Lizenzen und somit des Zugangs zu internationalen wissenschaftlichen Datenbanken. Vor allem infolge knapper finanzieller Mittel, aber auch der noch unzureichend entwickelten Infrastruktur beschränkt sich der Zugang auf einige wenige wissenschaftliche Institutionen, auch wenn eine Ausweitung des Zugangs – etwa für alle Studierende – angestrebt wird. Zu Initiativen, die eine eigene Plattform samt Suchfunktion in verschiedenen erworbenen Datenbanken anbieten und einer Art Nationallizenz gleich kämen, gehört beispielsweise das kroatische Zentrum für Online-Datenbanken, ein bereits in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre begonnenes Projekt des kroatischen Ministeriums für Wissenschaft, Bildung und Sport oder das serbische KoBSON. Die dabei erworbenen Produkte umfassen allerdings so gut wie keine Informationen oder Publikationen aus anderen Ländern der Region.
Lassen sich im Hinblick auf die Bibliothekskataloge und Suchangebote innerhalb digitaler Publikationen in den verschiedenen Ländern Südosteuropas keine nennenswerte Unterschiede feststellen, so könnten die Unterschiede zwischen den Möglichkeiten einer Online-Recherche in den Archivbeständen einzelner nationaler Archive[91] kaum größer sein.[92] Zwar besitzen alle nationalen oder Staatsarchive in der Region einen Internetauftritt – die jedoch immer mal wieder nicht zugänglich sind[93] –, doch nur selten finden sich auf diesen Seiten mehr als allgemeine Informationen über die Einrichtung selbst. In fast allen Fällen allerdings lässt sich zumindest die Bereitschaft für die Erweiterung des digitalen Angebotes beobachten. So bieten einige Archive wie das Archiv Jugoslawiens – neben dem Archiv Serbiens die bedeutendste solche Einrichtung in Serbien – Findbücher oder andere Findmittel im PDF-Format an, auch wenn nur für einzelne Fonds sowie eine kleine Auswahl an digitalisierten Dokumenten. Das Staatsarchiv der Republik Nordmazedonien bietet zum Beispiel eine kleine Sammlung digitalisierter Quellen an – etwa osmanischer Fermane. Eine umfassende Online-Recherche in den Beständen der meisten Archive des jeweiligen Staates bieten als „digitale Archive“ die bulgarische Staatliche Agentur Archive, Griechenland, ferner Kroatien, dessen Staatsarchiv ein eigenes Archivinformationssystem entwickelt hat sowie Slowenien und Rumänien, das auf die scopeArchive-Software zurückgreift.
Die Museumslandschaft Südosteuropas bietet hinsichtlich der Möglichkeiten einer Online-Recherche noch weniger Möglichkeiten an. Zwar sind auch hier alle größeren nationalen historischen Museen in der Region mit einer mehr oder weniger aufwendig multimedial gestalteten Seite im Internet präsent, doch der Nutzen von manch einer „virtuellen Führung“ in Form einer 360-Grad-Foto-Präsentation dürfte für Historiker*innen recht gering ausfallen. Mehr als allgemeine Informationen und eventuell den Zugang zu PDF-Katalogen einzelner Ausstellungen ist gegenwärtig nicht zu erwarten.[101] Es sind jedoch einzelne Projekte, die sich im Hinblick auf die Möglichkeiten einer digitalen Erweiterung des Museumsangebotes als wegweisend erweisen. Ein Beispiel dafür ist das vom Historischen Museum Bosnien-Herzegowinas realisierte und inzwischen nicht mehr Online verfügbare Projekt Sarajevoer Kriegsgegenstände, welches interessante Einblicke in den Kriegsalltag der Stadt in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre ermöglicht. Einige interessante „Online-Sammlungen“ bietet auch das kroatische staatliche Museumsdokumentationszentrum mit seiner Präsentation Digitales Kulturerbe in den Museen Kroatiens sowie weiteren Online-Präsentationen digitaler Sammlungen einer Reihe kroatischer Museen. Abgesehen von einzelnen solchen Projekten lassen sich auf den Webseiten einiger Museen (retro-) digitalisierte Ausgaben der verschiedenen von der jeweiligen Einrichtung herausgegeben Fachzeitschriften herunterladen. Beispiele hierfür wären das Volksmuseum Montenegros in Cetinje oder das Nationale Museum für Geschichte Rumäniens. Besonders erwähnenswert ist schließlich die Digitale Fotografien-Sammlung des Museums für Geschichte Jugoslawiens in Belgrad, die eine in der Region einzigartige Datenbank darstellt und über eine sehr gute Suchfunktion verfügt, auch wenn – und dies ist ein großer Nachteil – nur in serbokroatischer Sprache.
Die ersten offenen Mailing-Listen, über welche Informationen aus und zu Südosteuropa bzw. Südosteuropaforschung ausgetauscht wurden, entstanden in Europa[108] um das Jahr 2000, also nicht wesentlich später als das H-Net-Netzwerk, im Rahmen dessen auch einige Listen mit Informationen zur Erforschung Südosteuropas oder dessen Teilen entstanden sind. Das sind etwa H-Turk, ein Netzwerk für Osmanische und Türkeistudien, die Liste H-s, eine Liste mit dem Fokus auf die Geschichte der Habsburger Monarchie und ihrer Nachfolgestaaten, oder das interdisziplinäre akademische Netzwerk H-Romania, welches Informationen über die Geschichte, Politik, Kultur und Gesellschaft Rumäniens verteilt.
Als eine der ersten und bis in die frühen 2010er Jahre größten Listen mit ausschließlichen Fokus auf Südosteuropa gilt Balkan Academic News, eine moderierte Verteilerliste mit mehr als 7.000 Abonnenten, die akademische Neuigkeiten über und aus Südosteuropa veröffentlichte, darunter Call for Papers, Konferenzankündigungen, Buchrezensionen, neue Veröffentlichungen, Fragen und akademische Diskussionen über die Region. Die Liste ist aktuell an die Universität Graz angebunden, nachdem sie jahrelang durch die Central European University (CEU) in Budapest institutionell gefördert wurde.
Ein weiterer bekannter E-Mail-Verteiler im deutschsprachigen Raum, der Informationen aus dem Bereich der Sozialwissenschaften mit dem besonderen Fokus auf Ost-, Ostmittel, aber auch Südosteuropa vermittelt, ist die JOE-LIST: Netzwerk für junge Osteuropa-Experten. Die Liste entstand 1997 „auf Initiative von Jörn Grävingholt als E-Mail-Verteiler aus den damaligen ‚Brühler Tagungen‘ des Ost-West-Kollegs und des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, die mittlerweile als ‚JOE-Tagungen‘ unter der Ägide der Bremer ‚Forschungsstelle Osteuropa‘ und der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde durchgeführt werden.“ Die Liste erreicht gegenwärtig (2023) mehr als 12.000 Mitglieder, die per E-Mail „regelmäßig aktuelle Mitteilungen über Tagungen, Forschungsprojekte, neue Publikationen, Informationsangebote im Internet, Fördermöglichkeiten für junge Wissenschaftler*innen, Stellenangebote und vieles mehr“ erhalten. Auch die Joe-Liste wird moderiert und sämtliche Beiträge werden in einem Nachrichtenarchiv aufbewahrt, welches den Mitgliedern zugänglich ist. Ebenfalls vorwiegend sozialwissenschaftliche Nachrichten wurden über die inzwischen eingestellte Liste Social Science News – Mailing Service Eastern Europe des GESIS Leibniz Instituts für Sozialwissenschaften verteilt.
Weitere nennenswerte Mailing-Listen zum Informationsaustausch rund um Themen zur Geschichte Südosteuropas sind vor allem die mehr oder weniger internen Verteiler einzelner Lehrstühle oder Institute wie etwa die Liste des bekannten Berliner Forschungscolloquiums Südosteuropa, das bis Anfang 2015 von Prof. Dr. Holm Sundhaussen (Freie Universität Berlin) und Prof. Dr. Hannes Grandits (Humboldt-Universität zu Berlin) gemeinsam organisiert wurde[116], oder die offene Mailing-Liste SOE.Graz, die zur Verteilung von Informationen und Aktivitäten mit einem Bezug zu Südosteuropa an der Universität und in Graz dient.
Eine interessante neue Entwicklung stellen auch verschiedene wissenschaftliche Blogs und sogar Podcasts zu Themen der Südosteuropaforschung. Wie auch die Mailing-Listen werden sie vor allem außerhalb der Region errichtet, stehen aber allen Forscher*innen zur Nutzung und Beteiligung offen. Als Beispiele ließen sich die Podcasts der Südosteuropastudien am St Anthony’s College der Universität Oxford nennen, ferner das auf der Plattform hypotheses.org entstandene und von jüngeren Forscher*innen aus Frankreich moderierte Diskussionsforum zum ehemaligen Jugoslawien oder das Podcast zur Geschichte und den Gesellschaften des Balkans The Southeast Passage, das ebenfalls als private Initiative von einem jungen Südosteuropahistoriker betrieben wird und Interviews mit Kolleg*innen über ihre laufende Forschung veröffentlicht.
Abgesehen von Mailing-Listen, die vorwiegend intern und auf einzelne Institutionen oder Vereinigungen beschränkt genutzt werden, scheinen sich die verschiedenen insbesondere neuen Kommunikationsmöglichkeiten in Südosteuropa selbst noch nicht im selben Maße durchgesetzt zu haben wie außerhalb der Region. Und doch lässt die allgemeine Entwicklung im Hinblick auf den Einsatz digitaler Medien kaum Zweifel, dass dies in naher Zukunft insbesondere durch jüngere Forscher*innen zu erwarten ist.
Die Entwicklung der nötigen Infrastruktur ging auch in Südosteuropa mit der zunehmenden Digitalisierung einher. Weitaus stärker als die Bereitschaft, neue wissenschaftliche Publikationen ausschließlich digital zu veröffentlichen, lassen sich in allen genannten Ländern indes die Bemühungen beobachten, bestehende Publikationen oder allgemein als „kulturelles Erbe“ aufgefasstes Material zu digitalisieren.
So entwickelten spätestens in den letzten zehn Jahren alle nationalen Bibliotheken[121] und viele der Bibliotheken der jeweiligen Akademien der Wissenschaften ihre eigenen Digitalen Bibliotheken wie etwa die digitale Bibliothek der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften oder die digitale Bibliothek der Rumänischen Akademie der Wissenschaften. Dabei handelt es sich um eigens gestaltete Internetseiten mit Katalogen aller digitalisierten Bestände dieser Institutionen. Die in der Regel mit einer ausführlichen Suchfunktion ausgestatteten Suchportale enthalten außerdem weiterführende Informationen zu den einzelnen digitalen Sammlungen, während einzelne Digitalisierungsprojekte nicht selten mit anderen ähnlichen Initiativen in der Region und anderen Teilen Europas verlinkt sind. Der Zugang zu den einzelnen digitalen Ausgaben ist für die Nutzer*innen in der Regel kostenlos und erfordert keine Registrierung. Das Angebot der besonders empfehlenswerten digitalen Bibliotheken der nationalen Bibliotheken ist noch wesentlich vielfältiger und umfasst digitalisierte Bücher wie Zeitschriften, alte Plakate wie Postkarten, historische Gesetzestexte wie Kartenmaterial.[124] Der Zugang zu den einzelnen digitalen Bibliotheken erfolgt in der Regel über die Homepage der jeweiligen nationalen Bibliothek.
Doch nicht nur nationale Bibliotheken bieten ihre digitalen Ausgaben in Form einer digitalen Bibliothek an. Zunehmend entwickeln auch einige größere Stadtbibliotheken solche Angebote wie etwa die Digitale Bibliothek der Stadt Bukarest, die mehrere digitalisierte Sammlungen historischer Texte bereitstellt. In einem im Vergleich zu westeuropäischen Hochschulen noch recht bescheidenen Ausmaß, auch wenn zunehmend, bieten auch einzelne Universitäten in Südosteuropa ihre Publikationen in digitaler Form an und richten entsprechende Online-Repositorien ein wie zum Beispiel die Universität Sofia oder die Zentrale Universitätsbibliothek Lucian Blaga der Universität Cluj-Napoca. Neben den Universitäten entwickeln auch andere Forschungsinstitutionen vereinzelt ihre eigenen digitalen Bibliotheken wie etwa die Bibliothek des Instituts Ruđer Bošković aus Zagreb. Interessant für jene Historiker*innen, die sich mit der Politikgeschichte Griechenlands beschäftigen dürfte auch die Digitale Parlamentsbibliothek Griechenlands sein – ein seltenes Beispiel in der Region allerdings.
Ein wichtiger Bestandteil der in den letzten Jahren immer aufwendiger betriebenen (Retro-) Digitalisierungsarbeiten sind alte Tageszeitungen und Zeitschriften. Fast überall in Südosteuropa werden insbesondere Titel aus dem 19. Jahrhundert, gelegentlich auch jene aus dem 20. Jahrhundert digitalisiert und öffentlich kostenlos zur Verfügung gestellt. Während die größten Projekte der Digitalisierung von Zeitungen und Zeitschriften im Rahmen der Digitalisierung anderer Bestände der nationalen Bibliotheken stattfinden und die Inhalte entsprechend über die digitalen Bibliotheken zu suchen und abzurufen sind, stellen andere zum einen gemeinsame Initiativen verschiedener Institutionen dar und sind auch mit einem eigenen Internetauftritt samt Suchfunktion und anderen Informationen vertreten. Ein Beispiel wären die beiden Portale für digitalisierte alte kroatische Zeitschriften bzw. digitalisierte alte kroatische Zeitungen oder die digitale historische Zeitungen- und Zeitschriftensammlung der Nationalen Bibliothek der Türkei. Zum anderen erfolgt die Retrodigitalisierung von Zeitungen oder Zeitschriften nicht selten auch als lokale Initiative kleinerer Bibliotheken. Beispiele dafür wären die Sammlung von Zeitungen der Region Istrien der Universitätsbibliothek der Juraj Dobrila Universität in Pula oder die Volksbibliothek Vuk Karadžić aus Kragujevac, die auf der Plattform ISSUU[134], die eine Reihe von aus ihren Beständen digitalisierten Büchern und Zeitschriften aus dem frühen 20. Jahrhundert anbietet. Wie gerade das letzte Beispiel verdeutlicht unterscheiden sich die einzelnen Digitalisierungsprojekte nicht nur im Hinblick auf die inhaltlichen Kriterien, sondern vor allem hinsichtlich ihrer Qualität und Zugangsmöglichkeiten oder auch schon der einzelnen Digitalisierungsverfahren, gibt es in kaum einem der südosteuropäischen Staaten eine Art vereinheitlichten Standards hierzu. Für die Forscher*innen äußern sich diese Unterschiede insbesondere etwa in Bezug auf die Einschränkung der Suchfunktion. So ermöglicht eine Suche über den Bibliothekskatalog der slowenischen Nationalen und Universitätsbibliothek eine umfassende Volltextsuche etwa auch in allen digitalisierten Zeitungen, darunter auch in Ausgaben aus dem 19. Jahrhundert, während sich die an sich durchaus wertvolle Initiative des Einscannens der größten serbischen Tageszeitung „Politika“ durch die Nationalbibliothek Serbiens auf ein „Blättern“ auf dem Bildschirm beschränkt, stehen doch die einzelnen Zeitungsseiten lediglich als nicht durchsuchbare JPG-Dateien zur Verfügung.
Da sich Primärquellen aus der jeweiligen Fragestellung ergeben, kann im folgenden Abschnitt nicht einmal der Versuch unternommen werden, einen Überblick aller in Frage kommenden Quellenbestände, die in Südosteuropa digital zugänglich sind, zu geben. Viele der Online verfügbaren Quellen finden sich außerdem in den bereits angesprochenen digitalen Bibliotheken. Daher sei hier auf einige besondere Quelleneditionen und Spezialsammlungen verwiesen.
Retrodigitalisierte Quellensammlungen
Wie bereits angedeutet kommt in Südosteuropa der (Retro-) Digitalisierung vor allem des unter dem Begriff des „Kulturerbes“ gefassten Materials besondere Aufmerksamkeit zu. Für Historiker*innen können dabei insbesondere die digitalisierten alten und mittelalterlichen Handschriften von Interesse sein. So bietet die griechische Nationalbibliothek unabhängig von ihren Digitalen Sammlungen und der digitalen Sammlung von Zeitungen aus dem 19. und 20. Jahrhundert auch eine Spezialsammlung digitalisierter alter griechischer Handschriften.[138] Eine ähnliche, leider inzwischen nicht mehr Online verfügbare Sammlung digitalisierter alter slawischer Handschriften stellte die nordmazedonische nationale Bibliothek zusammen.
Doch auch und gerade Historiker*innen, die sich mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts beschäftigen, bieten sich verschiedene Möglichkeiten, über das Internet auf wertvolles Quellenmaterial zuzugreifen, auch wenn gegenwärtig die Initiativen, digitalisiertes Quellenmaterial aus und zu Südosteuropa zur Verfügung zu stellen, vor allem außerhalb der Region zu finden sind. Beispiele dafür sind die für die Zeit des Kalten Krieges besonders wertvollen Archive der Open Society oder aber die in die osmikon-Plattform integrierte Plattform Osteuropa-Dokumente online (OstDok), die digitalisierte historische Dokumente aus Osteuropa, darunter auch nicht wenige aus Südosteuropa beinhaltet.
Spezifische Quellen: Fotos, Audio-Visuelle-Quellen, Objekte, Karten etc.
Die Digitalisierung von Quellen in und aus Südosteuropa umfasst in den letzten Jahren zunehmend auch eine Reihe von weiteren Quellen, darunter auch audio-visuelle Quellensammlungen. Neben der bereits genannten digitalen Fotografien-Sammlung des Museums für Geschichte Jugoslawiens in Belgrad ist in diesem Zusammenhang etwa das von der Universität Graz erstellte VASE. Visual Archive Southeastern Europe zu nennen, welches eine Vielzahl von historischen Fotografien und Postkarten beinhaltet und gezielt die Aufmerksamkeit auf diese Art von Primärquellen lenken möchte.
Eine positive und für Südosteuropahistoriker*innen äußerst nützliche Entwicklung ist ferner die Digitalisierung von statistischem Material in der Region. In allen südosteuropäischen Staaten bieten nationale Statistikämter die von ihnen erhobenen statistischen Daten zunehmend kostenlos über das Internet an.[144] Zum Teil finden sich über die unterschiedlich nutzerfreundlichen Portale etwa Bevölkerungsdaten[145], die bis zum frühen 20. Jahrhundert zurückreichen und teilweise zumindest im PDF-Format zugänglich sind.
Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch im Hinblick auf den Zugang zum Kartenmaterial in der Region beobachten. In allen südosteuropäischen Staaten wurden in den letzten Jahren oder werden weiterhin vorwiegend von Katasterämtern oder anderen staatlichen für Kartographie zuständigen Institutionen online zugängliche Datenbanken von Kartenmaterial entwickelt[146], auch wenn zum einen der Zugriff nicht bzw. zunehmend nicht kostenfrei ist[147] und zum anderen historische Karten oder auch ältere Luftaufnahmen hier nicht zu finden sind. Die meisten historischen Karten, die in der Region aufbewahrt und in den letzten Jahren digitalisiert wurden, finden sich dagegen vereinzelt in den Sammlungen der „digitalen Bibliotheken“.
In starkem Gegensatz zu den insgesamt vergleichsweise wenigen digital veröffentlichten Büchern steht die Vielzahl der digital publizierten und oftmals kostenlos zugänglichen wissenschaftlichen Zeitschriften aus Südosteuropa. Tatsächlich stellen die wissenschaftlichen Periodika den wohl einzigen Bereich, in dem die digitalen Neuerscheinungen (sei es auch nur als Parallelerscheinungen zu den gedruckten Ausgaben) gegenüber retrodigitalisiertem Inhalt überwiegen. Dies ist nicht zuletzt auf die Erwartungen vieler Forscher*innen aus der Region zurück zu führen, die sich von der digitalen Publikation gerade wissenschaftlicher Aufsätze eine erhöhte internationale Sichtbarkeit ihrer Ergebnisse erhoffen. Die vergleichsweise große Aufmerksamkeit gegenüber der verschiedenen internationalen Zitationsindizes und der jeweiligen Rankings internationaler, aber auch zunehmend südosteuropäischer Zeitschriften, die mittels digitaler Ausgaben und verschiedener Referenzsysteme wesentlich schneller einzusehen ist, scheinen dies zu belegen. Doch während überall in der Region die Veröffentlichung in renommierten internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften als Prestigeangelegenheit zu gelten scheint, fallen die Bemühungen um die Entwicklung eigener digitaler Ausgaben sehr unterschiedlich aus. Während einige Länder bzw. Forschungsgemeinschaften über gleich mehrere Zeitschriftendatenbanken oder Repositorien verfügen, die den direkten Zugang zu einzelnen Artikeln – in der Regel im PDF-Format – ermöglichen, bieten andere Online allenfalls eine Liste ihrer Periodika an und bemühen sich stattdessen, digitale Ausgaben ihrer Zeitschriften möglichst international „unterzubringen“ – etwa im Rahmen kommerzieller Produkte wie JSTOR, EBSCO, PAO etc. Das Letztere scheint insbesondere in Rumänien der Fall zu sein[148], wo erst kürzlich eine mehrere Online-Zeitschriften umfassende Plattform ins Leben gerufen wurde: die Platforma editorială româna (Rumänische redaktionelle Plattform). Im Gegensatz zu den Datenbanken, die neben einer Suchfunktion vor allem die digitalen Ausgaben einzelner Artikel umfassen, funktioniert die Plattform im Wesentlichen wie andere ähnliche Redaktions- und Publikationsseiten dieser Art auch (zum Beispiel das Open Journals System oder im Hinblick auf das Content-Management-System der Editorial Manager von Aries Systems), indem sie die Online-Präsentation der Zeitschrifteninhalte mit einem redaktionellen Content-Management-System vereint. Die Anzahl der die Plattform nutzenden Zeitschriften scheint kontinuierlich zuzunehmen und es bleibt zu sehen, ob auch die älteren renommierteren rumänischen wissenschaftlichen Zeitschriften ihre digitalen Ausgaben verstärkt fördern werden.
Ein gänzlich anderer Umgang mit digitalen Zeitschriften lässt sich dagegen in Kroatien beobachten. Seit Anfang der 2000er-Jahre vereint eine Datenbank nahezu sämtliche seit Beginn der 1990er-Jahre in Kroatien erscheinende wissenschaftliche Zeitschriften: Hrčak. Portal znanstvenih časopisa Republike Hrvatske).[153] Neben einigen wenigen geschichtswissenschaftlichen Zeitschriften, deren retrodigitalisierte Ausgaben auf der bereits genannten Webseite „historiografija.hr“ verfügbar sind, stellt das Portal ein in Südosteuropa einzigartiges Angebot einer zentralen (nationalen) Zeitschriftendatenbank dar. Vergleichbar damit sind lediglich die drei verschiedenen Portale, die in Serbien mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen digitale Ausgaben der dort erschienenen wissenschaftlichen Zeitschriften anbieten. Das erste war das inzwischen nicht mehr verfügbare Komunikacija (Komunikacija, Journals), eine private, kostenlos zugängliche Zeitschriftendatenbank, die bereits in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre entstanden und somit wohl das erste Produkt dieser Art in Südosteuropa war. Einige der auf dieser Plattform gehosteten Zeitschriften werden zusätzlich auf den anderen beiden digitalen Zeitschriftenportalen angeboten. Dies sind zum einen das Portal DOI Serbia (Digital Object Identifier (DOI) Repository), welches die in Serbien publizierten und mittels des Digital Object Identifier[156] verzeichneten Zeitschriftenartikel auflistet und kostenlosen Zugang zu den einzelnen Volltexten anbietet und zum anderen der Serbische Zitationsindex (Srpski citatni indeks), eine Zitations- und Referenzdatenbank serbischer wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel, die allerdings auch einen breiten, auch wenn nicht vollständigen Zugang zu den einzelnen Volltexten ermöglicht. Das private Zentrum für Evaluation in Bildung und Forschung (CEON), welches vor einigen Jahren auch das letztere Projekt von der Nationalbibliothek Serbiens übernommen hat, ist an dieser Stelle besonders hervorzuheben, bemüht es sich doch zunehmend, nebst anderen Produkten, mit den SEESAmE Publications (Full Text Citation Databases) einen ähnlichen Zitationsindex für sämtliche südosteuropäische wissenschaftliche Periodika aufzubauen. Dies stellt gleichzeitig auch die einzige solche Initiative in der Region dar, auch wenn der gegenwärtige Umfang der verzeichneten und immer noch vollständig zugänglichen Artikel zu wünschen übrig lässt. So liefert eine Suche in dieser Datenbank bei Weitem nicht so viele Treffer wie die Suche in den einzelnen hier genannten Portalen. Trotz manch einer Überschneidung von Zeitschriftentiteln, wie im Fall der serbischen Datenbanken, ist eine Recherche über jedes einzelne Portal dennoch zu empfehlen.
Auch wenn im regionalen Vergleich die kroatischen und serbischen Portale in der Region immer noch eine Ausnahme darstellen, da sie kommerziellen Produkten am nächsten kommen, ist in Südosteuropa insgesamt ein stetiger Anstieg des Angebotes digitaler Ausgaben wissenschaftlicher Zeitschriften zu beobachten. Digitale Zeitschriftenartikel, dabei vorwiegend kostenfrei, bieten neben den nationalen Bibliotheken insbesondere einzelne Universitäten als deren Herausgeber wie etwa die Fakultät für Geschichte der Universität Cluj (Facultatea de istorie şi filosofie, Reviste ştiinţifice) oder die Universität Stefan cel Mare aus Suceava in Rumänien an. Grundsätzlich sind auch die einzelnen von den Akademien der Wissenschaften herausgegebenen Periodika in digitaler Form kostenlos zu beziehen, das Angebot dieser Institutionen umfasst allerdings nur selten eine durchsuchbare Datenbank wie in Bulgarien (Centralna biblioteka na B’lgarskata Akademija na Naukite, Naučna periodika na BAN), sondern wie im rumänischen Fall (Editura Academiei Române, Publicatii periodice ale Academiei Române) allenfalls eine Auflistung der Zeitschriften.
Eine die gesamte Region umfassende Suche nach wissenschaftlichen Zeitschriften und einzelnen Artikeln bieten immer noch nur Kataloge und Zeitschriftendatenbanken außerhalb der Region. Sieht man von den bekannten Produkten wie JSTOR, Ebscohost, PAO, ProjectMuse und anderen ab[163], gehören zu den wohl bekanntesten im deutschsprachigen Raum die Zeitschriftenschau Osteuropa und die Elektronische Zeitschriftenbibliothek der Bayerischen Staatsbibliothek, die auch eine Vielzahl an Zeitschriftentiteln aus Südosteuropa beinhalten. Als nützlich sei hier auch die Zeitschriftensammlung im Rahmen der sozialwissenschaftlichen Datenbank Osteuropa der GESIS (Knowledge Base Social Science Eastern Europe) zu nennen, die nach der Einstellung des Dienstes im Jahr 2013 in das Social Science Open Access Repository integriert wurde. Aufgrund des Zugangs zu den Volltexten einzelner Zeitschriftenartikel aus einer Vielzahl ost- und südosteuropäischer Zeitschriften, aber auch einiger westeuropäischer Zeitschriften zu Ost- oder Südosteuropa, erfreut sich insbesondere die Central and Eastern European Online Library (CEEOL) einer großen Beliebtheit bei vielen Forscher*innen, obwohl es sich hier um ein kommerzielles Produkt handelt und der Zugang nur kostenpflichtig oder in der Bundesrepublik über die Nationallizenz möglich ist.[169]
Sammlungen von elektronischen Publikationen zur Geschichte Südosteuropas, die über die bereits genannten hinaus besonders nützlich erscheinen, sind vor allem die kostenlos zugänglichen Publikationen einzelner Institutionen und Organisationen sowohl außerhalb als auch in der Region selbst. Als Beispiel seien hier für den Bereich der Zeitgeschichte und Politik interessanten Publikationen verschiedener lokaler oder auch internationaler Nichtregierungsorganisationen, darunter auch der deutschen parteinahen Stiftungen genannt, die eine Vielzahl zum Teil auch in Zusammenarbeit mit den örtlichen wissenschaftlichen Institutionen herausgegebenen Schriften zur Politik und Gesellschaft, nicht selten aber auch zur Geschichte der Region im PDF-Format anbieten.[170] Einige von ihnen wie etwa die Friedrich-Ebert-Stiftung ermöglichen über ihre eigenen Bibliothekskataloge auch eine regional übergreifende Suche nach digitalen Ausgaben – in diesem Fall aus allen Regional- bzw. Länderbüros.[171]
Weitere elektronische Publikationen, die ebenfalls in der Regel kostenlos zur Verfügung gestellt werden, sind zum Teil ganze Studien, die im Rahmen von öffentlich – national oder international – geförderten Forschungsprojekten entstanden sind. Ein Beispiel wäre das Ende der 1990er-Jahre durchgeführte Projekt zur Geschichte der Militärgrenze zwischen dem Habsburger und dem Osmanischen Reich, Triplex Confinium (Triplex confinium, Knjige), dessen Partner aus Kroatien, die Universität Zagreb – beteiligt waren zudem Partner aus Graz und Budapest – nahezu sämtliche im Rahmen des Projektes entstandenen Studien kostenlos zum Herunterladen anbietet.
Historiker*innen, die sich der Region Südosteuropa widmen, können seit über fünfzehn Jahren auf eine immer größere Auswahl von digitalen Ressourcen zurückgreifen. Ein Großteil von digitalen Angeboten zur Geschichte der Region oder der einzelnen Nationalstaaten wird vor Ort generiert. Um viele weitere Informationen und Materialien wird dies von den Angeboten ergänzt, die außerhalb der Region zu Zwecken der Südosteuropaforschung entstehen. Wie in anderem Zusammenhang gilt also auch hier: nicht ein zu wenig an digitalisiertem Material steht zur Verfügung, sondern viel eher ein zu viel des Ganzen. Gerade in den letzten Jahren sind überall in der Region zum einen unzählige Digitalisierungsprojekte zu verzeichnen, zum anderen gehen diese Initiativen mit einer verstärkten Vernetzung von Daten und Beständen im Rahmen europäischer Kooperationsprojekte einher.[173] So nützlich diese Entwicklungen auch sind – insbesondere Südosteuropahistoriker*innen aus dem Ausland können dadurch so Einiges an Zeit und Kosten für Aufenthalte sparen –, so schnell verliert man auch den Überblick über die vielen Möglichkeiten der digitalen Erforschung der Geschichte dieser Region. Während wir auf eine Art „zentraler Ressourcendatenbank“ zur Geschichte Südosteuropas im Internet wohl noch lange warten werden, dürfte dieser Beitrag zumindest eine erste Anleitung oder Orientierungshilfe geliefert haben.
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Dr. Đorđe Tomić ist als Group Director Production bei der we.CONECT Global Leaders GmbH im Bereich B2B Events & Media tätig. Als Abteilungsleiter ist er für 20 Mitarbeiter*innen und die Programmgestaltung von über 100 Jahresevents verantwortlich. Zuvor arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Südosteuropäische Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin sowie vier Jahre in verschiedenen Positionen im Deutschen Bundestag. Zudem war er jahrelang in der politischen Bildung (Heinrich-Böll-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Hans-Böckler-Stiftung, Robert Bosch Stiftung u.a.), als Übersetzer und Dolmetscher und als externer wissenschaftlicher Gutachter für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH tätig. Er wurde 2014 in Geschichtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert und studierte Osteuropastudien an der Freien Universität Berlin, Sozialwissenschaften (Humboldt-Universität zu Berlin) und Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Universität Novi Sad.