Mediengeschichte

Archive und Online-Ressourcen für die Forschung

1. Entwicklung und Institutionalisierung mediengeschichtlicher Forschung

1.1 Einführung

Medien haben nicht erst seit dem Internetzeitalter eine markante historische Bedeutung. Fasst man Medien im weiten Sinne als Mittler von Kommunikation, sind sie seit Beginn der Menschheitsgeschichte konstitutiv, da Zeichen, Sprache oder Schrift schon immer die menschliche Verständigung strukturierten. Aber selbst wenn man „nur“ technische „Massenmedien“ betrachtet, wie bei den meisten HistorikerInnen und KommunikationswissenschaftlerInnen üblich, spielen diese spätestens seit Einführung des Drucks eine entscheidende Rolle, da sie zahlreichen Menschen regelmäßig Zugang zu ähnlichen Kommunikationsangeboten ermöglichten. Die jeweils neuen Medien veränderten Vorstellungen, Inhalte, Handlungen und Bedeutungen, da der gleiche Gedanke auf Pergament, auf einem Flugblatt oder im Fernsehfilm anders formuliert, verarbeitet, verstanden und gespeichert wird.

Das verstärkte historische Interesse an Medien erklärt sich aus ihrer Allgegenwart im Internetzeitalter. Die Etablierung von Computern und des Internets historisierten zugleich die nunmehr „alten“ Medien als Forschungsgegenstände. Zudem verstärkte der „Cultural Turn“ den Blick auf die Kommunikation, durch den sowohl die Populärkultur in den Blick der Forschung geriet als auch Wahrnehmungen und Diskurse, die meist medial geprägt sind. Ebenfalls recht jung ist der heutige Begriff „Medien“. Er etablierte sich erst in den 1960er-Jahren im öffentlichen Sprachgebrauch, um mit einem Oberbegriff unterschiedliche Kommunikationsmittel mit massenhafter Reichweite zu beschreiben. Begriff und Bedeutung wurden dabei aus dem amerikanischen Wort „Mass Media“ übertragen, das bereits in den 1920er-Jahren aufkam. Während insbesondere in den USA und Großbritannien, aber auch in Deutschland, ein starkes Interesse an der Mediengeschichte erkennbar ist, spielt sie bei HistorikerInnen der süd- und osteuropäischen Länder bislang eine deutlich geringere Rolle.

1.2 Disziplinäre Zugänge und Zeitschriften zur Mediengeschichte

Wie der Begriff „Medien“ definiert wird und mit welchen Methoden und Schwerpunkten sie historisch untersucht werden, ist gerade in der deutschen Forschung sehr umstritten. Angelsächsische Mediengeschichten verzichten oft pragmatisch auf Begriffsdiskussionen und setzen die alltagssprachliche Bedeutung von Medien im Sinne von „Massenmedien“ voraus, die dann auch im Mittelpunkt ihrer „Media History steht. In Deutschland firmiert dagegen unter den Begriffen „Medien“ und „Mediengeschichte“ je nach Forschungsdisziplin sehr unterschiedliches.

Die Kommunikationswissenschaft ist die Disziplin, die sich am längsten mit der Geschichte von Medien auseinander gesetzt hat. Sie formierte sich seit den 1920er-Jahren in den USA, um sozialwissenschaftlich die Funktionsweise der Public Opinion zu untersuchen. Vor allem die Propaganda der europäischen Diktaturen führte im folgenden Jahrzehnt zur empirischen Medienwirkungsforschung, wobei Paul F. Lazarsfelds Arbeiten zum Radio und zur Meinungsforschung wegweisend waren.[1] In Deutschland etablierte sich hingegen die eher geisteswissenschaftlich ausgerichtete Zeitungswissenschaft seit den 1920er-Jahren an einigen Universitäten, die seit den 1970er-Jahren nun unter dem Namen "Kommunikationswissenschaft" sozialwissenschaftlich arbeitet. Bis heute dominiert dabei ein enger Medienbegriff, der Medien vor allem als jene technischen Mittel fasst, die zur Verbreitung von Aussagen an ein potentiell unbegrenztes Publikum geeignet sind.[2] Insbesondere mit quantifizierenden Methoden untersucht sie Inhalte, Akteure und Strukturen von Massenmedien wie der Presse, des Radios und des Fernsehens, neuerdings auch des Online-Journalismus. Für historische Analysen verwendet sie vornehmlich den Begriff „Kommunikationsgeschichte“. Organisiert sind die kommunikationshistorischen Aktivitäten in den „History“- bzw. „Communication History“- Sektionen der International Association for Media and Communication Research (IAMCR) und der European Communication Research and Education Association (ECREA) sowie in Deutschland in der Sektion „Kommunikationsgeschichte“ der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft (DGPuk). Medienhistorische Beiträge finden sich gelegentlich in ihren Fachzeitschriften wie Medien & Kommunikationswissenschaft, der Publizistik oder dem European Journal of Communication. Durchweg medienhistorische Analysen, vorwiegend aus der Kommunikationswissenschaft, bieten etwa Rundfunk und Geschichte (das Organ des gleichnamigen Studienkreises), das Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte sowie medien & zeit aus Österreich. Das internationale Organ Media History versammelt Beiträge zu „Massenmedien“ der Neuzeit, vornehmlich zum Journalismus des 19. und 20. Jahrhunderts.

In markanter Abgrenzung dazu etablierte sich, besonders in Deutschland, seit den 1980er-Jahren die kulturwissenschaftlich ausgerichtete Medienwissenschaft, die stärker historisch orientiert ist, da sie aus den Film-, Theater- und Literaturwissenschaften entstand. Die literaturwissenschaftliche Öffnung zur Populärkultur bildete einen Ausgangspunkt. Ein weiterer war die breite Rezeption von Marshall McLuhans Neudeutung des Medienbegriffs der 1960er-Jahre, der diese als Körperausweitungen fasste, wozu er etwa Brillen, Geld oder das Rad zählte. Als eigentliche Botschaft eines Mediums sah er dessen soziale Auswirkungen, „die Veränderung des Maßstabs, Tempos oder Schemas, die es der Situation des Menschen bringt“.[13] Innerhalb der Medienwissenschaft bestehen wiederum heterogene Schulen mit ästhetischen, philosophischen oder technischen Schwerpunkten. Überwiegend eint sie ein kulturwissenschaftlicher Ansatz und ein weiter Medienbegriff. Inhaltlich im Vordergrund stehen – je nach Schule – ästhetische Analysen zu einzelnen Medienprodukten (besonders von Filmen und Fernsehgenres) sowie, oft eher ideengeschichtlich, der Wandel von Wissensordnungen, Praktiken und Wahrnehmungen im Zuge der Mediengenese.[14]

Für eine Auseinandersetzung mit den aktuellen Ansätzen und dem Selbstverständnis der deutschen Medienwissenschaft empfiehlt sich die Zeitschrift für Medienwissenschaft oder das jährlich publizierte Archiv für Mediengeschichte der medienphilosophisch orientierten Weimarer Schule. Weitere Fachperiodika wenden sich besonders der Filmgeschichte zu, wie Nach dem Film, montage av oder Fotogeschichte. International wichtige Zeitschriften sind etwa Film History, Cinema Journal oder Screen. Dass die Grenzen zwischen den Disziplinen im Ausland weicher sind, zeigt auch ein Blick in internationale medienhistorische Fachzeitschriften wie das Historical Journal of Film, Radio and Television, das kommunikations- und medienwissenschaftliche Elemente aufweist und auch für HistorikerInnen anschlussfähig ist. Gleiches gilt für die online edierte Zeitschrift VIEW. Journal of European Television History and Culture.

In der Geschichtswissenschaft entstanden zwar seit dem 19. Jahrhundert immer wieder medienhistorische Studien, die etwa Flugblätter, Zeitungen oder Verlagshäuser analysierten, aber erst seit den späten 1990er-Jahren nahmen diese Art von Arbeiten zu und gewannen ebenfalls ein eigenes methodisches Profil. Nun kam es zu einer Abkehr von Ansätzen, die Medien inhaltsanalytisch als einen (verzerrten) Spiegel der Realität untersuchten. Stattdessen wurde die gesellschaftsprägende Kraft von Medien analysiert und sie damit als eigene soziale Realität verstanden.[25] Der Medienbegriff der Geschichtswissenschaft ist mittlerweile recht vielfältig: Während ZeithistorikerInnen eher einen engen Medienbegriff im Sinne der Kommunikationswissenschaft präferieren und technisch erstellte „Massenmedien“ analysieren, steht bei Studien zur Vormoderne zwar ebenfalls die gedruckte Publizistik im Mittelpunkt, aber auch symbolische Kommunikationsmittel im weiteren Sinne (wie Kirchenfenster, Architektur und ähnliches) werden berücksichtigt. HistorikerInnen haben dabei zumeist weniger Interesse an den Medien selbst als an ihrer gesellschaftlichen Rolle. Entsprechend untersuchen viele Arbeiten die Beziehung zwischen Medien und Politik (etwa in Diktaturen oder in der demokratischen Praxis), ihre Bedeutung für unterschiedliche Teilöffentlichkeiten und deren Formierung oder ihre Rolle für die Ausbildung von Normen, Wissen oder sozialen Praktiken. Darüber hinaus beleuchten viele HistorikerInnen aber auch vermehrt, ähnlich wie die Kommunikationswissenschaft, die Rolle von journalistischen Akteuren (etwa von Auslandskorrespondenten) oder konkreten Medieninhalten. Besondere Aufmerksamkeit fand zudem die Visual History, die die Genese, Wirkung und Verwendungsweisen von Bildmedien untersucht. Neuerdings entstehen auch erste Studien zur Geschichte der Computerisierung.

Obwohl die medienhistorische Forschung der Geschichtswissenschaft mittlerweile durch zahlreiche Publikationen und Verbundprojekte etabliert ist, verfügt sie bisher über keine eigene bundesweite oder internationale medienhistorische Arbeitsgruppe, kaum über denominierte Professuren (außer in Saarbrücken und Gießen) oder eine eigene Fachzeitschrift. Medienhistorische Beiträge erscheinen verstreut in allen Journalen, häufiger etwa in WerkstattGeschichte, den Zeithistorischen Forschungen oder in Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. Von den online verfügbaren Rezensionsportalen werden besonders auf H-Soz-Kult häufig medienhistorische Arbeiten besprochen.

2. Digitale Quellen und Informationsressourcen

Generell sind medienhistorische Fachbeiträge nicht häufiger online verfügbar als andere Schwerpunkte der Geschichtswissenschaft. Vielmehr erscheinen sie weiterhin überwiegend in gedruckter Form und sind über die üblichen Fachportale der Geschichtswissenschaft und die Datenbanken der Bibliotheken online einsehbar. Unterschiede zeigen sich hingegen bei den Quellen. Einerseits bietet das Internet einen völlig neuartigen Zugang zu mediengeschichtlich relevanten Überlieferungen, was sicherlich zur Expansion dieses Bereiches beigetragen hat und Methoden veränderte. So ermöglichte die Digitalisierung von Zeitungen und Zeitschriften etwa erst deren umfassende Auswertung auch mit quantitativen Methoden. Ebenso erklärt sich der Aufschwung der „visual history“ mit aus den online verfügbaren Bild- und Filmquellen, die vormals schwer zugänglich waren. Andererseits ist der Zugang zu medienhistorischen Quellen im Internet aus urheberrechtlichen Gründen oft schwieriger als bei anderen Überlieferungen, da sie in der Regel zur kommerziellen Verwertung erstellt wurden. Im internationalen Vergleich ist die rechtliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland besonders restriktiv, selbst oder vielmehr gerade auch bei Zeugnissen des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks.[30]

Ein übergreifendes Portal, das umfassend Zugang zu unterschiedlichen mediengeschichtlichen Quellen und Studien bietet, existiert bisher nicht. Vielmehr legen die meisten Portale Schwerpunkte auf die einzelnen unterschiedlichen Medien, weshalb auch diese Einführung medienspezifisch gegliedert ist. Kleinere übergreifende Linksammlungen bieten Homepages von Professuren mit medienhistorischen Schwerpunkten, wie der Fachjournalistik Geschichte an der Universität Gießen oder der Kultur- und Mediengeschichte an der Universität des Saarlandes. Ebenso ermöglichen einzelne Verlage online verfügbare Ergänzungen zum Buch mit Links zur Mediengeschichte.

2.1 Öffentliche Fotos und Printmedien

Die Digitalisierung von Zeitungen und Zeitschriften hat seit Anfang des 21. Jahrhunderts stark zugenommen. Deutsche Printmedien sind bislang jedoch im Vergleich zu westlichen Nachbarländern vergleichsweise wenig digital erfasst worden, obgleich Deutschland historisch die wohl größte Vielfalt an Zeitschriften und Zeitungen aufweist. So stehen in Großbritannien mit dem British Newspaperarchive 460 digitalisierte Zeitungen zur Volltextsuche zur Verfügung. Weitere wichtige Zeitungen, wie insbesondere die Times (von 1785–1985) oder der Guardian, sind von Bibliotheken aus als Volltext einsehbar. Insbesondere in den USA haben vielfach auch kommerzielle Unternehmen (wie Newspaperarchive) zahlreiche Zeitungen erfasst, die gegen relativ geringe Gebühr einen umfassenden Volltextzugang bieten. Besonders das Portal ProQuest Historical Newspapers bietet einen Zugang zu vielen wichtigen englischsprachigen Zeitungen und kann von wissenschaftlichen Bibliotheken aus eingesehen werden. Neben rechtlichen Fragen dürfte die größere Bedeutung der Ahnenforschung in den angelsächsischen Ländern dazu beigetragen haben, dass hier ein kommerzieller Markt auch für digitalisierte regionale Printmedien entstand.

Um einen weltweiten Überblick über digitalisierte Zeitungen zu erhalten, bieten sich Plattformen wie International Coalition on Newspapers (ICON) an, deren Übersicht aufgrund des globalen Charakters freilich unvollständig und nicht ganz aktuell ist. Eine recht zuverlässige Bestandsaufnahme über alle in deutschen Bibliotheken zugänglichen Zeitungen und Zeitschriften bietet die Zeitschriftendatenbank (ZDB). Diese ermöglicht zwar meist keinen direkten Zugang zu den Periodika, vermerkt aber zumindest, ob und von wo ein elektronischer Zugang möglich ist. Die hier versammelten digitalisierten Periodika können nur exemplarisch angeführt werden. Zu den herausragenden und in der Forschung häufig benutzten Digitalisierungen von Zeitungen der letzten vier Jahrhunderte zählen etwa die älteste erhaltene Zeitung der Welt, die Relation von 1609, das Satireblatt Kladderadatsch (1848–1944), die Vossische Zeitung (1918–1934) oder auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung (1949 bis heute). Da die Digitalisierungen von kommerziellen Unternehmen vorgenommen wurden und hohe Zugangspreise verlangen, ist die Nutzung jedoch oft nur von ausgewählten Bibliotheken möglich. So kostete der Kauf der digitalisierten und im Volltext durchsuchbaren Vossischen Zeitung für den Zeitraum 1918–1934 im Jahr 2015 immerhin 27.390 Euro, was die Finanzkraft der meisten Bibliotheken übersteigt. Frei zugänglich sind hingegen die digitalen Images bei der Staatsbibliothek zu Berlin. Einen kostenlosen digitalen Archivzugang für jede NutzerIn bieten dagegen Der Spiegel und Die Zeit, die auf diese Weise in der zeithistorischen Forschung zu vielzitierten Quellen wurden. Wenig bekannt ist, dass die gegenwärtig wichtigsten Zeitungen der Bundesrepublik (wie die Süddeutsche Zeitung) durchaus digitalisiert, aber der Forschung nicht frei zugänglich sind und die digitalen Ausgaben daher nicht in Bibliothekskatalogen erscheinen. Journalisten nutzen hingegen für ihre Recherche den gebührenpflichtigen Zugang.

Auffällig ist insgesamt dennoch, gerade im internationalen Vergleich, dass die meisten großen Zeitungen der deutschen Geschichte bislang nicht digitalisiert wurden – von der liberalen Massenzeitung BZ am Mittag (1904–1944) über das NSDAP-Blatt Völkischer Beobachter (1920–1945) bis hin zur BILD-Zeitung. Sie müssen weiterhin in den großen Bibliotheken mit Zeitungssammlungen eingesehen werden. Besonders umfangreich sind diese in der Staatsbibliothek zu Berlin (Zeitungsabteilung Westhafen), dem Institut für Zeitungsforschung in Dortmund oder an Universitäten mit einer früh eingerichteten Professur für Zeitungswissenschaften, wie Münster, München oder auch Köln, wo der Historiker Martin Spahn seit 1920 einen pressegeschichtlichen Schwerpunkt aufgebaut hatte.

Einen hilfreichen Einstieg für die Forschung bieten Online-Portale mit regionalen, thematischen und epochalen Schwerpunkten. So ermöglicht das DDR-Presseportal Zugang zum Volltext von drei wichtigen SED-Blättern (Neues Deutschland, Berliner Zeitung und Neue Zeit). Ergänzend dazu liefert das vom Zentrum für Zeithistorische Forschung erstelltes Portal Presse in der DDR Hintergrundinformationen zum DDR-Pressesystem und den digitalisierten Zeitungen. Andere Portale bieten Zugang zur digitalisierten Presse einzelner Regionen (etwa digiPress – Digitalisierte Zeitungen Bayerns). Als Beispiel für eine umfangreiche thematische Sammlung sei das von der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg bereitgestellte Portal Compact Memory erwähnt, das unter anderem eine umfangreiche Sammlung digitalisierter jüdischer Periodika aufführt. Ebenso liegt eine breite Auswahl deutschsprachiger Exilperiodika, Exilpresse Digital - Deutschsprachige Exilzeitschriften 1933–1945, digital vor. Die größte Sammlung deutschsprachiger Zeitungen im Ausland beherbergt das Internationale Zeitungsmuseum in Aachen, das online eine Recherche offeriert.

Relativ ausgiebig sind hingegen die digitalen Bestände zu Drucken der Vormoderne bis zum 18. Jahrhundert, da hier in der Regel keine Urheberrechtsprobleme bestehen und der Seitenumfang gering ist. Das Zentrale Verzeichnis der digitalisierten Drucke ermöglicht eine Suche, die nach Jahrhunderten geordnet ist. Eine der weltweit größten Pressesammlungen für die deutschsprachige Presse des 17. bis 18. Jahrhunderts findet sich im Institut „Deutsche Presseforschung“ der Universität Bremen. Während die dortigen Bestände vorwiegend nur als Originale und Mikrofilme zugänglich sind, gewährt die Homepage des Wissenschaftlichen Instituts für Presseforschung und Medienberatung eine fundierte Einführung in Sammlungsschwerpunkte. Ähnliches gilt für die Sammlungen des Instituts für Zeitungsforschung in Dortmund oder die Bestände des Zeitungsmuseum in Aachen, die auch Plakate archivieren. Frühzeitig, bereits im 19. Jahrhundert, begann die Erschließung von nicht-periodischen Medien wie Flugblättern bzw. Einblattdrucken, die lange einen Forschungsschwerpunkt der Mediengeschichte der Frühen Neuzeit bildeten. Neben zahlreichen Bibliographien liegen nun auch, insbesondere etwa von der Bayerischen Staatsbibliothek, online Bestände vor.

Viele HistorikerInnen, die mit Pressequellen arbeiten, werten nicht komplette Zeitungen aus, sondern nutzen Presseausschnittsammlungen. Diese wurden bislang jedoch nur vereinzelt digitalisiert. Hervorzuheben ist, etwa für die Wirtschaftsberichterstattung, die digitalisierte Sammlung Pressemappe 20. Jahrhundert des Hamburger Weltwirtschaftsarchiv, die immerhin über 5,7 Mio. Zeitungsausschnitte aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts umfasst. Andere umfassende Sammlungen von Ausschnitten, die sich für thematische Suchen anbieten, müssen hingegen weiterhin in Archiven aufgesucht werden – wie etwa die thematisch sortierte breite Sammlung des Reichslandbunds des Kaiserreichs (Bundesarchiv/Lichterfelde Bestand: R 8034), die Biographische Presseausschnittsammlung der DDR (Bundesarchiv/Lichterfelde Bestand: DX 10) oder für die Bundesrepublik die Ausschnitte der politische Stiftungen und des Bundestages.

Kaum überliefert sind in Deutschland, wiederum im Unterschied zu Großbritannien oder den USA, Begleitmaterialien zur Arbeit von Journalisten. Lediglich von einzelnen Ausnahmejournalisten, wie Maximilian Harden, Theodor Wolff oder Marion Gräfin Dönhoff haben die großen Archive Nachlässe gesichert. Leider bieten auch die großen Zeitungen und Nachrichtenmagazine (wie unter anderem Der Spiegel und die Frankfurter Allgemeine Zeitung) kaum Zugang zu ihren Redaktionsarchiven. Eine Ausnahme bildet etwa das Unternehmensarchiv der Axel Springer SE.

Das Internet hat zweifelsohne auch den Zugang zu Fotoquellen revolutioniert. Während früher Recherchen bei großen Bildagenturen oder Verlagen nötig waren, scheint heute auch durch die Ergänzung von privater Fotografie und ihrer Bereitstellung auf Portalen wie Flickr der Bildschatz unendlich. Für gezielte medienhistorische Recherchen bietet es sich dennoch an, mit den digital verfügbaren Beständen der traditionsreichen Bildagenturen zu arbeiten. In internationaler Perspektive ist etwa das Bettmann-Archiv zu nennen, das Corbis aufgekauft hat. Oft erhält man bessere Ergebnisse, wenn man sich bei den Portalen angemeldet hat. In Deutschland ermöglicht besonders der Bestand von Ullstein Bild eine umfangreiche Suche nach Epochen, Themen und Namen ab dem späten 19. Jahrhundert. Auch die Bestände der Nachrichtenagentur dpa weisen online eine Rubrik „Deutsche Geschichte“ auf, die nach Anmeldung verwendet werden kann. Weiterhin lohnt es aber, große, nur analog überlieferte Bildillustrierte wie die Berliner Illustrierte Zeitung oder den Stern auszuwerten, wenn man visuelle Entwicklungen untersucht.

Zugleich werden von staatlicher Seite her historische Bilder zugänglich gemacht. Das Bundesarchiv, das bislang circa 11 Mio. Fotos zur deutschen Geschichte archivierte, hat immerhin rund 200.000 Bilder aus unterschiedlichen Epochen online freigeschaltet, die über eine Suchmaske oder auch mit Hilfe einer Themensuche recht präzise ermittelt werden können, insbesondere zur Zeit des Nationalsozialismus und der DDR. Immerhin 1,7 Mio. Bilder hat das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte - Bildarchiv Foto Marburg gesammelt, wobei der Schwerpunkt auf Kunst und Architektur liegt. Der von hier in Kooperation mit Archiven aus anderen Ländern erstellte Bildindex präsentiert rund 2 Mio. Fotos online, wobei auch hier „aus urheberrechtlichen Gründen“ zahlreiche Bilder zu Werken des 20. Jahrhunderts nicht angezeigt werden können. Im Aufbau befindet sich die Seite Visual History, die künftig als online-Nachschlagewerk einen breiteren Überblick nicht nur über Quellen, sondern auch über Ausstellungen, Akteure und Methoden geben soll.

2.2 Film, Fernsehen und Radioquellen

Vielleicht noch stärker als bei den Pressequellen hinkt Deutschland bei der digitalen Zugänglichkeit von Quellen zum Fernsehen, Film und Radio gegenüber dem westlichen Ausland hinterher. So existiert in Frankreich etwa mit dem Institut national de l’audiovisuel (INA) ein Film- und Rundfunk-Archiv mit recht umfassendem online-Zugang zu audiovisuellen Quellen der letzten Jahrzehnte. Auch zeithistorische Nachrichtenbeiträge können hier eingesehen werden. In den USA sammeln große Bibliotheken wie die Library of Congress systematisch Film- und Audioquellen, von denen über 1 Mio. über den LoC-Katalog online frei zugänglich sind. Und in Großbritannien gewähren die BBC Archives auch online einen breiten thematisch Zugang zu historischen Radio- und Fernsehbeiträgen sowie einzelnen Dokumenten. Einen breiten und gut erschlossenen Überblick über das europäische audiovisuelle Erbe bietet das in enger Kooperation mit Rundfunkarchiven erstellte Portal EU Screen, das neben ausgewählten Videos Verlinkungen zu Archivbeständen bietet.

Vergleichbares sucht man auf den Seiten von ARD und ZDF oder der Deutschen Nationalbibliothek vergebens – und entsprechend selten sind deutsche Sendungen bei internationalen Portalen wie EU Screen vertreten. In Deutschland zwang das restriktive wettbewerbliche Recht sogar, Sendungen der Tagesschau der letzten Jahre aus den Mediatheken der Sender zu entfernen. Nur ganz versteckt finden sich hier Schätze, wie ein Online-Bestand des Politik-Magazins Panorama seit 1961.

Bei der Recherche deutscher Radio- und Fernsehbeiträge ist das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) wegweisend. Während die Bestände zur DDR recht kompakt am DRA-Standort Potsdam/Babelsberg überliefert sind, bietet seine Frankfurter Dependance kein eigentliches Fernseh- und Radioarchiv für die Bundesrepublik, sondern eher ein Portal für die Recherche der Bestände in den Archiven der einzelnen Landesrundfunkarchiven, wo anschließend vor Ort die Recherche fortgesetzt werden muss. In Frankfurt findet sich vor allem eine große Sammlung von Tonaufnahmen, auch zur Frühgeschichte des Radios bis zur NS-Zeit. Auch die Homepage bietet kaum Online-Bestände an. Da sich die Rundfunkarchive als „Produktionsarchive“ verstehen, die primär den Journalisten im eigenen Haus zuarbeiten, ist der Zugang vor Ort oft kostspielig und mühsam. Ähnliches gilt für das Archiv des ZDF in Mainz, wenngleich sich auch hier die Archivare um eine professionelle Betreuung bemühen. Eine recht vollständige Überlieferung des öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramms haben wir hingegen für die letzten Jahrzehnte, nicht aber der schriftlichen Redaktionsquellen.

Deutlich schlechter ist die Überlieferung und Zugänglichkeit bei den privaten Radio- und Fernsehsendern, die seit 1984 ihr Programm öffentlich ausstrahlen und nunmehr auch Gegenstand zeithistorischer Forschung werden. Die Programme der 1980er-Jahre sind hier kaum erschlossen und oft noch nicht einmal überliefert, ebenso gibt es weniger schriftliche Produktionsquellen, die für die Forschung genutzt werden könnten. Bei RTL in Luxemburg liegen zumindest einige entsprechende Quellen, die gerade von ersten Studien ausgewertet werden.

Unverständlicherweise fehlt es bis heute auch an einer kompletten online zugänglichen Übersicht über die in Deutschland ausgestrahlten Fernseh- und Radioprogramme. Wer systematisch zur Rundfunkgeschichte forschen will, muss daher einerseits mit den Datenbanken des DRA bzw. des ZDF-Archivs vor Ort arbeiten, andererseits Fernsehzeitschriften wie die Hör zu! auswerten, um an die gewünschten Informationen zu gelangen. Die Webseite TV Programm von gestern und vorgestern bietet nur erste, sehr unvollständige Einblicke in die Fernsehgeschichte, aber immerhin erste Anhaltspunkte. Daten zu Einschaltquoten sind ebenfalls nur vereinzelt online zugänglich, etwa von der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung zur Bundesrepublik oder aber über die Homepage des Deutschen Rundfunkarchivs zur Zuschauerforschung in der DDR.

Größere Sammlungen von Fernsehfilmen lassen sich für Forschungszwecke kostenfrei in Mediatheken der Universitäten, Museen und anderen Forschungseinrichtungen einsehen. Eine auch thematisch sortierte Übersicht über viele aber längst nicht alle derartige Einrichtungen gewährt das Netzwerk Mediatheken. Besonders umfangreich sind die Mediatheksbestände etwa an großen medienwissenschaftlichen Instituten wie Bochum, Siegen, Marburg oder der Freien Universität Berlin. Hier finden sich am ehesten auch Mitschnitte von kommerziellen Fernsehprogrammen. Eine umfangreiche Sammlung von Fernsehfilmen und Dokumentationen zu historischen Themen bietet die Mediathek der Fachjournalistik Geschichte an der Universität Gießen. Da sich diese Mediatheken jedoch in einer rechtlichen Grauzone bewegen, sind ihre Kataloge oftmals versteckt und die Einsicht oft nur vor Ort und nur für Universitätsangehörige mit einem konkreten Forschungsbezug möglich.

Sehr gute Möglichkeiten hingegen bestehen bei der Online-Recherche über Spielfilme. Neben bekannten internationalen Portalen wie der Internet Movie Database, die grundlegende Informationen zu Filmen bietet, bildet für deutsche Recherchen die Seite Filmportal.de einen sehr guten Einstieg mit kurzen Informationen, mitunter Quellen und Besprechungen zu 85.000 Filmen. Bei der Recherche zu Filmen ist generell das Bundesarchiv/Abteilung Filmarchiv in Berlin der erste Anlaufpunkt mit rund 1 Mio. Filmen, die seit den 1950er-Jahren gesammelt werden. Darüber hinaus sind hier Filmplakate, Drehbücher oder auch Zensurunterlagen einsehbar, freilich im Unterschied zu anderen Ländern kaum online. Generell ist festzuhalten, dass wer ältere (deutsche) Filme online zugänglich finden möchte, am ehesten bei weit verbreiteten kommerziellen Portalen wie YouTube erfolgreich sein wird und weniger bei wissenschaftlichen Einrichtungen. Neuerdings hat die Nachrichtenagentur AP sogar ihre Filmbestände bei YouTube eingestellt. Die Überlieferung und Online-Dokumentation der Vorläufer der Nachrichtenjournale, die Wochenschauen, sind hingegen gut verfügbar. Vor allem das Archiv der deutschen Wochenschauen des Bundesarchivs/Filmarchivs Berlin bietet Zugang zu über 6.000 Sendungen.

3. Fazit

Die online verfügbaren Archivressourcen im Feld der Mediengeschichte sind zweifelsohne gewaltig und haben die Methoden und Themen in diesem Feld stark verändert. Vor allem ermöglichen sie die Analyse von großen Text-, Bild- und Filmkorpora und eine ergebnisoffenere Forschung. Zugleich wurde aber deutlich, dass die Forschung in und zu Deutschland durch das strenge Urheberrecht wesentlich weniger Forschungsressourcen online bietet als andere westliche Länder. Insbesondere Fernseh- und Radioquellen aber auch Printmedien gelten in Deutschland offensichtlich im geringeren Maße als ein Kulturgut, das man der Forschung, Bildung und der Öffentlichkeit zu Verfügung stellen sollte. Mediengeschichtliche Forschungen von HistorikerInnen werden jedoch ohnehin auch weiterhin nicht allein auf Online-Ressourcen aufbauen können. Maßgebliche Quellen zur Funktionsweise von Medien, ihrer gesellschaftlichen Bedeutung oder auch ihrer politischen Rolle finden sich weiterhin analog in den klassischen Archiven.

Literaturhinweise

Bösch, Frank, Mediengeschichte. Vom asiatischen Buchdruck bis zum Fernsehen, Frankfurt am Main 2011.
Hörisch, Jochen, Eine Geschichte der Medien. Von der Oblate zum Internet, Frankfurt am Main 2004.
Kramp, Leif, Gedächtnismaschine Fernsehen, Berlin 2011.
McLuhan, Marshall, Die magischen Kanäle. Understanding Media, Düsseldorf 1992.
Schanze, Helmut (Hrsg.), Handbuch der Mediengeschichte, Stuttgart 2001.
Stöber, Rudolf, Mediengeschichte. Die Evolution „neuer“ Medien von Gutenberg bis Gates, 2 Bde., Wiesbaden 2003.
Wilke, Jürgen, Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte. Von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert, Köln 2008.
Würgler, Andreas, Medien in der Frühen Neuzeit (=Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 85) 2. Aufl., München 2013.

Fußnoten

  1. [1] Zur Person Lazarsfeld vgl. den knappen biographischen Artikel Käsler, Dirk; Lazarsfeld, Paul Felix, in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 10 f., http://www.deutsche-biographie.de/pnd118726862.html.
  2. [2] Vergleiche als wichtige Darstellungen: Stöber, Rudolf, Mediengeschichte. Die Evolution "neuer" Medien von Gutenberg bis Gates, 2 Bde., Wiesbaden 2003; Wilke, Jürgen, Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte. Von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert, Köln 2008.
  3. [13] McLuhan, Marshall, Die magischen Kanäle. Understanding Media, Düsseldorf 1992, S. 64 [Originalausgabe: Understanding Media. The Extensions of Man, New York 1964].
  4. [14] Vgl. als medienwissenschaftliche Einführungen: Schanze, Helmut (Hrsg.), Hand-buch der Mediengeschichte, Stuttgart 2001; Hörisch, Jochen, Eine Geschichte der Medien. Von der Oblate zum Internet, Frankfurt am Main 2004.
  5. [25] Vgl. zu den mediengeschichtlichen Ansätzen der HistorikerInnen: Bösch, Frank, Mediengeschichte. Vom asiatischen Buchdruck bis zum Fernsehen, Frankfurt am Main 2011; Würgler, Andreas, Medien in der Frühen Neuzeit (=Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 85), 2. Aufl., München 2013.
  6. [30] Im internationalen Vergleich Kramp, Leif, Gedächtnismaschine Fernsehen, Berlin 2011.

Zitation

Frank Bösch, Mediengeschichte. Archive und Online-Ressourcen für die Forschung, in: Clio Guide – Ein Handbuch zu digitalen Ressourcen für die Geschichtswissenschaften, Hrsg. von Laura Busse, Wilfried Enderle, Rüdiger Hohls, Gregor Horstkemper, Thomas Meyer, Jens Prellwitz, Annette Schuhmann, Berlin 2016 (=Historisches Forum, Bd. 19), http://www.clio-online.de/guides/themen/mediengeschichte/2016.


Für Clio-online verfasst von:

Frank Bösch

Frank Bösch

Prof. Dr. Frank Bösch ist Direktor des Zentrum für Zeithistorische Forschung und Professor für deutsche und europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts an der Universität Potsdam.