Wirtschaftsgeschichte

1. Geschichtswissenschaft und digitale Medien zur Wirtschaftsgeschichte

1.1 Einleitung

Die Wirtschaftsgeschichte hat sich als Fachdisziplin seit dem 19. Jahrhundert wesentlich aus der Volkswirtschaftslehre heraus entwickelt, die – zumindest in Deutschland – bis zum Ersten Weltkrieg durch historische Methoden dominiert wurde. Im Zuge eines Prozesses der disziplinären Ausdifferenzierung wurde die Wirtschaftsgeschichte insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend zu einer eigenständigen historischen Teildisziplin, die ihre Hochphase in den 1960er- und 1970er-Jahren erlebte, aber speziell im Zuge der Finanzkrise seit 2007 wieder verstärktes Interesse auf sich gezogen hat.[1] Zugleich hat sich mit der Unternehmensgeschichte besonders seit den 1990er-Jahren eine Subdisziplin entwickelt, die breite Beachtung gefunden und international unter dem Label „Business History“ der „klassischen“ Wirtschaftsgeschichte schon beinahe den Rang abgelaufen hat.

Heute ist die Wirtschaftsgeschichte in der Geschichtswissenschaft einerseits und der Wirtschaftswissenschaft andererseits angesiedelt. Während diese Zwischenstellung bis in die 1980er-Jahre zu einer durchaus produktiven Zusammenarbeit führte, hat sich die Disziplin heute gespalten: Zum einen in die Gruppe der ÖkonometrikerInnen, die aktuelle theoretische Modelle auf historische Datensätze anwenden, zum anderen in die Gruppe der „normalen“ HistorikerInnen, die sich mit wirtschaftsgeschichtlichen Themenstellungen beschäftigt. Beide forschen in der Regel unabhängig voneinander.[2]

Dieser Tatbestand macht sich in unterschiedlichen Publikationskulturen bemerkbar, die sich auch auf die verfügbaren Recherchemöglichkeiten im Internet auswirken: Das äußert sich nicht allein darin, dass die Ökonometriker ihre Forschungsergebnisse zumeist als „Paper“ veröffentlichen und diese Ergebnisse meistens öffentlich bzw. online zugänglich machen, während die in der Geschichtswissenschaft verwurzelten WirtschaftshistorikerInnen weiterhin Publikation im Printformat bevorzugen. Es zeigt sich auch darin, dass unterschiedliche Internetquellen für die Forschung von Interesse sind, etwa was Datenbanken angeht. Gleichwohl gibt es zahlreiche Online-Ressourcen, die sowohl für ÖkonomInnen, als auch HistorikerInnen von Interesse sind. Darüber soll im Folgenden ein Überblick gegeben werden. Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben, zumal sich eine solche bei der großen Menge verfügbarer Online-Angebote ohnehin nicht erreichen lässt.

1.2 Webseiten von Institutionen und Verbänden

Die Wirtschaftsgeschichte organisiert sich wesentlich in Fachorganisationen, die Konferenzen ausrichten, Schriftenreihen herausgeben, teilweise auch Auftragsforschungen vermitteln. Diese Organisationen stellen hilfreiche Online-Ressourcen bereit.

Herausragend in dieser Hinsicht ist die Webseite der Economic History Association (EH.net), die zugleich auch als Plattform für andere wirtschafts- und unternehmenshistorische Vereinigungen in den USA dient. Dabei handelt es sich um die wichtigste Webseite für WirtschaftshistorikerInnen überhaupt. Die Seite bietet nützliche Informationen über Konferenzen, eine Enzyklopädie wichtiger Begriffe, Links zu Datenbanken und anderen Webseiten, die sich mit Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte beschäftigen sowie Rezensionen. Auf das vielschichtige Angebot wird später noch genauer eingegangen.

In Deutschland wird die Wirtschaftsgeschichte vor allem durch die Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte (GSWG), die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte (GUG) sowie den Arbeitskreis für kritische Unternehmens- und Industriegeschichte (AKKU) vertreten. Im Gegensatz zur Economic History Association informieren diese auf ihren Webseiten allerdings vorrangig über ihre eigene Arbeit. Die Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte (GSWG) bietet eine Linksammlung zu den deutschen wirtschafts- und sozialhistorischen Lehrstühlen. Auch die Webseite der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte bietet den Hinweis auf wirtschaftshistorische Konferenzen (insbesondere der European Business History Association, EBHA) sowie weitere nützliche Links.

Informative Webseiten sind außerdem die Homepage der Asociación Española de Historia Económica und der Association Francaise des Historiens Economistes, die unter anderem Hinweise auf wirtschaftshistorische Konferenzen, Forschungsprojekte sowie thematische Webseiten bieten. Die Seite der Britischen Association of Business Historians (ABH) bietet eine umfassende Linksammlung mit Verweisen auf Unternehmensarchive in Großbritannien.

2. Online-Informationsressourcen zur Wirtschaftsgeschichte

Eine erste Orientierung über Internet-Ressourcen für die Wirtschaftsgeschichte ermöglicht die Rubrik Economic and Business History der WWW Virtual Library, die vom Niederländischen Wirtschaftsarchiv in Amsterdam betrieben wird. Die Seite bietet zahlreiche nützliche Verweise auf Webseiten mit wirtschaftshistorischem Bezug. Allerdings ist diese Seite nicht auf dem neuesten Stand und wurde zuletzt 2012 aktualisiert. Viele Links gehen daher ins Leere.

2.1 Statistiken, Datenbanken

Ein unverzichtbares Hilfsmittel in der Wirtschaftsgeschichte sind quantitative Daten. Hierfür gibt es diverse Webseiten, die historische Datenreihen teilweise in „roher“ Fassung, teilweise bereits aggregiert zur Verfügung stellen. Gerade bei historischen Daten, insbesondere wenn sie für den Zeitraum vor 1850 erfasst wurden, ist allerdings eine intensive Quellenkritik unverzichtbar.

Das lässt sich an der Datenbank mit dem wohl umfassendsten Anspruch einer historischen Wirtschaftsstatistik demonstrieren. Dabei handelt es sich um das „Maddison“-Projekt. Angus Maddison (1926–2010) war Wirtschaftshistoriker, der seine Forschungen der Erfassung bzw. Errechnung historischer Wirtschaftsdaten gewidmet hat. Kollegen und Schüler Maddisons an der Universität Groningen haben seine Anstrengungen weitergeführt und die Erhebungen zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts online zugänglich gemacht.

Bei Maddisons Zahlen ist allerdings Vorsicht angebracht: Zwar sind sie allein deswegen von großem Wert, weil sich außer ihm kaum jemand an die Herkulesaufgabe gewagt hat, einen quantitativen Vergleich globaler Wirtschaftsdaten zu erstellen. Gleichwohl hat es in der Vergangenheit deutliche Kritik an den Methoden ihrer Erhebung gegeben: Nicht allein die Methoden zur Berechnung der Wirtschaftsleistung für das Jahr null unserer Zeitrechnung, sondern generell die Berechnung der Wirtschaftsleistung für die Zeit vor 1820, für die nur in Ausnahmefällen verlässliche zeitgenössische Erhebungen vorliegen, haben scharfen Widerspruch hervorgerufen.[11]

Die Statistikämter der einzelnen Staaten stellen ihre Statistischen Jahrbücher oft digital ins Netz, was für die BenutzerInnen jedoch den Nachteil hat, dass man sich Zeitreihen vergleichsweise mühsam durch die Auswertung einzelner Jahrgänge erstellen muss. Das Statistische Bundesamt bietet mittels der Genesis-Datenbank allerdings aufbereitete Tabellen auch zur Wirtschaftsentwicklung der Bundesrepublik seit 1949 an, wobei das Portal eine gewisse Zeit zur Einarbeitung benötigt. Besonders empfehlenswert ist für Deutschland die Plattform Gesis/Histat, die ein reichhaltiges Angebot an historischen (Wirtschafts-)Statistiken bietet. Dazu gehören beispielsweise auch die Ergebnisse des VASMA-Projekts, das einen wichtigen Beitrag zur Statistik der Arbeits- und Berufsstätten seit dem 19. Jahrhundert geleistet hat.

Darüber hinaus gibt es spezielle Webseiten mit historischen Wirtschaftsdaten. So bietet EH.net Links zu verschiedenen historischen Datenbanken vor allem zur US-amerikanischen Geschichte, aber auch über die Preisentwicklung von Weizen im 19. Jahrhundert in Frankreich und vieles mehr. Das Münchner Ifo-Institut bietet mit der Ifo Prussian Economic History Database (iPEHD) eine umfangreiche Auswertung der Statistischen Jahrbücher Preußens an. Mit diesen Daten lassen sich sehr detaillierte, kleinteilige Analysen anfertigen, die vor allem für ökonometrische Fragestellungen interessant sein dürften.

Einige weitere internationale Ressourcen: Auf der Seite des UK Data Archive findet sich ein umfangreiches Angebot an historischen Statistiken für Großbritannien. Empfehlenswert ist auch die Scottish Economic History Database, die historische Wirtschaftsdaten aus dem Zeitraum 1550–1780 anbietet. Für jeden, der sich mit der Wirtschaftsgeschichte der USA auseinandersetzt, dürfte die FRED-Datenbank (Federal Reserve Economic Data) ein unverzichtbares Hilfsmittel darstellen. Dabei handelt es sich um eine Datenbank die von der Forschungsabteilung der Federal Reserve Bank of St. Louis betrieben wird und mittlerweile über 250.000 Zeitreihen anbietet. Historische Statistiken für Japan bietet die Webseite des Japanischen Statistikamts.

2.2 Kommunikation und Publikation-Online

Bibliographien und Literaturrecherche

Für die Wirtschaftsgeschichte gibt es, soweit sich das überblicken lässt, wenig spezialisierte Online-Fachbibliographien. Eine wichtige Ausnahme ist die Bio-Bibliographie wirtschafts- und sozialhistorischer Texte, die bis 2009 von Douglas Farnie und Geoff Tweedale zusammengestellt wurde und die online eingesehen werden kann. Einen Überblick über wirtschaftshistorische Texte zu bestimmten Themen bietet der Überblick von André Steiner auf Docupedia.

Eine Online-Bibliographie stellt die Webseite Econbiz dar, die von der Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften in Kiel betrieben wird und den Zugriff auf die größte Sammlung wirtschaftswissenschaftlicher Fachliteratur ermöglicht, die im deutschsprachigen Raum vorhanden ist. Im weiteren Sinne zur Wirtschaftsgeschichte kann auch noch die Bibliographie zur Geschichte der Arbeiterbewegung des Friedrich Ebert-Instituts gezählt werden.

Publikationen

Eine wichtige Quelle für ökonomische, aber auch wirtschaftsgeschichtliche Paper bietet die Webseite Econstor der Wirtschaftswissenschaftlichen Zentralbibliothek in Kiel. Eine umfassende Quelle für Forschungspapiere stellt die Webseite Repec (Research Paper in Economics) bereit. Hingegen explizit auf wirtschaftshistorische Paper spezialisiert ist die Seite Nep-His, die unter anderem eine Mailingliste mit Links zu aktuellen wirtschaftshistorischen Paper betreibt. Darüber hinaus findet sich auf der Seite auch ein Archiv mit Texten zur Wirtschafts- und Finanzgeschichte. Eine Sammlung frei zugänglicher Bücher zur Wirtschaftsgeschichte findet sich unter anderem auf der Webseite Oapen Library.

Elektronische Zeitschriften

Relevante, kostenlos zugängliche Online-Zeitschriften gibt es in der Wirtschaftsgeschichte nur wenige. Eine dieser Ausnahmen stellt die Zeitschrift Akkumulation dar, die zwar auch gedruckt an die Mitglieder des Arbeitskreises für kritische Unternehmens- und Industriegeschichte versandt wird, deren Ausgaben aber auch online verfügbar sind.

Viele ältere Zeitschriften sind mittlerweile digitalisiert worden und entweder über JSTOR oder die Elektronische Zeitschriftenbibliothek der Uni Regensburg zugänglich. Mitunter sind dafür jedoch Universitätslizenzen erforderlich. Große Bibliotheken wie die Bayerische Staatsbibliothek, bei denen man sich informell und kostenfrei anmelden kann, ermöglichen ihren BenutzerInnen den Zugriff auf die wichtigsten wirtschaftshistorischen Zeitschriften wie das Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte oder die Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte via der Elektronische Zeitschriftenbibliothek Regensburg.

Ältere Jahrgänge relevanter Zeitschriften wie des Journal for Economic History oder der Economic History Review sind zwar über JSTOR zugänglich, der Abruf aktueller Jahrgänge (in der Regel der letzten zehn Jahrgänge) ist jedoch kostenpflichtig. Ein Online-Abonnement unterscheidet sich dabei preislich nur unwesentlich von einem Print-Abonnement.

Rezensionen

Eine Rezensionsplattform speziell für die Wirtschaftsgeschichte bietet EH.net, wo sich neben aktuellen Besprechungen auch eine Sammlung von Rezensionen wirtschaftshistorischer Klassiker sowie einzelne Essays finden. Zudem kann über eine Plattform in älteren Besprechungen recherchiert werden. Darüber hinaus lassen sich auf den bekannten Webseiten H-Net oder H-Soz-Kult zahlreiche wirtschaftshistorische Rezensionen finden. Letztere bietet darüber hinaus einen speziellen Link, mit dem sich wirtschaftshistorische Rezensionen filtern lassen.

Weitere Plattformen, mit wirtschaftshistorischen Rezensionen sind etwa Sehepunkte oder das Rezensionsportal recensio.net. Der Schwerpunkt von recensio.net liegt zwar auf der Osteuropaforschung, das Portal bietet aber auch Zugriff auf Rezensionen neuerer Ausgaben der Vierteljahreshefte für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte (seit 2012) oder des Archivs für Sozialgeschichte.

2.3 Archive, Quellen

Wirtschafts- und Unternehmensarchive

Ein guter Wegweiser zu den Wirtschafts- und Unternehmensarchiven in Deutschland, aber auch in Österreich und der Schweiz, ist die Seite Wirtschaftsarchivportal, die eine bequeme Suche ermöglicht und hilfreiche Informationen zu den jeweiligen Wirtschaftsarchiven bietet. Für Großbritannien finden sich auf der Internetseite der National Archives Hinweise auf Wirtschafts- und Unternehmenshistorische Quellen in anderen Archiven. Die Webseite Business History Explorer bietet Recherchemöglichkeiten zu unternehmenshistorischen Quellen an, allerdings ist dafür eine Anmeldung erforderlich. Darüber hinaus bietet die Webseite der britischen Association of Business Historians (ABH) Links zu Unternehmensarchiven in Großbritannien. Für die USA findet man auf der Webseite der Society of American Archivists ein Verzeichnis der Unternehmensarchive des Landes.

Es gibt einzelne Wirtschaftsarchive, die informative Webseiten betreiben. In Deutschland sind beispielsweise die Webseiten des Bayerischen Wirtschaftsarchivs in München oder des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs in Köln informativ und bieten ein breites Angebot an Online-Findmitteln. Unter den Unternehmensarchiven ist das Carl Zeiss-Unternehmensarchiv zu erwähnen, das hervorragende Recherchemöglichkeiten in den Beständen und in der umfangreichen Fotosammlung (mit Vorschau) ermöglicht. International erwähnenswert sind das Centrum för Näringslivshistoria in Stockholm, das nach eigenen Angaben die größte Sammlung von Unternehmensquellen weltweit zu bieten hat, oder das an der University of Glasgow angesiedelte Scottish Business Archive.

Schriftliche Quellen

Das Angebot von digitalisierten Quellen aus Wirtschafts- und Unternehmensarchiven, für Deutschland ist überschaubar. Liegen digitalisierte Quellen vor, dienen sie gerade bei Unternehmensarchiven zumeist Werbezwecken. Viele Unternehmensarchive sind ohnehin nicht öffentlich oder erst nach schriftlicher Anmeldung zugänglich, was sich dann auch in einem kaum vorhandenen Online-Angebot niederschlägt.

Allerdings gibt es bemerkenswerte Ausnahmen, wobei sich insbesondere in den USA eine ausgeprägte Digitalisierungskultur entwickelt hat. So hat etwa die Hagley-Library in Wilmington/Delaware wichtige Quellenbestände (etwa der DuPont-Company) online zugänglich gemacht. Ebenfalls ein umfangreiches Online-Angebot bietet die Webseite Fraser der Federal Reserve Bank of St. Louis (die auch die FRED-Database betreibt), dazu gehören umfangreiche Quellenbestände zur Geschichte der amerikanischen Zentralbank.

Eine unverzichtbare Sammlung von Quellen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Frühen Neuzeit bietet die Quellensammlung Making of the Modern World, die eine umfassende Sammlung ökonomischer Texte von der Mitte des 15. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bietet. Dabei wurden die digitalisierten Manuskripte zweier der wichtigsten Sammlungen ökonomischer Literatur, nämlich der Goldsmiths Library of Economic Literature der University of London sowie der Kress Library of Business and Economics der Harvard Business School zusammengeführt. Eine umfassende Sammlung von älteren Texten zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, die in den meisten Fällen eher den Charakter von Quellen als von Sekundärliteratur haben, bietet das Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Köln.

Eine großartige Quellensammlung stellen die Historischen Archive der Financial Times und des Economist zur Verfügung, in denen die Ausgaben zu den wichtigsten Wirtschaftszeitungen gehörenden Publikationen seit 1888 bzw. 1843 vollständig digitalisiert vorliegen. Die Seite Proquest ermöglicht ebenfalls eine umfassende Recherche in historischen Zeitungen, die wirtschaftsgeschichtlich interessant sein können (etwa das Wall Street Journal). Für all diese Seiten gilt, dass – falls keine Universitätslizenzen vorliegen – eine (kostenfreie) Anmeldung erforderlich ist. Die Deutsche Zentralbibliothek Wirtschaftswissenschaften bietet auf ihrer Seite eine historische Zeitungsausschnittsammlung an, die sich aber größtenteils auf Firmen aus dem norddeutschen Raum beschränkt.

Digitale Bild-, Film- und Tonquellen

Eine wichtige industriegeschichtliche Quelle stellt die Industriefotografie dar, die auf eine lange Tradition seit dem 19. Jahrhundert zurückblicken kann. Firmenarchive wie das Krupp-Archiv in Essen oder das Thyssenkrupp-Konzernarchiv in Duisburg verfügen über umfangreiche Fotosammlungen, in der Regel sind diese jedoch nicht online verfügbar. Eine wichtige Online-Quelle stellt die Deutsche Fotothek dar, die auf ihrer Homepage einen umfangreichen Bestand zur Technikgeschichte und zur Geschichte der Arbeit anbietet – die Nutzung der Bilder ist allerdings kostenpflichtig. Das gilt auch für die Bilddatenbank des Bundesarchivs, die den umfangreichsten Bestand an historischen Fotografien in Deutschland zu bietet. Eine hervorragende historische Bilddatenbank bietet außerdem die Bayerische Staatsbibliothek in München an.

Speziell für die Industriefotographie bietet Montandok, die Rechercheplattform des Bochumer Bergbau-Museums, eine wichtige Recherchemöglichkeit (mit einer Vorschau der meisten Bilder). Ebenfalls hinzuweisen ist auf die umfangreiche Fotosammlung des Carl-Zeiss-Archivs, auf die schon verwiesen wurde. Als wichtige internationale Quelle (allerdings kostenpflichtig) wäre z.B. die umfangreiche Bildsammlung der New York Public Library zu nennen.

Darüber hinaus gibt es eine umfangreiche „Szene“, die sich privat mit der Industriefotografie beschäftigen. Dabei spielen in den wenigsten Fällen wissenschaftliche Motive eine Rolle, sondern etwa das Motiv, die Erinnerung an sterbende Industriezweige zu bewahren. Dabei bildet insbesondere die Schwerindustrie im Ruhrgebiet einen Schwerpunkt. Eine interessante Webseite ist beispielsweise die Seite Industriekultur-Fotografie. Hier finden sich neben aktuellen Bildern auch zahlreiche historische Aufnahmen von Industriewerken. Die Seite industriedenkmal bietet ebenfalls historische Fotografien hauptsächlich von Berg- und Hüttenwerken an Ruhr und Saar. Eine besonders schöne Webseite ist lostlabor, auf welcher der Künstler Raymon Elozua alte Fotografien von amerikanischen Unternehmen seit 1900 gesammelt hat. Das sind allerdings nur wenige Beispiele für die Vielzahl von Webseiten, die sich im weitesten Sinne mit Industriefotografie und –kultur beschäftigen.

Auch bei Film- und Tondokumenten spielen Industriefilme eine zentrale Rolle, die insbesondere von der mit der Wirtschaftsgeschichte eng verbundenen Sozialgeschichte bereits seit längerem als Quelle akzeptiert sind. Hierbei besitzen speziell die großen Unternehmensarchive reichhaltige Sammlungen, die aber nicht online verfügbar sind. Auf den bekannten Filmportalen wie YouTube finden sich zwar zahlreiche Industriefilme, eine systematische Recherche ermöglichen diese aber praktisch nicht. Auch das Filmportal des Bundesarchivs bietet hier nur wenig Material.

3. Fazit

Es gibt ein durchaus reichhaltiges Angebot an Recherchemöglichkeiten im Internet für Wirtschafts- und Unternehmens-historikerInnen, insbesondere was Archivportale, Bibliographien oder Datenbanken betrifft. Zugleich ist die Digitalisierung von Primärquellen ausbaufähig, was im Fall von Unternehmen sicher mit einem mangelnden Willen zur Transparenz zusammenhängt, aber auch der relativ restriktiven Politik deutscher Archive geschuldet ist. Die deutschen Wirtschaftsarchive stellen bestenfalls einzelne Quellen ins Internet. Hier sieht die Lage in den angelsächsischen Ländern deutlich besser aus.

Gleichzeitig profitiert die Wirtschaftsgeschichte durchaus von der ausgeprägten „Online-Kultur“ der Volkswirtschaftslehre, die einen wichtigen Teil ihrer Publikationen im Internet zur Verfügung stellt. Das impliziert für WirtschaftshistorikerInnen zentrale Datenbanken, für die mittlerweile ein breites Online-Angebot vorliegt und das in vielen Fällen einen bequemen Zugriff auf historisches Zahlenmaterial ermöglicht. Auch das (in der Regel allerdings kostenpflichtige) Angebot an Bildmaterial zur Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte ist inzwischen umfangreich.

Literaturhinweise

Hesse, Jan-Otmar, Wirtschaftsgeschichte. Entstehung und Wandel der modernen Wirtschaft, Frankfurt am Main. 2013.
Ambrosius, Gerold; Petzina, Dietmar; Plumpe, Werner (Hrsg.), Moderne Wirtschaftsgeschichte. Eine Einführung für Historiker und Ökonomen, 2. Aufl., München 2006.
Kroker, Evelyn et al., Handbuch für Wirtschaftsarchive. Theorie und Praxis, 2. Aufl., München 2005.
Steiner, André, Wirtschaftsgeschichte, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, http://docupedia.de/zg/Wirtschaftsgeschichte?oldid=106495.

Fußnoten

  1. [1] Hesse, Jan-Otmar, Wirtschaftsgeschichte. Entstehung und Wandel der modernen Wirtschaft, Frankfurt am Main, 2013, S. 11 ff.
  2. [2] Ambrosius, Gerold; Plumpe, Werner; Tilly, Werner, Wirtschaftsgeschichte als interdisziplinäres Fach, in: Ambrosius, Gerold; Petzina, Dietmar; Plumpe, Werner (Hrsg.), Moderne Wirtschaftsgeschichte. Eine Einführung für Historiker und Ökonomen, 2. Aufl., München 2006, S. 9–37.
  3. [11] Vgl. Clark, Gregory, Besprechung zu Angus Maddison, Contours of the World Economy 1-2030 AD. Essays in Macro-Economic History. Oxford 2007, in: H-Soz-Kult, 14.05.2010, http://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-12480.

Zitation: Roman Köster, Wirtschaftsgeschichte, in: Clio Guide – Ein Handbuch zu digitalen Ressourcen für die Geschichtswissenschaften, Hrsg. von Laura Busse, Wilfried Enderle, Rüdiger Hohls, Thomas Meyer, Jens Prellwitz, Annette Schuhmann, 2. erw. und aktualisierte Aufl., Berlin 2018 (=Historisches Forum, Bd. 23), S. E.6-1 – E.16-14, DOI: 10.18452/19244.


Für Clio-online verfasst von:

Roman Köster

Roman Köster war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte an der Universität der Bundeswehr München. Ab April 2016 vertrat er die Professur für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte an der Universität Freiburg. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts sowie der Umweltgeschichte.