1. Digitale Fachinformationen der Archive
1.1 Einführung: Überlieferung der Archive
Archive im engeren Sinne[1] überliefern Unterlagen, die aus dem Handeln von Regierungen, Behörden, Gerichten, Kirchen, Unternehmen, Vereinen oder sonstigen juristischen oder natürlichen Personen herrühren. Diese juristischen oder natürlichen Personen bilden im Zuge der Erledigung ihrer Aufgaben Schriftgut, das nach Ablauf bestimmter Fristen den Archiven zur Übernahme angeboten wird. Allerdings ist der Begriff „Archiv“ nicht eindeutig. Im weiteren Sinne kann man unter einem Archiv jede Sammlung von Artefakten oder Informationen ungeachtet ihrer Überlieferungsform verstehen. Der Begriff wird häufig auch in Verwaltungen zur Kennzeichnung von Schriftgutablagen oder Registraturen, in der Informationstechnik im Kontext der Datensicherung oder im wissenschaftlich-kulturellen Bereich zur Charakterisierung eines Wissensspeichers, selbst einer Zeitschrift[2], genutzt.
Im Folgenden ist der Fokus auf die Überlieferung von Archiven im engeren Sinne gerichtet. Soweit es sich um öffentlich-rechtliche Einrichtungen handelt, sind ihre Zuständigkeiten und Aufgaben in den Archivgesetzen des Bundes, der Länder oder der Kirchen geregelt.[3] Archive sind meist für eine Überlieferung ganz bestimmter Herkunft zuständig, das Bundesarchiv etwa für Unterlagen, die bei „Stellen des Bundes, bei Stellen der Deutschen Demokratischen Republik, bei Stellen der Besatzungszonen, des Deutschen Reiches oder des Deutschen Bundes erwachsen oder in deren Eigentum übergegangen oder diesen zur Nutzung überlassen worden sind.“[4] Die Staats- und Landesarchive sind zuständig für die Regierungen, Verwaltungen und Gerichte der Bundesländer, die Kreisarchive für die Kreisverwaltungen, die Stadtarchive für die städtische Überlieferung, die Kirchenarchive für Landeskirchen, Bistümer, Kirchengemeinden usw. Die Zuständigkeiten erstrecken sich meist nicht allein auf die aktuellen Archivträger, sondern auch auf historische Vorgängereinrichtungen, wobei es gerade beim Übergang vom Alten Reich nach dem Reichsdeputationshauptschluss zur Neuordnung im Gefolge des Wiener Kongresses guter verfassungs- und verwaltungsgeschichtlicher Kenntnisse bedarf, um die archivischen Zuständigkeiten nachvollziehen zu können und beispielsweise zu verstehen, wieso weite Teile der mittelalterlichen und frühneuzeitliche Überlieferung von Bistümern, Klöstern und Stiftern heute in staatlichen Archiven liegen.
1.2 Das richtige Archiv finden
Die archivischen Zuständigkeiten sind für die BenutzerInnen wichtig, weil für jede Fragestellung und bei jedem Forschungsanliegen zunächst geprüft werden muss, bei welchen Stellen Unterlagen zu einem gesuchten Thema angefallen sein könnten, um für systematische Quellenrecherchen auf das zuständige Archiv zugehen zu können.[5] Das Herkunftsprinzip hat sich im Archivwesen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchgesetzt und bildet heute die Grundlage für die Überlieferungsbildung und den Bestandsaufbau in den Archiven. In die Archive gelangte Unterlagen verbleiben in ihrem vom Registraturbildner geschaffenen Entstehungs- und Ordnungszusammenhang und können so in ihrem Ursprungskontext recherchiert, ausgewertet und interpretiert werden. Damit unterscheidet sich das Provenienzprinzip grundlegend von dem an sachthematischen und systematischen Ordnungsmerkmalen orientierten Pertinenzprinzip, das etwa in Aufstellungssystematiken von Bibliotheken zur Anwendung gelangt.[6] Allerdings finden sich in manchen Archiven noch bis ins 20. Jahrhundert hinein nach Pertinenzprinzipien geschaffene Bestände[7], was die Recherche und Benutzung erschweren kann.
Die Bedeutung von Zuständigkeit und Provenienz sei an wenigen Bespielen illustriert. Wer sich mit mittelalterlichen originalen Papsturkunden beschäftigen will, wird rasch feststellen, dass diese nicht in einer Sammlung vorliegen, sondern verstreut sind auf eine Vielzahl von Archivbeständen von Kirchen, Klöstern und sonstigen Einrichtungen, die Urkunden der Päpste empfangen haben.[8] Forscht man zum Münzwesen in der Landgrafschaft Hessen-Kassel bzw. im Kurfürstentum Hessen im 18. und 19. Jahrhundert, sollte man wissen, dass die kurhessische Oberberg- und Salzwerksdirektion auch für Münzsachen zuständig war, sodass in diesem Bestand viele einschlägige Quellen zur nordhessischen Münz- und Geldgeschichte zu finden sind.[9] Und wer zum Schicksal von Verfolgten im Nationalsozialismus recherchieren will, sollte nicht allein die zeitgenössische Unterlagen etwa der Gestapo[10] oder anderer Dienststellen in der NS-Zeit berücksichtigen, sondern auch die einschlägige Überlieferung aus bundesrepublikanischer Zeit etwa zum Bundesentschädigungsgesetz, das Verfolgten die Möglichkeit einer Entschädigung für erlittenes Unrecht bot. Bei näherer Befassung mit der Entschädigungsthematik zeigt sich dann, dass zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Behörden auf kommunaler und staatlicher bis hin zur Ministerialebene Regelungs- und Durchführungskompetenzen besaßen. Streitige Verfahren wurden außerdem vor den Gerichten ausgetragen, sodass neben der behördlichen Überlieferung zusätzliche Spuren bei der Justiz zu finden sind.[11]
Die unterschiedlichen Quellen- und Überlieferungsarten, die sich in den Archiven finden, werden in manchen deutschen Archivgesetzen beispielhaft aufgezählt: „Urkunden, Amtsbücher, Akten, Schriftstücke, amtliche Publikationen, Karteien, Karten, Risse, Pläne, Plakate, Siegel, Bild-, Film- und Tondokumente und alle anderen, auch elektronischen Aufzeichnungen, unabhängig von ihrer Speicherungsform (…)“.[12] Die Liste ließe sich leicht ergänzen, wobei Archive je nach Überlieferungsprofil unterschiedliche Arten von Materialien umfassen können.
Neben der Zuständigkeit für bestimmte Registraturbildner haben fast alle Archive auch einen Sammlungsbereich, den sie mehr oder weniger eng mit ihren Überlieferungsschwerpunkten verzahnen. Nicht jedes Archiv verfügt über Münzsammlungen, Orden oder Ehrenzeichen. Insbesondere in kommunalen Archiven weit verbreitet ist etwa die Sammlung von Zeitungen.[13] Fast alle Archive und ebenso größere Bibliotheken sammeln Nachlässe, wobei im Einzelfall schwer zu entscheiden ist, welche Gedächtniseinrichtung den besten Aufbewahrungsort für einen Nachlass darstellt. Als Wuppertaler Oberbürgermeister hätte der Nachlass von Johannes Rau im Stadtarchiv Wuppertal seinen Platz finden können, als Wissenschaftsminister und Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen im Landesarchiv NRW und als Bundespräsident wiederum im Bundesarchiv. Da er auch verschiedene hochrangige Funktionen innerhalb der SPD innehatte, liegt sein Nachlass heute im Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn.[14] Schriftstellernachlässe finden sich häufig in Literaturarchiven[15]; der Nachlass Heinrich Bölls aber gehört zu den Beständen des Historischen Archivs der Stadt Köln.[16] Auf der Suche nach WissenschaftlerInnennachlässen wird man oft in Universitätsbibliotheken oder -archiven fündig; der Nachlass des Staatsrechtlers Carl Schmitt liegt aber in der Abteilung Rheinland des Landesarchivs NRW[17], darüber hinaus aber auch noch in zwei weiteren Institutionen.
Weil sich der Sammlungsbereich nicht wirklich systematisch zwischen den Gedächtniseinrichtungen aufteilen und Zuständigkeiten eindeutig bestimmen lassen, sind übergreifende Hilfsmittel entstanden, um den BenutzerInnen an zentraler Stelle den Überblick zu erleichtern. Das Bundesarchiv betreibt die archivischen Ordnungs- und Darstellungsprinzipien folgende, beständeorientierte Zentrale Datenbank Nachlässe, der entnommen werden kann, dass neben dem Kernbestand im Landesarchiv NRW weitere Teile des Nachlasses von Carl Schmitt im Archiv des Instituts für Zeitgeschichte in München und im Archiv der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin liegen.[19] Die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz betreibt den eher bibliothekarisch, auf das Einzelstück ausgerichteten Kalliope-Verbund, in dem Autographen und Nachlässe aus verschiedenen Gedächtniseinrichtungen nachgewiesen werden.[21]
1.3 Ordnung von Archiven und Archivgut
Archive ordnen Ihre Überlieferung meist in einer übergreifenden Struktur, der Tektonik.[22] Die Tektonik wird nach strukturellen Kriterien oder einschneidenden Zäsuren gebildet, etwa der Unterscheidung zwischen Altem Reich (bis 1803/1815) und der Überlieferung der jüngeren Behörden und Einrichtungen. Ein weiterer, verfassungsrechtlich bedeutsamer Einschnitt, die Auflösung der DDR und die Bildung neuer Bundesländer, schlägt sich in der Tektonik der Archive der östlichen Bundesländer nieder. Zur Strukturierung der Bestände werden aber auch unterschiedliche Gruppen von Bestandsbildnern zugrunde gelegt, in staatlichen Archiven etwa weltliche Herrschaften, Städte und geistliche Institutionen[23] oder in kirchlichen Archiven die verschiedenen Kirchenhierarchien.[24] Oft wird Sammlungsgut, wie Nachlässe oder die Überlieferung von Vereinen, in der Tektonik geschieden von den Beständen, für deren Archivierung das Archiv auftragsgemäß zuständig ist. Gern wird auch nach Überlieferungsform und -material differenziert, etwa Karten, Pläne, Plakate oder audiovisuelle Materialien. Unternehmensarchive wiederum trennen nach Werks- und Familienüberlieferung oder nach den verschiedenen Unternehmenssparten im Konzern.[25] Viele Archive haben Kurzübersichten oder Beständeübersichten analog oder online publiziert, um BenutzerInnen eine Orientierung zu bieten und den Einstieg in die Recherche zu erleichtern.
Bei kleineren Archiven ist die Tektonik oft flach, bei größeren Häusern kann sie aber auch mehrfach hierarchisch gestuft sein. Am Ende der letzten Tektonikstufe stehen immer die Bestände ggf. nochmals nach Teilbeständen differenziert. Ein Beispiel des Archivplans – eine in der Schweiz verbreitete Bezeichnung für Gliederungsübersicht oder Tektonik – des Brandenburgischen Landeshauptarchivs illustriert die Struktur einer Tektonik:
– Archiv BLHA Brandenburgisches Landeshauptarchiv
– Tektonik 1 Kurmark, Neumark, Niederlausitz bis 1806/16
– Tektonik 1.1 Kurmark
– Tektonik 1.1.2 Untere Behörden und Institutionen
– Tektonik Rep. 10 Geistliche Institutionen
– Bestand Rep. 10A Domkapitel Brandenburg an der Havel
– Teilbestand Rep. 10A Domkapitel Brandenburg an der Havel-Urkunden (1161–1579).[26]
Zu jedem Bestand oder Teilbestand liegen in der Regel ein oder mehrere Findbücher vor. Der Begriff Findbuch hat sich in der digitalen Welt erhalten und wird heute auch noch für die entsprechenden elektronischen Ressourcen im Internet oder den Lesesälen der Archive verwendet. Ähnlich der Tektonik der Archive können auch die Findbücher hierarchisch gegliedert sein. Diese Gliederung, in der Fachterminologie als Klassifikation bezeichnet, ordnet die Archivalieneinheiten nach gemeinsamen Merkmalen in dieselbe Klasse, zum Beispiel alle empfangenen Privilegien im alten Ratsarchiv der Stadt Münster in der Zeit bis 1802 unter dem Klassifikationspunkt „Privilegien“.[27]
Die systematische Ermittlung der für eine Thematik einschlägigen archivalischen Quellen über Zuständigkeiten und Aufgaben resp. Sachgebiete, die sich in Tektonik und Klassifikation niederschlagen, ist der fachlich konsequente, aber auch anspruchsvolle Weg. Daneben bieten die meisten archivischen Websites und Portale auch einen Suchschlitz oder eine erweiterte Recherchemaske an, um in den Findmitteln eines Archivs oder – bei Portalen – mehrerer Archive nach Begriffen zu recherchieren, ggf. noch eingeschränkt nach Zeiträumen. Stichwortsuchen haftet eine gewisse Unwägbarkeit an, weil Begriffe nicht eindeutig sind, Synonyme existieren können oder ein bestimmter Sachverhalt inhaltlich und terminologisch unterschiedlich wahrgenommen und beschrieben wird. Gute Archivsuchmaschinen versuchen die Defizite zu minimieren, indem sie die BenutzerInnen bei den einzelnen Treffern in die sachliche „Umgebung“ führen, also in die Tektonikstufe (Bestände) und/oder Klassifikation (Findbücher), sodass die BenutzerInnen selbst das thematische Umfeld nach weiteren einschlägigen Archivalien absuchen können und ggf. auch auf weitere mögliche Recherchebegriffe stoßen. Auf diese Weise kann man sich einerseits schrittweise dem Rechercheziel nähern, andererseits aber auch gelegentlich einen unerwarteten Fund erzielen.
1.4 Struktur der deutschen Archivlandschaft
Die Struktur des deutschen Archivwesens wird zumeist anhand der Sparteneinteilung aufgerollt, die der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare[28] zur Einteilung seiner institutionellen und persönlichen Mitglieder in Fachgruppen nutzt.
Zur Gruppe der staatlichen Archive[29] zählen:
– das Bundesarchiv, das Politische Archiv des Auswärtigen Amtes und das Archiv des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR
– die Landes- und Staatsarchive der 16 Bundesländer und Stadtstaaten und
– das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, das Archiv der Stiftung Bundespräsident Theodor-Heuss-Haus und das Archiv der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus.[36]
Gelten die staatlichen Archive hinsichtlich des Umfangs ihrer Bestände zumeist als große Archive, sind die rund 1.500 kommunalen Archive in ihrer Vielzahl und Aussagekraft für die lokale und regionale Geschichte die bedeutendste Sparte. Es handelt sich um die Archive der Kreise, der Städte und der Gemeinden.[37] Auch die Archive der beiden nordrhein-westfälischen Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe[38], die zugleich für die Kommunal- und Adelsarchivpflege zuständig sind, und das Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen zählen zu den Kommunalarchiven.
Die Archive der Kirchen und Religionsgemeinschaften untergliedern sich nach den großen Konfessionen in Deutschland und den Archivträgern. Hier finden sich die Archive der Bistümer, Dekanate und Pfarreien, das Evangelische Zentralarchiv, die Archive der Landeskirchen und der Kirchengemeinden[42], aber auch die Archive von Orden, Stiftern, Stiftungen und karitativen Einrichtungen.[43] Wie bereits erwähnt hatte die Aufhebung der katholischen geistlichen Territorialstaaten – die protestantischen Landeskirchen waren seit der Reformation ohnehin eng an die Landesherren angebunden – im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses dazu geführt, dass diese als Vorgängereinrichtungen der neuen staatlichen Gewalten nach 1815 galten, sodass ihre schriftliche Überlieferung an die staatlichen Archive überging. Neben den großen konfessionellen Archiven existieren Archive weiterer christlicher und nicht-christlicher Religionsgemeinschaften, wie etwa das Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland oder das Zentralinstitut Islam-Archiv Deutschland.[46]
In der Gruppe der Adels-, Herrschafts- und Familienarchive finden sich einerseits regionale oder überregionale, im Rahmen der landschaftlichen Archivpflege betreute Adels- und Ritterschaftsarchive, anderseits eine Vielzahl von Haus- und Familienarchiven, die oft keine geregelten Zugangsbedingungen haben. Eine Benutzung muss zumeist persönlich vereinbart werden. Bedeutende Adels- und Familienarchive werden auch in staatlichen Archiven aufbewahrt und betreut, ohne dass sie in staatliches Eigentum übergegangen wären. Eine Internetpräsentation der Häuser und ihrer oft reichen Bestände ist nicht die Regel.[47] In manchen Fällen befinden sich die Archive der bis 1803/1815 auf deutschem Boden herrschenden Territorialherren heute im Ausland.[48]
Für die Wirtschaftsarchive ist zunächst die Gruppe der Unternehmensarchive zu nennen. Zumindest größere Unternehmen und Konzerne führen eigene Archive, die nicht allein die Öffentlichkeitsarbeit unterstützen, Unternehmensgeschichte pflegen oder Nachweise über historische Unternehmensprodukte führen, sondern eine systematische Überlieferungsbildung betreiben.[49] Daneben sind Branchenarchive zu nennen, die sich zum Beispiel im Bereich des Bergbaus[50] oder der Architektur[51] herausgebildet haben und Bestände von Unternehmen einer Branche und einschlägiges Sammlungsgut akquirieren. Regionale Wirtschaftsarchive, die überwiegend von Industrie- und Handelskammern getragen werden, überliefern nicht nur die Archive ihrer Träger, sondern übernehmen kleine und große Unternehmensarchive ungeachtet ihrer Branche, in der Regel nach der Auflösung dieser Unternehmen.[52]
Eine Besonderheit bilden die Wirtschaftsbetriebe der ehemaligen DDR, die ihr Schriftgut an die Staatsarchive anzubieten hatten. Die staatlichen Archive in den neuen Bundesländern verfügen daher regelmäßig über umfangreiche Bestände der Wirtschaft aus DDR-Zeiten.[53] In diesem Kontext ist auch das Bergarchiv Freiberg des Sächsischen Staatsarchivs zu sehen.
In der Verwaltung deutscher Parlamente sind die dokumentarischen Aufgaben zur Unterstützung der laufenden politischen Arbeit der Parlamentarier und Fraktionen stärker ausgeprägt als die archivischen Funktionen.[55] Gleichwohl verfügen die Bundestags- und viele Landtagsverwaltungen über ein eigenes Archiv. Aus inhaltlichen Gründen werden die öffentlich-rechtlichen Parlamentsarchive mit den privatrechtlichen Partei- und Verbandsarchiven in einer Sparte zusammengefasst, weil über die Fraktionen, die ihre Unterlagen oft an die Archive der Parteistiftungen abgeben, eine Brücke zwischen beiden, der Politik verhafteten Bereichen besteht.[56] Gewerkschaftliche Überlieferung ist im Archiv der sozialen Demokratie, aber auch in Archiven der sozialen Bewegung zu finden.[57] Dass Gruppierungen der deutschen Archive auch nach anderen, als den hier zugrunde gelegten Kriterien vorgenommen werden können, illustriert etwa die Website Stiftungsarchive in Deutschland des Bundesverbandes deutscher Stiftungen, die eine Vielzahl von Stiftungsarchiven unterschiedlicher Archivsparten nachweist.
Zur Sparte der Medienarchive zählen öffentlich-rechtliche und private Rundfunkanstalten und darüber hinaus eine große Zahl von Pressearchiven, Bildarchiven und Bildagenturen, Letztere oft mit gewerblichem Charakter. Bei Presse- und Rundfunkarchiven muss zwischen der Dokumentation und Aufbewahrung der Printprodukte resp. Rundfunkprogramme und der Archivierung der Unternehmensüberlieferung unterschieden werden.[59] Hervorzuheben sind das Deutsche Rundfunkarchiv und das Deutsche Musikarchiv bei der Deutschen Nationalbibliothek.[62] Von besonderem Interesse für die Zeitungsforschung ist sicherlich das Mikrofilmarchiv der deutschsprachigen Presse e.V.[63]. Für die Benutzung von Filmen ist auf das Deutsche Filmarchiv zu verweisen[65], daneben aber auch auf das Filmarchiv des Bundesarchivs und die Deutsche Kinemathek.
Die Zahl der Universitäts- und Hochschularchive sowie der Archive sonstiger wissenschaftlicher Einrichtungen ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. In vielen Fällen haben sich Archive dieser Sparte als eigenständige fachliche Einrichtungen entwickelt und herausgebildet.[68] Zugleich ist die Sparte vielfältig, weil ihr nicht allein Archive altehrwürdiger Universitäten, wie der Heidelberger, oder renommierter Einrichtungen, wie der Leibniz-Gemeinschaft oder der Max-Planck-Gesellschaft, angehören. Hierzu zählen auch Literaturarchive[72], Archive von Museen wie zum Beispiel das Germanische Nationalmuseum oder das Historische Museum Bremerhaven mit der Deutsche Auswanderer-Datenbank (DAD) und Bildarchive wie in Marburg.
Die Liste der sonstigen Archive ist umfangreich und bunt. Neben Archiven der sozialen Bewegungen[76] finden sich Frauenarchive[77], Schwulen- und Lesbenarchive[78], Tanz- und Sportarchive[79], Spielearchive, Gedenkstätten usw. Der Grat zwischen einer Archivfunktion im engeren Sinne und einer Ausrichtung auf publikumswirksame Präsentation von Objekten, Aufklärung über historische, politische oder gesellschaftliche Sachverhalte oder auch einer Sammlung von Denkmälern im weitesten Sinne kann bei diesen Gedächtniseinrichtungen schmal, ihre Benutzung oft nur nach persönlicher Absprache möglich sein.
1.5 Vierfach gestufte Online-Angebote der Archive
Online gestellt werden können nur die Archivalien oder Informationen aus Archivgut, die keinen Benutzungsbeschränkungen unterliegen. Einschränkungen der Benutzbarkeit stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Privilegierung öffentlich-rechtlicher Archive. Diesen wird nämlich gesetzlich zugestanden, amtliche Unterlagen zu archivieren und nach Ablauf von Schutzfristen zur Benutzung bereitzustellen, die eigentlich hätten dauerhaft geschützt respektive sogar vernichtet werden müssen. Folglich muss der Gesetzgeber Archive in die Pflicht nehmen, selbst einen angemessenen Schutz zu gewährleisten. Archivalien unterliegen einer Schutzfrist von zumeist 30 Jahren nach Entstehung der Unterlagen. Archivgut kann auch Informationen über noch lebende Menschen enthalten, die zwar die amtliche Erfassung ihrer Daten nicht verhindern konnten, aber trotzdem zeitlebens und einige Jahre darüber hinaus ein Recht auf den Schutz ihrer persönlichen Sphäre haben. Und schließlich wird Archivgut auch aus amtlichen Unterlagen gebildet, die Geheimhaltungsvorschriften zum Schutz des Staates, natürlicher oder juristischer Personen unterliegen. Unter bestimmten Bedingungen, die bei dem jeweiligen Archiv zu erfragen sind, können für manche Schutzfristen auf Antrag hin Sondergenehmigungen für eine Benutzung in den Lesesälen erteilt werden. Geschützte Archivalien dürfen aber nicht uneingeschränkt veröffentlicht werden. Wer also die jüngere Geschichte erforschen, dabei sogar auf personenbezogene Informationen oder auf anderweitig sensible Daten zugreifen möchte, sollte nicht allein auf die online verfügbaren Informationen vertrauen, sondern bei den für die gewählte Fragestellung einschlägigen Archiven nach möglichen weiteren Quellen und den Konditionen ihrer Benutzung fragen.
Die digitalen Fachinformationen der deutschen Archive wurden in den vergangenen 20 Jahren in einer Art Stufenmodell beschrieben[82], dessen Gültigkeit scheinbar bis heute besteht.
– Grundlegend sind allgemeine Informationen über Zuständigkeiten und Schwerpunkte des Archivs, Öffnungszeiten und Benutzungsmodalitäten, Kontakt- und Besuchsadresse.
– Einen ersten Einstieg in die Inhalte der Überlieferung bieten dann Beständeübersichten, mit denen die BenutzerInnen sich über das Archiv, seine Gliederung und seine Bestände informieren und einen etwaigen Besuch oder eine Anfrage vorbereiten können.
– Erst die Onlineverfügbarkeit der Findbücher kann aber den Weg zu den konkreten archivalischen Quellen aufzeigen und die Bestellsignaturen liefern, die die BenutzerInnen benötigen, um eine Archivalie in den Lesesaal oder Reprographien davon nach Hause zu bestellen.
– Die Bereitstellung von digitalem Archivgut im Internet bildet bislang die höchste Stufe, wobei zu unterscheiden ist zwischen digitalisierten Reprographien von analogem Archivgut und Archivgut, das originär in digitaler Form in die Archive gelangt ist. Letzteres kommt seit einigen Jahren in verstärktem Maße auf die Archive zu, unterliegt aber wegen seines geringen Alters zumeist noch Schutzfristen, sodass es gar nicht im Internet publiziert werden darf. Ersteres muss von den Archiven mit hohem Aufwand erstellt werden, wobei die Erfahrung belegt, dass die eigentliche Digitalisierung den geringeren Teil des Aufwands verursacht, die Begleitarbeiten von der Auswahl bis zur Onlinestellung aber einen hohen Personalaufwand erfordern.[83]
Präzise Erhebungen, wie viele Archive auf welcher Stufe stehen, liegen nicht vor. Während die erste Stufe von allen Archiven, die überhaupt Informationen im Internet transparent machen möchten, als erreicht gelten darf, kann das für die zweite Ebene der Beständeübersichten noch nicht unterstellt werden. Insbesondere für kleine Archive mit geringen Personal- und Finanzressourcen kann es bisweilen schwer sein, überhaupt eine Beständeübersicht zu erstellen oder diese im Internet zu präsentieren. Dort, wo Archivportale von Archiven kostenfrei genutzt werden können und diese über standardisierte Schnittstellen sowie über Support verfügen, oder dort, wo Einrichtungen sich der Archivpflege und Förderung kleinerer Archive widmen, sind die Rahmenbedingungen günstiger. Dass viele Archive inzwischen aber auch bereits die dritte Stufe der Online-Findbücher erreicht haben, ist unter anderem der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zu verdanken, die seit 2007 die Retrokonversion der Findbücher deutscher Archive von analoger in digitale Form und deren Onlinestellung gefördert hat.[84] Vor allem größere Archive haben in den vergangenen Jahren mit eigenen Mitteln die Konversion ihrer Findbücher vorangetrieben, sodass hier bereits eine hohe Verfügbarkeit besteht.[85]
Eine pertinenzorientierte Variante von Findmitteln stellen sachthematische Inventare dar, die archivalische Quellen beständeübergreifend zu bestimmten historischen Ereignissen oder Phänomenen zusammenstellen, zum Beispiel zum Ersten Weltkrieg.[86] Eine Weiterentwicklung dieser Inventare sind Themenportale.[87]
Als langfristige Herausforderung für die Archive muss die Bereitstellung von digitalen Reprographien im Internet gelten. In größeren Staats- und Kommunalarchiven ist in den vergangenen 10 Jahren bereits viel in diese Aufgabe investiert worden. Das Bundesarchiv verfügt inzwischen über rund 15 Mio. Digitalisate, von denen schon Ende 2014 annähernd 3 Mio. im Internet verfügbar waren.[88] Hinweise auf im Internet einsehbare digitale Reproduktionen oder reproduzierte Bestände finden sich inzwischen bei vielen Archiven[89] und selbst bei Wikisource.[90] Oft erkennen BenutzerInnen aber erst, wenn sie bei der Verzeichnungseinheit im Findbuch angelangt sind, dass sie eine Archivalie als Online-Digitalisat nutzen können.[91]
Eine Gruppe von Archiven hat gerade ein DFG-Pilotprojekt zum Abschluss gebracht, das Erfahrungen für großflächige Digitalisierungskampagnen unterschiedlicher Archivalienarten erarbeiten und forschungsorientierte Kriterien zur Priorisierung des Archivguts ermitteln sollte. Denn eine Priorisierung ist unabdingbar, weil die flächendeckende Digitalisierung der analogen archivalischen Quellen deutscher Archive ein Jahrhundertprogramm bilden würde.[92] Die bisherigen Entwicklungen und Ergebnisse zeigen aber auch, dass die digitale Bereitstellung analoger und zukünftig auch digital entstandener Unterlagen in jedem Fall fortgesetzt werden muss. Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen etwa will bis zum Jahr 2025 rund 5 Prozent seines analogen Archivbestands in digitaler Form online bereitstellen, was ungefähr einem Umfang von 8,5 laufenden Kilometern Archivgut entspräche.[93] Ähnlich ist die Digitalisierungsstrategie des Landesarchivs Baden-Württemberg, das mittelfristig 7 Prozent seines Archivbestands oder 10,5 laufende Kilometer digitalisieren will.[94] Für das Historische Archiv der Stadt Köln, dessen Bestände nach dem Einsturz am 3. März 2009 zwar zum Teil schon wieder im Original nutzbar sind,[95] in Teilen aber noch auf Jahrzehnte hin unzugänglich bleiben werden, ist es geradezu notwendig, die Möglichkeiten der digitalen Präsentation von Archivgut im Rahmen seines Digitalen Historischen Archivs voll auszuschöpfen.
Eine Variante der digitalen Bereitstellung von archivalischen Quellen bilden Online-Editionen. Das Bundesarchiv stellt Online-Editionen der Akten der Reichskanzlei der Weimarer Republik und der Kabinettsprotokolle der Bundesregierung bereit. Das Landesarchiv NRW hat die Kabinettsprotokolle der nordrhein-westfälischen Landesregierung ebenfalls als elektronische Edition veröffentlicht. Die Online-Fassung des Württembergischen Urkundenbuchs betreut das Landesarchiv Baden-Württemberg. Und das Digitale Westfälische Urkundenbuch ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Westfälischen Archivamt des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe und dem Institut für westfälische Regionalgeschichte. Damit sind Grenzbereiche zu landesgeschichtlichen Instituten, Historischen Kommissionen und Vereinen, zu den Akademien usw. berührt, die über das engere archivische Arbeitsfeld hinausweisen.
1.6 Portallandschaft der Archive
Gemessen daran, dass die deutschen Archive sich dem Internet erst seit 1995 allmählich näherten, ist das erste regionale Archivportal 1998 bereits früh ans Netz gegangen, immerhin mit seinerzeit schon mehr als 400 in Nordrhein-Westfalen ansässigen Archiven.[102] Inzwischen sind weitere regionale Archivportale entstanden.[103] Ein nationales Archivportal blieb jahrelange ein unerfülltes Desiderat, bis ein Archivkonsortium unter der Federführung des Landesarchivs Baden-Württemberg und in Kooperation mit der Deutschen Digitalen Bibliothek das Archivportal-D entwickelte, das im September 2014 online ging. Inzwischen ist das Archivportal-D mit 11 Mio. Einträgen aus über 70 Archiven bestückt.
Das Archivportal D ist in erster Linie ein Rechercheinstrument, das den BenutzerInnen den Weg zu den archivischen Informationen erleichtern will. Es nimmt Metadaten der teilnehmenden Archive auf, stellt sie für die Recherche bereit und verweist die BenutzerInnen schließlich auf die Herkunftsressource.[105] Zugleich bietet es aber den Archiven die Möglichkeit, über definierte Schnittstellen ihre Findmittel direkt im Archivportal D bereitzustellen und über denselben Weg auch die periodischen Aktualisierungen vorzunehmen. Portale gewährleisten einen echten Mehrwert für die BenutzerInnen, dauerhaft jedoch nur dann, wenn die Ausgangsdaten gepflegt und in den Portalen regelmäßig aktualisiert werden.
Hinsichtlich der digitalen Präsentation von Archivalien können die derzeit bestehenden Portale nur entsprechende Ressourcen verlinken, aber nicht selbst verwalten. Speicherung und Verwaltung der zunehmend größer werdenden Mengen von Archivgutdigitalisaten auf im Internet zugänglichen Speichersystemen müssen von den Archiven selbst organisiert werden.
Die Konferenz der LeiterInnen der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder (KLA) hat im September 2015 ein Positionspapier zur Entwicklung der Portallandschaft[106] verfasst und gemeinsam mit der Bundeskonferenz der Kommunalarchivare (BKK) und dem Verband deutscher Archivarinnen und Archivare (VDA) verabschiedet.[107] Darin wird die Unverzichtbarkeit der Bereitstellung und Vermittlung des kulturellen Erbes im Internet unterstrichen und die Rolle des Archivportals-D als Aggregator auf nationaler und internationaler Ebene hervorgehoben. Der mit einem zentralen archivischen Einstiegspunkt für die Nutzer geschaffene Mehrwert soll grundsätzlich unter den Bedingungen des Open Access zugänglich sein. Zugleich wird betont, dass regionalen, lokalen oder anderweitigen Portalen eine bedeutende Rolle als Bündelungs- und Weiterleitungsinstanzen zukommt. Das Positionspapier fordert die Archive auf, für historische Themen von öffentlichem Interesse verstärkt vernetzbare Informationen und digitalisiertes Archivgut bereitzustellen. Implizit wird reklamiert, dass archivische Digitalisierungskampagnen die Erweiterung der analogen Überlieferung um eine nachhaltige digitale Allmende vorantreiben sollen. An die Träger der Archive wird der Appell gerichtet, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und Ressourcen bereitzustellen, damit die Archive die nötige Infrastruktur aufbauen und weiterentwickeln können. Das Positionspapier schließt mit der Forderung an die Archive, den bereits heute alltäglichen Informations- und Datenaustausch in Zukunft durch die Anwendung von Standards sicherzustellen.
1.7 Das fünfte Element: Interaktion im Sozialen Netz
In Anlehnung an das 4-Stufen-Modell ist bisher im Wesentlichen über allgemeine Informationen, Beständeübersichten, Findbücher und digitale Archivalien berichtet worden, Informationen also, die mittelfristig weitgehend stabil sind und ihren Aussagewert nicht schnell verlieren. Ob die bloße Bereitstellung von Informationen ohne interaktive oder kommunikative Elemente auf Dauer trägt, wird in Archivkreisen inzwischen jedoch immer wieder in Frage gestellt. Tatsächlich lassen sich die jüngeren Entwicklungen nicht auf Denkmodelle begrenzen, die vor 20 Jahren richtig waren, heute aber die virtuelle Realität nur noch ungenügend beschreiben. Wenn Archive immer mehr digitale Fachinformationen ins Netz stellen und damit den BenutzerInnen die Möglichkeit bieten, diese an irgendeinem Ort in der Welt abzurufen, werden neue Möglichkeiten des BenutzerInnenservices oder der Beratung überdacht werden müssen, neue Wege der Interaktion mit den BenutzerInnen und sogar die Einbindung der NutzerInnen in bestimmte, klar abgegrenzte Arbeitsprozesse.
Damit ist die Frage berührt, ob sich die Archive vom „Kellerarchiv“ zum „Archiv 2.0“ entwickeln, wie es der Titel eines 2013 von der Gerda Henkel Stiftung geführten Interviews provokant proklamierte.[108] Ungeachtet einer durchaus kontroversen Diskussion über fragwürdige datenschutzrechtliche Praktiken der Plattformbetreiber mindestens dann, wenn persönliche Informationen der BenutzerInnen erfasst, verarbeitet und weitergenutzt werden, haben die sozialen Medien bei den ArchivarInnen seit einigen Jahren einen bemerkenswerten Zuspruch erfahren. Eine Serie von Konferenzen befasst sich unter dem programmatischen Titel Offene Archive seit 2012 mit der Rolle der Archive im Web 2.0, und natürlich wurde über jede einzelne davon ausführlich gebloggt.[109]Weblogs oder Blogs können in chronologischer Folge eine Fülle von Informationen über Archive, Archivgut, Veranstaltungen, Publikationen, Geschichtsquellen oder andere damit verwandte Themen bieten, ermöglichen mit ihren Kommentierungsfunktionen Diskussionen zu den einzelnen Einträgen, leben allerdings oft von dem Engagement von Einzelpersonen, die das Blog regelmäßig mit neuen Informationen versorgen, wie etwa das seit 2003 bestehenden Blog Archivalia.[110]
Neben den Blogs, in denen sich gelegentlich auch Beiträge im Umfang von mehreren Seiten finden können, hat sich bei vielen archivischen Veranstaltungen das Microblogging etabliert, also die Verbreitung von Kurznachrichten auf Twitter. Überraschend daran ist, dass nicht nur Einzelpersonen ihre Tweets absetzen, sondern auch Archive als Institutionen bei Twitter angemeldet sind.[111] Sicherlich ist das eine Komponente der Öffentlichkeitsarbeit des jeweiligen Archivs, vielleicht aber auch eine Möglichkeit, um dadurch Kooperationen, fachlichen Austausch und eine engere Bindung zwischen den Archiven oder Archiven und ihren BenutzerInnen zu fördern.[112]
Im deutschsprachigen Raum pflegt eine ganze Reihe von Archiven eine eigene Facebook-Adresse.[113] Der institutionelle Auftritt von Archiven auf Facebook ist meist darauf ausgerichtet, Informationen aus dem Alltag und der Tätigkeit der ArchivarInnen zu vermitteln, Veranstaltungen und Veröffentlichungen zu kommunizieren, aber auch über interessante Archivalien und sonstige Quellen zu informieren. Die Grenze zwischen archivisch und landesgeschichtlich ausgerichteten Angeboten auf Facebook-Seiten kann unscharf sein, wie ein Vergleich zwischen dem 2010 ins Leben gerufenen Facebook-Forum des Österreichischen Staatsarchivs und dem 2012 vom Landesarchiv Baden-Württemberg geschaffenen landeskundlichen Facebook-Auftritt LEO-BW zeigt.
Fotosharing wird von den Archiven für unterschiedliche Zwecke genutzt. Das Bundesarchiv präsentiert auf Google Cultural Institute digitale Galerien und Ausstellungen, während das Landesarchiv Baden-Württemberg auf flickr das Hohenlohe-Zentralarchiv vorstellt[117] und die Stadtarchive Mannheim und Hameln jeweils mit zwei Alben Themen der Stadtgeschichte fotografisch dokumentieren.[118]
Das Angebot der Archive im sozialen Netz erstreckt sich mittlerweile auch auf Filme. Informations- und Imagefilme werden unter anderem auf YouTube präsentiert, um die Archive, ihre Aufgaben und Bestände vorzustellen[119], anschauliche Anleitungen für die Benutzung zu geben[120], die Geschichte der Region zu illustrieren[121] oder einfach nur eine launige Werbung für das Archiv zu platzieren[122].
Interaktive Online-Services für BenutzerInnen werden noch zaghaft entwickelt. Das Schweizerische Bundesarchiv hat gerade eine Testphase mit Online-Chats und einer Variante des Screensharings, dem Co-Browsing, abgeschlossen, auf deren Ergebnisauswertung man gespannt ist.[123] Mit zunehmender Masse an archivischen Fachinformationen im im Internet und steigender Fernnutzung von Archivgut werden die Archive über die Einrichtung interaktiver Online-Services und Beratungsmöglichkeiten verstärkt nachdenken müssen.
Eine weitere Form der Interaktion zwischen Archiven und BenutzerInnen stellt Crowdsourcing dar. Hier sollen die BenutzerInnen in bestimmte Arbeiten des Archivs eingebunden werden, etwa in die Anreicherung von archivalischen Quellen um weitergehende Informationen, über die das Archiv nicht verfügt und die es im Rahmen des normalen Dienstbetriebs nicht selbst ermitteln kann. Was die BenutzerInnen vielleicht als interessante Aufgabe wahrnehmen, bedeutet für das Archiv einen Wissensgewinn, der zugleich wieder an andere Nutzer weitergegeben werden kann.
Zu Urkunden des 12. bis 19. Jahrhunderts, deren Provenienz ungeklärt ist, hat das Staatsarchiv Hamburg 2014 ein Crowdsourcing-Projekt gestartet. Die Urkunden waren Bestandteil einer privaten Sammlung, die 1919 und 1920 von den Erben des Hamburger Kaufmanns Paul Trummer erworben wurde. Sie enthielt neben rund 40.000 Siegeln und einer dazugehörigen Fachbibliothek auch Urkunden und Wappenbriefe. Mit rein sphragistischen Interessen angelegt, fehlte der Urkundensammlung die innere Systematik. Die Urkunden stammen nicht allein aus Deutschland, sondern aus weiten Teilen Europas. Das Staatsarchiv Hamburg möchte nun die Provenienz der Urkunden klären und hat deshalb Arbeitsdigitalisate der Urkunden auf Flickr zur Verfügung gestellt. Zugleich lädt das Staatsarchiv Interessierte ein, mit Hilfe der Kommentarfunktion Angaben zu den Urkunden beizusteuern, die helfen könnten, diese zu identifizieren.[124]
Das Historische Archiv der Stadt Köln möchte mit seinem Crowdsourcing-Projekt zu Sterberegistern des 19. und 20. Jahrhundert die handschriftlichen Namensbelege maschinell erfassen lassen, um diese dann über Suchmaschinen recherchierbar zu machen. In diesem Fall wird nicht allen Internetnutzern die Möglichkeit geboten, Klarnamensbelege zu indizieren, sondern nur einem beschränkten Kreis von Personen. Diese Arbeiten werden von den Kooperationspartnern, dem Verein für Computergenealogie und der Westdeutschen Gesellschaft für Familienforschung, koordiniert.[125]
Viele Archivalienarten können von den Archiven inhaltlich meist nur flach erschlossen und nicht detailliert beschrieben werden. Neben Registern oder anderen Arten von Amtsbüchern, wie Protokollserien, gehört dazu auch die audiovisuelle Überlieferung, also Filme, Tonaufnahmen und Fotos. In 11 verschiedenen Fotoalben hat das Stadtarchiv Speyer mehr als 2.800 Fotos online gestellt, deren Inhalte bisher nicht näher identifiziert sind. Das Stadtarchiv bittet um Unterstützung beim Tagging, also der Erfassung von Schlagworten, beim Kommentieren und beim Identifizieren der Fotos und ihrer Inhalte.[126] Letztlich schließen solche digitalen Crowdsourcing-Unternehmungen an Projekte mit Ehrenamtlern an, die im analogen Bereich bereits Erfolge gezeitigt haben – etwa Verkartungsprojekte der Personenstandsarchive in Nordrhein-Westfalen –, mit digitaler Netztechnik nun aber einen ungleich größeren Interessentenkreis am heimischen Arbeitsplatz erreichen können.
Ein wahres Kompendium der archivischen Nutzungsmöglichkeiten des Web 2.0 erschließt sich dem Besucher der Website des Speyerer Stadtarchivs, das derzeit der Inbegriff einer archivischen Präsenz auf allen „Kanälen“ der sozialen Medien zu sein scheint. Man findet dort Links zu den Aktivitäten des Archivs auf Facebook, Twitter, YouTube, Pinterest, Flickr, Slideshare oder Wikipedia, ergänzt um neun Adressen von Blogs, an denen MitarbeiterInnen des Stadtarchivs sich beteiligen oder die vom Stadtarchiv selbst gepflegt werden, bis hin zur App eines virtuellen Stadtspazierganges, die dem Besucher zum kostenlosen Herunterladen im Google Play Store und im Apple App Store angeboten wird.[127]
Die meisten Inhalte der hier zitierten Angebote dürften entweder gemeinfrei oder zumindest von einem ausschließlichen Verwertungsrecht freigestellt sein, weil die Betreiber der verschiedenen Plattformen diejenigen, die Inhalte dort einstellen und frei zugänglich machen, für die Einhaltung des Urheberrechts in die Verantwortung nehmen. Allerdings gibt es die Möglichkeit, bestimmte Creative Commons, also Bedingungen zum Umgang mit solchem schöpferischen Gemeingut zu definieren, zum Beispiel mit einer Creative Commons-Lizenz vom Typ CC0-BY.[128] Diese verpflichtet bei einer Nachnutzung dazu, den Urheber („by“) anzugeben[129], während CC0-BY-SA darüber hinaus verlangt, dass bearbeitete Materialien nur unter den gleichen Lizenzbedingungen wie das Original („share alike“) weitergegeben werden dürfen.[130] Solange man als Nutzer die eingestellten Texte, Bilder, Filme usw. nur ansehen oder wissenschaftlich auswerten will, besteht keine Gefahr einer Urheberrechtsverletzung. Will man sie aber reproduzieren, auf anderen Plattformen einstellen, in einer Printveröffentlichungen abdrucken usw., muss man die Rechtsfragen vorab klären. Die Komplexität des Urheberrechts, das eine gutgläubige Nutzung resp. Weiterverwendung urheberrechtlich geschützter Inhalte nicht kennt, lässt es ratsam erscheinen, dass ein Nutzer sich in solchen Fällen stets eine schriftliche Nutzungserlaubnis beim Archiv einholt. Die Nennung des Urhebers, des Werkes oder die Angabe der Herkunft einer Quelle – bei Archiven etwa mit Archiv, Bestand und Signatur – muss dabei unabhängig von der Creative Commons Lizenz allein schon der (wissenschaftlichen) Redlichkeit geschuldet sein.
2. Websites, Hilfsmittel und Werkzeuge
2.1 Übergreifende Portale
Für Europa, Deutschland, Österreich, die Schweiz und Liechtenstein werden Nachweise auf einschlägige Portale zitiert.
a) Europa
– Europäisches Archivportal
b) Deutschland
– Deutsches Archivportal
c) Regional– und Spartenportale in Deutschland
Regionalportale enthalten teilweise nur Kurzinformationen zu den Archiven, können aber auch Beständeübersichten, Findbücher und Digitalisate umfassen:
– Baden-Württemberg
– Bayern, vgl. auch das kleine Portal der Archive im Landkreis Freyung-Grafenau mit 15 Archiven
– Berlin
– Brandenburg
– Bremen
– Hamburg
– Hessen
– Mecklenburg-Vorpommern
– Niedersachsen
– Nordrhein-Westfalen
– Rheinland-Pfalz und Saarland
– Sachsen (Linkliste zu Kommunalarchive)
– Sachsen-Anhalt
– Schleswig Holstein
– Thüringen
Regionalportale im Grenzbereich:
– Archivum Rhenanum für den Oberrhein an der Grenze zu Frankreich
– Archive der Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer
bayerisch-tschechischer Archivführer
Spartenportale
– Kirchenarchive
Wirtschaftsarchive (einschließlich Österreich und Schweiz)
d) Österreich
– Österreichisches Archivportal
– Archivregister des Österreichischen Staatsarchivs
– Portal der römisch-katholischen Kirchenarchive in Österreich
Wissenschaftsarchive in Österreich
e) Schweiz / Liechtenstein
– Schweizerisches Archivportal
– Archivadressen des Vereins Schweizerischer ArchivarInnen und Archivare
– Wikipedia-Artikel „Archive in der Schweiz“
– Verzeichnis der Wirtschaftsbestände in Archiven der Schweiz und Liechtensteins
f) Sonstige Portale
– Portal eines Archivsoftwareherstellers mit mehr als 100 Archiven aus Deutschland, der Schweiz, Österreich, Luxemburg, Italien und den USA.
2.2 Online-Angebote großer Archive jenseits von Portalen
Im Folgenden werden nur Online-Angebote nationaler Einrichtungen in Deutschland, Liechtenstein, Österreich und der Schweiz zitiert. Im Übrigen wird auf anderweitige Nachweisinstrumente verwiesen.
a) Deutschland
– Bundesarchiv mit verschiedenen Datenbanken zu unterschiedlichen Beständen (BRD-Bestände, DDR-Bestände und BStU-Archiv, Filmbestände, Bildbestände usw.)
– Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes
– Archive des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU)
– Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz
– Archiv des Deutschen Bundestags
b) Liechtenstein
– Landesarchiv Liechtenstein
c) Österreich
– Österreichisches Staatsarchiv
– Parlamentsarchiv
d) Schweiz
– Bundesarchiv
Nachweisinstrumente für weitere Archive
– Nach wie vor ist die von der Archivschule Marburg gepflegte Linkliste unverzichtbar.
– Ein nützliches Verzeichnis von Findbuch-Datenbanken bietet die Website der archivalia.hypotheses.org.
Darüber hinaus sind die verschiedenen unter 2.1 aufgeführten Portale und das unter weiterführender Literatur zitierte Adressverzeichnis zu konsultieren.
2.3 Besondere Sammlungen mit thematischen, zeitlichen oder quellenspezifischen Schwerpunkten
Hinweise auf Sammlungen und Editionen können nur in enger Auswahl gegeben werden, weil sich viele Angebote im Grenzbereich der historischen Forschung bewegen resp. bereits originär der historischen Forschung zuzurechnen sind.
– Überwiegend mittelalterliche und urkundliche Archivaliennachweise und -abbildungen aus Süd-, Mittel- und Osteuropa bei Monasterium
– Lichtbildarchiv älterer Originalurkunden bis 1250, hauptsächlich Deutschland und Schweiz, in geringem Umfang auch Österreich und Frankreich
– Kirchenbücher
– Übersicht zu Online-Kirchenbüchern auf GenWiki
– Portal zur Reformationsgeschichte
– Archivgut der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB)
– Zentrale Datenbank Nachlässe
– Kalliope für Nachlässe, Autographen und Verlagsarchive
– Verzeichnis der künstlerischen, wissenschaftlichen und kulturpolitischen Nachlässe in Österreich das auf Kunstgeschichte ausgerichtete Bildarchiv Foto Marburg
Online-Editionen
– Akten der Reichskanzlei der Weimarer Republik
– Kabinettsprotokolle der Bundesregierung
– Kabinettsprotokolle der nordrhein-westfälischen Landesregierung
– Württembergisches Urkundenbuch
– Digitales Westfälisches Urkundenbuch
2.4 Angebote in Blogs und Sozialen Medien
Hier werden nur von Archiven betreute Social Media-Angebote ohne Anspruch auf Vollständigkeit nachgewiesen.
a) Facebook
Die Auflistung in http://archivalia.hypotheses.org/7734 ist ausführlich. Das vom Landesarchiv Baden-Württemberg betreute Angebot ist bereits landesgeschichtlicher Natur. Vergleichbar ist hier auch das Angebot des Stadtarchivs Magdeburg.
b) Twitter
– Schweizerisches Bundesarchiv
– Staatsarchiv Basel
– Vorarlberger Landesarchiv Bregenz
– Niedersächsisches Landesarchiv
– Institut für Stadtgeschichte/Stadtarchiv Frankfurt/Main
– Stadtarchiv Linz/Rhein
– Stadtarchiv Mannheim
– Stadtarchiv München
– Stadtarchiv Rhede
– Stadtarchiv Speyer
– Verband deutscher Archivarinnen und Archivare
c) Flickr
– Staatsarchiv Hamburg
– Stadtarchiv Hameln
– Stadtarchiv Mannheim
– Stadtarchiv Speyer
d) Google Culturale Institute
– Bundesarchiv
e) Pinterest
– Stadtarchiv Speyer
f) Blogs
– Archivwesen und benachbarte Gebiete
– Konferenzserie über „Offene Archive“
– Archivum Rhenanum – Digitale Archive am Oberrhein
– Archive der Leibniz-Gemeinschaft
– Archive in Lippe
– „OWL und der Erste Weltkrieg 1914-1918“, Arbeitskreis ostwestfälisch-lippischer Archive
– Münchener Archive
– Stadtarchive in der Metropolregion Nürnberg
– Archive des Kreises Siegen-Witggenstein
– Berliner Archive
– „1914-1918: Ein rheinisches Tagebuch“ - Quellen aus Archiven des Rheinlands, LVR Archiv- und Fortbildungszentrums
– LWL-Archivamt für Westfalen
– Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland
– Stadtarchiv Linz/Rhein
– Archivar – Kamera – Weltkrieg, Tagebuch zur Bearbeitung des Fotonachlasses Karl Lutz (Zweiter Weltkrieg) im Stadtarchiv Speyer
– „Erinnern in Speyer, 1933-1945“ im Stadtarchiv Speyer
– Stadtarchiv Speyer zum Speyerer Hausbuch von 1795
g) YouTube
– Tiroler Landesarchiv
– Wiener Stadt- und Landesarchiv
– Kanal des Staatsarchivs Baselland
– Kanal des Landesarchivs NRW
– gemeinsames Projekt mit der Hochschule Ostwestfalen-Lippe
– Staatsarchiv Sachsen
– und ebenso Staatsarchiv Sachsen
– Bistumsarchiv Augsburg
– Archiv des Deutschen Museums, München
– Stadtarchiv Mannheim
– Universitätsarchiv Rostock
– Stadtarchiv Speyer
Stadtarchiv Würzburg
2.4 Hilfreiche Webangebote
Archive mit einem umfangreicheren Webangebot haben in den letzten Jahren häufig Hilfen für die BenutzerInnen online gestellt, seien es Lesehilfen, Erläuterungen zur archivischen Fachterminologie, Rechercheanleitungen usw. Gerade hinsichtlich der Onlinestellung von Quellen durch Archive findet man aber auch viele nützliche Hinweise in den sozialen Medien. Viele Veröffentlichungen sind in Kooperation zwischen Archiven, der Historischen Forschung und Historischen Kommissionen oder Vereinen erfolgt. Im Folgenden können nur wenige Beispiele zitiert werden.
Eine digitale Schriftkunde mit Leseproben, Transkriptionen und Kommentaren für unterschiedliche Arten von archivalischen Quellen bieten die bayerischen Staatsarchive.
Eine von Christian Keitel und Regina Keyler bereits 2005 herausgegebene Quellenkunde zu seriellen Quellen haben Kollegen des Landesarchivs Baden-Württemberg publiziert.
Ergänzend kann auf eine von Wilfried Reininghaus und Stefan Pätzold herausgegebene Quellenkunde zur westfälischen Geschichte vor 1800 verwiesen werden. Drei vom Landesarchiv Nordrhein-Westfalen herausgegebenen Bände zur Quellenkunde moderner Massenakten sind bisher nur im Druck erschienen.[241]
Ein besonderes archivisches Hilfsmittel stellt die Wasserzeichendatenbank dar, die unter Mitwirkung weiterer deutscher und österreichischer Gedächtniseinrichtungen vom Landesarchiv Baden-Württemberg gepflegt wird und im Kern auf die Online-Version der Wasserzeichensammlung Piccard zurückgeht.
3. Perspektiven – Fazit
Das bereits zitierte gemeinsame Positionspapier der drei archivischen Gremien resp. Verbände „sieht für die Archive eine wichtige Verpflichtung darin, die digitale Erfassung der archivalischen Überlieferung zu intensivieren und als Teil des kulturellen Erbes in Übereinstimmung mit den archiv- und urheberrechtlichen Grundlagen über das Internet für jedermann zugänglich zu machen. Portale bieten mit ihren Vernetzungsmöglichkeiten ein erhebliches Potential hierfür. Deshalb sind die deutschen Archive gefordert, ihre Ressourcen zu bündeln, übergreifend thematische Schwerpunkte abzustimmen und durch Bereitstellung von einschlägigem digitalisierten Archivgut in Archivportalen dessen öffentliche Sichtbarkeit zu erhöhen und Erforschung zu fördern.“[243]
Mit Blick auf die Perspektiven der archivischen Online-Angebote schließt diese Aufforderung zugleich auch die Erwartung ein, dass die digitalen Fachinformationen der Archive in Zukunft immer weiter anwachsen werden. Man wird einschränkend hinzufügen müssen, dass in den letzten 20 Jahren die Ungleichzeitigkeit der Entwicklung zwischen den Archiven größer geworden ist und man auch in Zukunft mit einer gewissen Divergenz bei den Online-Angeboten zwischen den verschiedenen Einrichtungen rechnen muss.
Da die Anforderungen, mit denen sich Archive konfrontiert sehen, recht hoch sind, muss der weitere Ausbau der archivischen Internetressourcen zwangsläufig priorisiert werden. In diesem Zusammenhang ist es für die Archive wichtig, über den Bedarf der historischen Forschung frühzeitig informiert zu werden. Berücksichtigt man, dass von der Idee bis zur Realisierung mittelgroßer Digitalisierungsprojekte oder neuer Features auf Websites leicht zwei Jahre vergehen können, wird der benötigte Planungsvorlauf der Archive deutlich. Ein regelmäßiger Dialog zwischen der historischen Forschung und den Archiven kann helfen, dass die Archive rechtzeitig die Angebote bereitstellen, die von den Nutzern gewünscht werden.
Weiterführende Literatur
Archive in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Adressenverzeichnis 2015/2016, 23. Ausgabe Münster 2015.
Beck, Friedrich; Henning, Eckart (Hrsg.), Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften, 3. überarb. Aufl. Köln 2003.
Brenner-Wilczek, Sabine; Cepl-Kaufmann, Gertrude; Plassmann, Max, Einführung in die moderne Archivarbeit, Darmstadt 2006.
Franz, Eckhart G., Einführung in die Archivkunde, 7. aktualisierte Aufl. Darmstadt 2007.
Menne-Haritz, Angelika, Schlüsselbegriffe der Archivterminologie. Lehrmaterialien für das Fach Archivwissenschaft, Nachdr. der 3. durchgesehenen Aufl., Marburg 2011 (= Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, Bd. 20).
Reimann, Norbert (Hrsg.), Praktische Archivkunde. Ein Leitfaden für Fachangestellt für Medien- und Informationsdienste Fachrichtung Archiv. Münster 2004.
Walne, Peter (Hrsg.), Dictionary of Archival Terminology. English and French with equivalents in Dutch, German, Italian, Russian and Spanish, 2. überarb. Auflage München 1988 (= ICA Handbooks Series, Bd. 7).
Zitation
Frank M. Bischoff, Archive, in: Clio Guide – Ein Handbuch zu digitalen Ressourcen für die Geschichtswissenschaften, Hrsg. von Laura Busse, Wilfried Enderle, Rüdiger Hohls, Gregor Horstkemper, Thomas Meyer, Jens Prellwitz, Annette Schuhmann, Berlin 2016 (=Historisches Forum, Bd. 19), http://www.clio-online.de/guides/sammlungen/archive/2016.